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Vollendet (German Edition)

Vollendet (German Edition)

Titel: Vollendet (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Shusterman
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und für eure Gesundheit und Unversehrtheit garantieren.« Dann lächelt er sie wieder an. »Ich schmeichle mir, ein wohlmeinender Diktator zu sein, aber das könnt ihr bald selber beurteilen.«
    Mittlerweile ist sein Blick über die gesamte Gruppe gewandert. Alle haben das Gefühl, wie Lebensmittel an der Kasse gescannt worden zu sein. Eingescannt und verarbeitet.
    »Heute Abend schlaft ihr in den Unterkünften für die Neuankömmlinge. Morgen werdet ihr zu euren Fähigkeiten befragt und eurem jeweiligen Trupp zugeteilt. Gratuliere. Ihr seid angekommen!«
    Er lässt den Gedanken noch einen Augenblick sacken, ehe er zu seinem Golfcaddie zurückkehrt und mit der roten Staubwolke im Schlepptau weggefahren wird.
    »Kann ich auch wieder zurück in die Kiste?«, fragt ein Schlaumeier. Ein paar Jugendliche lachen.
    »Alle mal herhören!«, ruft der Junge mit dem Megafon. »Wir bringen euch jetzt zum Vorratsflieger. Da bekommt ihr Kleider, eine Lebensmittelration und alles, was ihr sonst noch so braucht.« Die Neuankömmlinge haben schnell herausgefunden, dass sich der mit dem Megafon den Spitznamen Amp erworben hat, kurz für Amplitude. Der Fahrer des Admirals heißt Jeeves, nach dem typischen Kammerdiener in englischen Herrenhäusern.
    »Es ist ein langer Marsch«, sagt Amp. »Wenn es jemand nicht schafft, gebt uns Bescheid. Wer jetzt Wasser braucht, hebt die Hand.«
    Fast alle Hände gehen nach oben.
    »Also gut, stellt euch hier an.«
    Risa reiht sich in die Schlange ein. Durch die Wartenden geht ein Wispern und Flüstern, das jedoch Welten entfernt ist vom verzweifelten Raunen der vergangenen Wochen. Jetzt klingt es mehr wie das Tuscheln von Schülern, die in der Cafeteria anstehen.
    Während sie sich auf den Weg machen, um Kleidung und Nahrung abzuholen, wird das Flugzeug, das sie hergebracht hat, an seinem letzten Ruheort auf dem riesenhaften Schrottplatz vertäut. Erst jetzt atmet Risa einmal tief durch, und beim Ausatmen verlässt die Anspannung eines ganzen Monats ihren Körper. Erst jetzt erlaubt sie sich den wunderbaren Luxus der Hoffnung.

29. Lev
    Mehr als 1500 Kilometer vom Flugzeugfriedhof entfernt steht auch Lev kurz vor der Ankunft. Das Ziel ist allerdings nicht seines, sondern CyFis. Joplin, Missouri. »Heimat der Joplin High Eagles, amtierende Damen-Basketballmeister von Missouri«, sagt CyFi.
    »Du weißt ziemlich viel über die Stadt.«
    »Gar nichts weiß ich«, grummelt CyFi. »Er weiß es. Oder wusste es. Oder was weiß ich.«
    Die Reise ist nicht einfacher geworden. Natürlich haben sie jetzt Geld, dank Levs »Geschäft« in der Pfandleihe, aber mit dem Geld können sie nur Lebensmittel kaufen. Eine Zugfahrkarte oder auch nur ein Busticket ist nicht drin, weil nichts mehr Misstrauen erweckt als Minderjährige, die sich eine eigene Fahrkarte kaufen.
    Was ihre Ziele und Pläne angeht, ist zwischen Lev und CyFi alles beim Alten – mit einer großen, unausgesprochenen Ausnahme: Obwohl CyFi noch die Rolle des Anführers spielt, hat mittlerweile Lev das Sagen. Insgeheim empfindet er es als Genugtuung, dass CyFi ohne ihn aufgeschmissen wäre – auch wenn er sich dafür ein wenig schämt.
    Nun, da es nur noch gut dreißig Kilometer bis nach Joplin sind, fällt CyFi sogar das Gehen schwer. Aus dem leichten Zucken ist ein Schlottern geworden, das seinen gesamten Körper erfasst. Als Lev ihm seine Jacke anbietet, lehnt Cy sie ab. »Mir ist nicht kalt. Mit Frieren hat das gar nichts zu tun, Mann! Das ist, weil was nicht stimmt! Weil gleichzeitig Öl und Wasser in meinem Hirn sind.«
    Lev ist ein Rätsel, was Cy eigentlich tun will, wenn er nach Joplin kommt – und erst jetzt wird ihm klar, dass Cy das vermutlich auch nicht weiß. Er hat nicht den geringsten Schimmer, was dieser Kerl – oder dieser Teil von ihm – in seinem Kopf will. Lev hofft, dass es etwas Sinnvolles ist, gleichzeitig befürchtet er, dass der Typ etwas Schlimmes vorhat. Etwas richtig Schlimmes.
    »Warum bist du eigentlich noch bei mir, Fry?«, fragt CyFi nach einem seiner Schüttelanfälle. »Jeder vernünftige Mensch hätte schon vor Tagen die Flatter gemacht.«
    »Wer sagt, dass ich vernünftig bin?«
    »Oh, vernünftig bist du schon, Mann. Du bist so was von vernünftig, da stehen einem die Zehennägel auf. So vernünftig, dass es schon wieder unvernünftig ist.«
    Lev denkt einen Augenblick nach. Er will Cyrus nicht ausweichen, sondern ihm eine ehrliche Antwort geben. »Ich bleibe«, sagt Lev langsam, »weil jemand bezeugen

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