Vollendung - Thriller
Und nach meinen Recherchen hat es nicht nur eine geringe Haltbarkeit, sondern ist auch sehr schwer aus anderen grundlegenden Produkten herzustellen. Es sei denn, wir haben es mit einem Chemiker samt umfangreichem Labor zu tun.«
»Dieser Mann ist sehr intelligent, Sam, und sehr gründlich. Er weiß, die erste Richtung, in die das FBI bestimmt nachforschte, würden die ungewöhnlichen forensischen Beweismittel sein – und er wird bestimmt nichts benutzt haben, was man direkt bis zu ihm zurückverfolgen könnte. Und angesichts der Tatsache, dass der Michelangelo-Mörder seit mindestens sechs Jahren aktiv ist, könnte er seine Ausrüstung und seinen Chemikalienvorrat nach und nach angeschafft haben. Er könnte sogar in Leichenhallen eingebrochen sein und hier und dort gerade so viel Formaldehyd gestohlen haben, dass es niemand bemerkte. Ich meine, die Zeit und die Planung, die erforderlich waren, um seine Figuren vorzubereiten und auszustellen – es ist fast, als hätte er auch geplant, welche Beweismittel er zurücklassen würde.«
»Nichts ist dem Zufall überlassen.«
»Der Carrara-Marmor.«
»Ja. Ein interessantes Detail, bei dem ich das Gefühl habe, der Michelangelo-Mörder wollte, dass wir es finden. Hoffentlich ergibt unsere Zeugenvernehmung etwas.«
Obwohl Carrara-Marmor unpraktischerweise nach wie vor in alle Welt exportiert wurde – in vielfältiger Form, von rohen Blöcken, über billige Souvenirware bis zu großen Kunstwerken –, war Rachel Sullivan über einen drei Jahre alten Polizeibericht gestolpert, der dem FBI schließlich die erste echte Spur bescherte, den ersten großen Durchbruch in diesem merkwürdigen Fall des Michelangelo-Mörders.
Reverend Monsignore Robert Bonetti, der in weniger als einer Woche seinen achtzigsten Geburtstag feiern würde, hatte länger als Pastor von St. Bartholomew in Providence gedient als jeder andere Geistliche in der Gemeindegeschichte – neunundzwanzig Jahre nach seiner Zählung – und beabsichtigte nicht, in absehbarer Zeit in Ruhestand zu gehen. Das hier war seine Gemeinde, seine Nachbarschaft, denn der Reverend war nicht nur ein paar Meilen entfernt in Federal Hill aufgewachsen, er hatte im Lauf der Jahre auch wiederholt Beförderungsangebote ausgeschlagen, um bei seinen Leuten zu bleiben. Und obwohl das Personal für »St. Bart« von den Scalabrini Fathers kam – einem katholischen Orden, der seine Priester üblicherweise rund alle zehn Jahre von einer Pfarrei zur anderen wechseln ließ, machten sie in Bonettis Fall wegen seines Alters, seiner tadellosen Akte, seiner herausragenden Arbeit in der Gemeinde und wegen der Erweiterung der Kirche selbst eine Ausnahme und ließen ihn weit über das mögliche Pensionsalter hinaus so lange in St. Bart bleiben, wie er es wünschte.
Der hochgewachsene, schlaksige Priester begrüßte Cathy und Markham auf der Eingangstreppe von St. Bart – einem sehr viel moderneren Bau als die herkömmlichen romanischen bis neugotischen Kirchen, die sich über die Arbeiterviertel in und um Providence verteilten. Cathy, als Professorin für Kunst- und Architekturgeschichte datierte die Entstehungszeit der Kirche – oder zumindest ihre letzte Renovierung – sofort auf die späten Sechziger- bis frühen Siebzigerjahre.
»Sie müssen Agent Markham sein«, sagte Reverend Bonetti und streckte die Hand aus. »Und das heißt, dass Sie, meine Liebe, Dr. Catherine Hildebrant sind.«
»Ja. Freut mich, Sie kennenzulernen, Hochwürden.«
»Gleichfalls – Sie beide.«
»Sie haben mit Special Agent Sullivan telefoniert«, sagte Markham. »Hat sie Ihnen erklärt, warum wir mit Ihnen sprechen wollen?«
»Ja«, sagte der Priester und lächelte. »Angeblich über unsere Pietà. Aber wissen Sie, Agent Markham, ich bin schon lange genug auf der Welt, um zu wissen, dass nicht immer alles ist, wie es scheint. Das FBI würde sich nicht mit einem sonderbaren kleinen Diebstahl abgeben, der drei Jahre zurückliegt, wenn es nicht den Verdacht hätte, er könnte mit etwas sehr viel Wichtigerem in Zusammenhang stehen.«
Im Tonfall des Priesters lag nichts Herablassendes, nichts Sarkastisches oder Unsympathisches. Reverend Bonetti sprach vielmehr mit der schlichten Aufrichtigkeit eines Mannes, der keine Lust auf Spielchen hatte. Und die sanften Augen hinter der Brille und sein schwerer Rhode-Island-Akzent zeugten in der Tat von einem Mann, der lange genug auf der Welt war, um Bescheid zu wissen.
»Es geht in Wirklichkeit um diesen
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