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Vollendet - Der Aufstand (German Edition)

Vollendet - Der Aufstand (German Edition)

Titel: Vollendet - Der Aufstand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Shusterman
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verabredet.
    Es sind etwa zwanzig Mitarbeiter versammelt, und Lev ist der Einzige, der jünger ist als dreißig. Aus ihren Gesichtern spricht eine Besorgnis, die so alt ist, dass sie sich regelrecht eingebrannt hat. Lev fragt sich, ob ihr Engagement aus Erfahrungen mit der Umwandlung herrührt. Haben sie wie der Admiral ein Kind umwandeln lassen und später die Entscheidung bereut? War es eine persönliche Entscheidung oder entspringt ihr Eifer aus einer allgemeinen Ablehnung der gesellschaftlichen Zustände?
    »Wir organisieren einen Ostertanz«, verkündet Cavenaugh, der am Kopfende des Versammlungstischs sitzt, »und ermuntern unsere Ex-Zehntopfer, sich wie normale Teenager zu verhalten. Im angemessenen Rahmen, versteht sich.« Dann spricht er Lev an. »Lev, können wir auf dich zählen? Nimmst du als unser Botschafter an der Festivität teil?«
    Alle warten auf seine Antwort. Das macht ihn nervös. »Und wenn ich Nein sage?«
    Cavenaugh sieht ihn ungläubig an. »Warum um Himmels willen solltest du? Die Party wird der Hit!«
    »Eher nicht«, widerspricht Lev. »Die letzte Feier, die diese Kinder erlebt haben, war ihr Zehntopferfest. Glauben Sie wirklich, dass sie daran erinnert werden wollen?«
    Unter den Mitarbeitern erhebt sich Gemurmel. Sie diskutieren über Levs Worte, bis Cavenaugh den Einwand verwirft. »Ein Zehntopferfest ist eine Abschiedsfeier«, sagt er. »Unsere Feier wird ein Neubeginn sein. Ich zähle darauf, dass du mitmachst.«
    Lev seufzt. »Klar.« In Haus Cavenaugh stellt man keine Ideen infrage, erst recht nicht, wenn sie von dem Mann kommen, dessen Namen das Anwesen trägt.
    Da der Tanzsaal für die Festveranstaltung in einem zu schlechten Zustand ist, wird beschlossen, den Speisesaal zu nutzen, Tische und Stühle auszuräumen und unter dem Bildnis ein DJ-Pult aufzubauen. Es herrscht Anwesenheitspflicht, also werden alle ehemaligen Zehntopfer kommen.
    Genau wie Lev es erwartet hat, versammeln sich die Mädchen und Jungen, getrennt nach Geschlecht, auf beiden Seiten des Saals, wie zwei Teams, die gegeneinander Völkerball spielen wollen. Alle halten sich an ihrem Punsch und ihren Häppchen fest und werfen der Gruppe gegenüber verstohlene Blicke zu, als würden sie disqualifiziert, wenn sie sich erwischen ließen.
    Einer der Erwachsenen gibt den DJ, und als alle Ermunterung nichts hilft, fordert er die Kids auf, einen großen Kreis zu bilden und das »Flummilied« zu tanzen. Kaum dass der Tanz begonnen hat, wird ihm offenbar klar, wie unpassend es ist, wenn ehemalige Zehntopfer jeden Körperteil einzeln ausstrecken und schütteln sollen. Er läuft rot an und unterbricht die Musik, doch die Kids haben ihren Spaß daran. Es ist paradox, aber dieser Tanz bricht tatsächlich das Eis, und als die Musik wieder einsetzt, tanzen ein paar Kids sogar weiter.
    Lev ist nicht dabei. Er beobachtet die Sache lieber vom Rand aus, obwohl er sich seine Partnerin aussuchen könnte. Aber wenn er eins der Mädchen zum Tanzen auffordern würde, würde sie wahrscheinlich vor Begeisterung in Flammen aufgehen.
    Da sieht er auf der anderen Seite des Saals Miracolina. Sie steht da, mit dem Rücken zur Wand, die Arme trotzig verschränkt. Lev beschließt, es mit ihr aufzunehmen.
    Als sie ihn kommen sieht, wendet sie erschrocken den Kopf ab, wohl in der Hoffnung, dass er jemand anderen ansteuert. Als klar ist, dass er sie im Visier hat, zieht sie hörbar die Luft ein.
    »Na«, sagt Lev so beiläufig wie möglich, »willst du tanzen?«
    »Glaubst du an das Ende der Welt?«, erwidert sie.
    Lev zuckt die Schultern. »Weiß nicht. Warum?«
    »Am Tag nach dem Weltuntergang, dann werde ich mit dir tanzen.«
    Lev lächelt. »Du bist witzig. Ich habe gar nicht gewusst, dass du Humor hast.«
    »Ich sag dir was. Wenn dir die Mädchen ausgehen, die den Boden anbeten, auf dem du wandelst, kannst du mich wieder fragen. Die Antwort wird immer noch Nein sein, aber ich werde wenigstens die Liebenswürdigkeit haben, so zu tun, als dächte ich darüber nach.«
    »Ich habe deinen Aufsatz gelesen.« Die Worte tun ihre Wirkung: Miracolina dreht sich ruckartig zu ihm hin. »Du träumst davon, eine tanzende Prinzessin zu sein, gib’s zu.«
    »Meine Beine träumen davon.«
    »Ja, aber um mit deinen Beinen zu tanzen, muss ich den Rest von dir wohl in Kauf nehmen.«
    »Nein, musst du nicht«, sagt sie, »denn von mir wird sonst kein einziger Teil mehr hier sein.« Dann wirft sie einen Blick auf Levs Bildnis, das in der aufblitzenden

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