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Vollendet (German Edition)

Vollendet (German Edition)

Titel: Vollendet (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Shusterman
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Hause. Da gehen wir jetzt hin, oder?«
    Die Antwort kommt in Gestalt eines Drangs, der ihm aus den Tiefen seines Gehirns auf direktem Weg in den Magen schießt. Lachs? Eher ein Schwertfisch, der an der Angel zappelt, und die Angel zieht ihn erbarmungslos nach … »Nach Hause«, sagt Cy. »Genau.«
    Es dämmert schon. Kinder spielen auf der Straße, viele Autos haben Licht an. Für die Leute hier sind sie nur zwei Kids, die dahin gehen, wo die Kids hier eben hingehen. Niemand achtet auf sie. Aber eine Seitenstraße weiter sieht Cy ein Polizeiauto. Gerade stand es noch, doch jetzt setzt es sich langsam in Bewegung.
    Als sie an der Eisdiele vorbeigehen, spürt Cyrus, dass sich etwas verändert, sein Gang und seine Körperhaltung, sogar sein Gesicht: Die Augenbrauen senken sich, der Mund öffnet sich ein wenig. Ich bin nicht mehr ich selbst. Der Typ übernimmt die Kontrolle. Soll Cy es geschehen lassen oder dagegen ankämpfen? Aber der Moment, in dem er sich hätte wehren können, ist schon verstrichen. Er kann die Sache nur beenden, indem er sie geschehen lässt.
    »Cy«, sagt der Junge neben ihm.
    Cy sieht ihn an, und obwohl ein Teil von ihm weiß, dass es nur Lev ist, gerät ein anderer Teil in Panik. Er versteht sofort, warum. Er schließt einen Moment lang die Augen, um den Jungen in seinem Kopf davon zu überzeugen, dass der Fry keine Bedrohung ist, sondern ein Freund. Er scheint es zu kapieren, und die Panik ebbt ein wenig ab.
    Als Cy an eine Straßenecke kommt, biegt er nach links ab, wie er es Hunderte von Malen getan hat. Der Rest von ihm bemüht sich schaudernd, mit seinem zielstrebigen Schläfenlappen Schritt zu halten. Nun kommen neue Gefühle in ihm auf. Nervosität, Verärgerung. Er muss versuchen, Worte dafür zu finden.
    »Ich komme zu spät. Die werden vielleicht sauer sein. Die sind immer so sauer.«
    »Zu spät wozu?«
    »Zum Abendessen. Die müssen immer pünktlich essen, sonst machen sie mir die Hölle heiß. Sie könnten ja auch ohne mich anfangen, aber das wollen sie nicht. Das machen sie nicht. Also sind sie stocksauer, und das Essen wird kalt. Und es ist meine Schuld, meine Schuld, immer meine Schuld. Deshalb muss ich da sitzen und mich fragen lassen, wie mein Tag so war. Gut. Was ich gelernt habe. Nichts. Was ich heute wieder falsch gemacht habe. Alles.« Es ist nicht Cys Stimme. Es sind seine Stimmbänder, aber es ist nicht seine Stimme. Es ist dieselbe Tonhöhe, aber ein anderer Tonfall. Ein anderer Akzent. So, wie er reden würde, wenn er aus Joplin käme, der Heimat der Eagles.
    Als sie um die nächste Ecke biegen, sieht Cy das Polizeiauto wieder. Es ist hinter ihnen, folgt ihnen langsam, es gibt keinen Zweifel. Und das ist nicht alles. Vor ihnen ist noch ein Polizeiauto, es steht vor einem Haus. Vor seinem Haus. Meinem Haus . Cy ist also doch der Lachs, und das Polizeiauto ist der Bär. Trotzdem muss er weiter. Er muss alles daransetzen, zu dem Haus zu kommen, und wenn es das Letzte ist, was er in diesem Leben tut.
    Als er schon fast an der Tür ist, steigen auf der anderen Seite der Straße zwei Männer aus einem Toyota, der ihm bekannt vorkommt. Es sind seine Dads. Sie sehen ihn an, Erleichterung steht ihnen im Gesicht, aber auch Schmerz. Sie wussten also, dass er kommen würde. Sie müssen es die ganze Zeit gewusst haben.
    »Cyrus«, sagt einer von ihnen. Cy möchte zu ihnen laufen. Am liebsten würde er einfach nur mit ihnen nach Hause fahren, doch er beherrscht sich. Er kann nicht nach Hause. Noch nicht. Beide gehen auf ihn zu, stellen sich ihm in den Weg, sind aber klug genug, ihn nicht weiter zu bedrängen.
    »Ich muss es tun«, sagt er in einer Stimme, die nicht seine eigene ist.
    In diesem Moment springen die Polizisten aus ihren Autos und packen ihn. Sie sind zu stark, als dass er sich wehren könnte, also sieht er seine Dads an. »Ich muss das tun«, sagt er wieder. »Seid nicht der Bär.« Sie sehen einander an, verstehen nicht, was er meint – oder vielleicht verstehen sie es doch, denn sie treten zur Seite und sagen zu den Polizisten: »Lassen Sie ihn los.«
    »Das ist Lev.« Cyrus wundert sich, dass der Fry seine Freiheit aufs Spiel setzt, um ihm jetzt beizustehen. »Ihm tut auch keiner was.« Die Dads betrachten kurz den Fry, wenden sich aber rasch wieder Cyrus zu.
    Die Polizisten durchsuchen Cy. Als sie sicher sind, dass er keine Waffe hat, lassen sie ihn zum Haus. Er hat aber doch eine Waffe, eine scharfe, schwere. Noch ist sie in einem Winkel seines Schädels

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