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Vollendung - Thriller

Vollendung - Thriller

Titel: Vollendung - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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beendet, den Abwasch erledigt und das Wohnzimmer aufgeräumt hatte, trat der Bildhauer in die Nacht hinaus. Die kühle Aprilluft ließ eine Gänsehaut auf seiner nackten Haut entstehen, als er über den Pflasterweg zum Kutschhaus ging. Er war nicht mehr hier gewesen, seit er den Sender WNRI angerufen und sich auf dem Bestattertisch mit seinem Bacchus vereint hatte. Nein, der Bildhauer hatte die Vorfreude darauf, in seinen technischen Geräten nachzusehen, bis zur letzten Minute hinauszögern wollen, wenn sein Exponat zweifellos die Nachrichten dominieren würde. Und als er die Treppe zum Dachgeschoss hinaufstieg, schlug sein Herz mit jeder Stufe schneller vor Aufregung.
    Er wandte sich sofort den Computern zu. Während sie hochfuhren, schaltete er den Fernseher ein – Fox News, eine blonde Frau plapperte live vor Dodds Anwesen über die möglichen Motive für die Morde, über eine mögliche Verbindung zu Earl Dodd. Ja, er hatte etwas in dieser Art erwartet – es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie diese Theorie zu Grabe tragen, dachte er. Doch als das Blabla bald darauf von einem Bild von Michelangelos Bacchus begleitet wurde, schlug dem Bildhauer das Herz vor Freude bis zum Hals.
    Und so wartete der Bildhauer, anstatt zum Internet weiterzugehen, lauschte auf das eine Wort in dem Blabla , das ihm seinen Triumph bestätigen würde; das eine Wort, das ihm erlauben würde, am nächsten Morgen mit seinem nächsten Projekt fortzufahren. Und nach etwa zehn Minuten fiel es aus dem Mund der blonden Frau wie ein Engel vom Himmel.
    Hildebrant.
    Ja, die blonde Frau sagte, dass eine Professorin von der Brown University namens Catherine Hildebrant – »eine Expertin für das Werk Michelangelos« – vom FBI als Beraterin zu den Ermittlungen hinzugezogen worden sei. Und obwohl sie nicht für einen Kommentar zu erreichen gewesen sei, habe Hildebrant, wie die blonde Frau erklärte, eins der meistgelesenen Bücher über Michelangelo geschrieben, das seit Irving Stones Michelangelo erschienen sei. Die blonde Dame erklärte außerdem, dass Die im Stein schlafen zwar in gewissen akademischen Kreisen zwiespältig aufgenommen wurde, aber ein guter Leitfaden für jeden sei, der sich für den Künstler und die Relevanz seines Werks in unserer Zeit interessiere.
    Das ist fast zu schön, um wahr zu sein , dachte der Bildhauer.
    Der Bildhauer hatte von Anfang an gewusst, er würde die Karte Hildebrant vorsichtig ausspielen müssen. Denn obwohl er gewollt hatte, dass die Medien von ihrer Verwicklung wussten – um Aufmerksamkeit auf ihr Buch zu lenken, war ihm klar gewesen, dass der Schuss nach hinten losgehen konnte, wenn die Öffentlichkeit erfuhr, dass Die im Stein schlafen die Inspiration für seinen Bacchus gewesen war. Ja, der Bildhauer wollte Dr. Hildy für all ihre Hilfe danken; ja, er wollte, dass sie öffentlich über ihr Buch sprach; aber er wusste auch, falls Die im Stein schlafen selbst zu viel Aufmerksamkeit erhielt – falls also das Buch im Bewusstsein der Öffentlichkeit so untrennbar mit den Morden verknüpft wurde, wie es das White Album der Beatles mit den schwachsinnigen Absichten von Charles Manson gewesen war –, dann würde die Schlichtheit, die Klarheit seiner Botschaft verloren gehen.
    Zusätzlich könnte ein solches Bombardement fehlgeleiteten Medieninteresses die scheue Dr. Hildy dazu veranlassen, sich gänzlich von der öffentlichen Bühne zurückzuziehen. Doch wie viel besser wäre es, sie würde es nicht tun. Wie viel besser wäre es, die hübsche Kunstprofessorin würde im Fernsehen über Michelangelo und vielleicht auch ihr Buch sprechen. Deshalb der Sand über der Inschrift am Sockel der Statue – der Bildhauer hatte gewollt, dass dieses Detail möglichst erst nach dem Eintreffen der Polizei von den Spurensicherungsexperten entdeckt wurde; er hatte gehofft, es könnte der Öffentlichkeit eine Weile vorenthalten bleiben – zumindest so lange, bis sich das Interesse für Die im Stein schlafen und Michelangelo gefestigt hatte.
    Abgesehen davon war es nach Ansicht des Bildhauers im Großen und Ganzen unerheblich, ob die Öffentlichkeit die tiefere Bedeutung, das tiefere Genie seines Werks in Zusammenhang mit Dr. Hildys Buch erfasste, geschweige denn völlig verstand. Nein, von höchster Wichtigkeit war das Interesse der Öffentlichkeit an den Morden , denn nur durch dieses Interesse konnte man ihr Michelangelo näherbringen. Nur dann konnte der Bildhauer – von der Öffentlichkeit unbemerkt –

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