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Vollendet (German Edition)

Vollendet (German Edition)

Titel: Vollendet (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Shusterman
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anständig«, erklärt ihm Hayden. »Obwohl du so ein Arschloch bist.«
    Connor muss lachen. Er? Anständig? Er ist in seinem Leben schon einer Menge Leute begegnet, die das nicht unterschreiben würden. Andererseits ist er nicht mehr der, der er früher war. Er hat sich in letzter Zeit weniger geprügelt. Vielleicht liegt es daran, dass es auf dem Friedhof mehr Raum zum Atmen gibt als in der Lagerhalle. Vielleicht hat er seine grauen Zellen auch so gut trainiert, dass sie es mittlerweile schaffen, seine Impulse in den Griff zu bekommen. Das hat viel mit Risa zu tun, denn jedes Mal, wenn er sich zwingt, erst zu denken und dann zu handeln, ist es ihre Stimme, die in seinem Kopf erklingt und ihn bremst. Er möchte ihr das gerne sagen, aber sie ist im Sanitätsflieger immer so beschäftigt. Außerdem kann man doch nicht einfach zu jemandem hingehen und sagen: »Ich bin ein besserer Mensch, weil du in meinem Kopf bist.«
    In Rolands Kopf ist sie ebenfalls noch, und das beunruhigt Connor. Zuerst war sie nur ein Mittel, um Connor in einen Kampf zu verwickeln, doch nun will Roland sie erobern. Statt mit roher Gewalt versucht er es immer wieder mit Charme.
    »Du fällst doch hoffentlich nicht auf ihn herein?«, fragt Connor Risa eines Tages. Es ist eine der seltenen Gelegenheiten, an denen er mit ihr allein ist.
    »Ich tue einfach mal so, als hätte ich das überhört!«, erwidert sie empört. Aber Connor ist noch nicht überzeugt.
    »Als er dir am ersten Abend hier seine Decke angeboten hat, hast du sie angenommen.«
    »Aber nur, weil ich wusste, dass er dann friert.«
    »Und wenn er dir sein Essen anbietet, nimmst du es.«
    »Damit er Hunger hat.«
    Diese Taktik entspringt einer kühlen Logik. Connor ist fasziniert, dass sie ihre Gefühle beiseite schieben und ebenso berechnend sein kann wie Roland. Sie schlägt ihn mit seinen eigenen Waffen. Noch ein Grund mehr für Connor, sie zu bewundern.
    »Arbeitsappell!«
    Es geschieht etwa einmal pro Woche. Unter dem Versammlungsdach, dem einzigen nicht zu einem Flugzeug gehörigen Konstrukt auf dem gesamten Friedhof, das groß genug ist, um alle 423 Jugendlichen aufzunehmen, kommen sie zum Arbeitsappell zusammen. Die Chance, hinauszugelangen in die richtige Welt. Die Chance, ein eigenes Leben zu führen. Mehr oder weniger.
    Der Admiral nimmt nie an diesen Versammlungen teil, doch da wie überall auf dem Gelände Videokameras laufen, ist klar, dass er zusieht. Niemand weiß, ob jede Kamera ständig überwacht wird, aber es ist zumindest immer möglich, beobachtet zu werden. Connor konnte vom ersten Tag an nicht viel mit dem Admiral anfangen. Der Anblick der vielen Kameras hat seine Sympathie eher noch geschmälert, und mit jedem Tag scheint sie ein bisschen mehr zu schwinden.
    Amp mit seinem Megafon und einem Klemmbrett leitet die Versammlung. »Ein Mann in Oregon braucht ein Fünferteam, das ihm ein paar Hektar Wald rodet«, verkündet er. »Ihr erhaltet freie Kost und Logis und werdet in den Umgang mit den Geräten eingewiesen. Die Anstellung wird einige Monate dauern, danach bekommt ihr eine neue Identität – die Identität von Achtzehnjährigen.«
    Eine Bezahlung erwähnt Amp nicht, weil es keine gibt. Nur der Admiral bekommt Geld, eine Art Kaufpreis.
    »Irgendwelche Interessenten?«
    Es gibt immer Interessenten. Mehr als ein Dutzend Hände geht nach oben. Überwiegend Sechzehnjährige. Siebzehnjährige sind schon zu nahe an der Volljährigkeit, als dass es sich für sie lohnte, und Jüngere trauen sich noch nicht.
    »Meldet euch nach dem Appell beim Admiral. Er wird entscheiden, wer geht.«
    Die Arbeitsappelle machen Connor sauer. Nie hebt er die Hand. »Der Admiral benutzt uns«, sagt er zu den Jugendlichen in seiner Nähe. »Merkt ihr das nicht?«
    Die meisten zucken nur die Schulter, doch Hayden, der neben ihm steht, lässt keine Gelegenheit ungenutzt, seinen Senf dazuzugeben: »Ich lasse mich lieber benutzen als zerlegen.«
    Amp blickt auf sein Klemmbrett und hebt wieder das Megafon. »Haushaltsdienste«, sagt er. »Es werden drei Kräfte benötigt, vorzugsweise weiblich. Keine falsche Identität, aber der Ort ist weit abgelegen – ihr seid vor den JuPos sicher.«
    Connor sieht nicht hin. »Bitte sag mir, dass niemand die Hand gehoben hat.«
    »Etwa sechs Mädchen – alle siebzehn, wie es aussieht«, sagt Hayden. »Ich schätze, niemand will mehr als ein Jahr lang Hausmädchen sein.«
    »Das ist kein Zufluchtsort hier, das ist ein Sklavenmarkt. Warum merkt das denn

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