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Vollendung - Thriller

Vollendung - Thriller

Titel: Vollendung - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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sich auf die Idee einer Ehe überhaupt eingelassen hatte.
    Ja, betrügen war eine Sache – sich erwischen lassen war eine andere . Nur das Wahrnehmen des Aktes als solchen seitens des Betrogenen schien für Rogers einen echten Ehebruch zu definieren. Wenn ein Baum im Wald umfällt, und niemand ist da, der ihn hört …
    Und so würde Rogers mehr als das Leid, das er seiner Exfrau verursacht hatte, mehr als die Schuldgefühle wegen seiner gescheiterten Ehe immer sich selbst verfluchen, weil er so dumm gewesen war, sich vom Schicksal einmal mehr besiegen zu lassen. Sicher, Cathy hätte ihn fertigmachen können, sie hätte ihn richtig ausnehmen können, wenn sie gewollt hätte, und er musste einräumen, dass er Glück gehabt hatte, wie schmerzlos die Scheidung über die Bühne gegangen war. Dennoch konnte Steve Rogers nicht umhin, sich irgendwie als das Opfer zu fühlen, sich irgendwie verlassen zu fühlen. Denn so ungern er es sich eingestand – er wünschte, Cathy hätte ein klein wenig mehr gekämpft, wäre ein klein wenig aggressiver und gehässiger zu ihm gewesen in diesen letzten vier Monaten – denn damit wäre bewiesen gewesen, dass er ihr wirklich etwas bedeutet hatte.
    Denn wie ihn seine Karriere als zweitklassiger Schauspieler gelehrt hatte, war Gleichgültigkeit noch viel schlimmer als Hass.
    Ironischerweise war es ein gewisses Maß an Gleichgültigkeit, das Rogers für Ali Daniels empfand – dieser prächtige Studentinnenarsch, deren für die Internet - Generation typische Haltung – Jetzt wo wir gefickt haben, erwarte ich täglich eine E-Mail von dir – ihm seine gute Sache mit Cathy verdorben hatte. Es stimmte, Steve Rogers hatte Cathy Hildebrant so sehr geliebt, wie er jemand anderen als sich selbst vermutlich nur lieben konnte – und in gewisser Weise tat er es wahrscheinlich immer noch. Und er war sich zwar der Tatsache bewusst, dass er zeitweise eifersüchtig auf sie gewesen war – auf ihren Doktortitel, den Erfolg ihres Buchs und jetzt vor Kurzem wieder auf die Aufmerksamkeit, die sie als Beraterin oder was zum Teufel sie schon war in dem Fall von diesem irren Michelangelo-Mörder erhalten hatte. Nichtsdestoweniger war ihm klar, dass er Cathy vermissen würde, die Routine, die Sicherheit, den praktischen Nutzen des Lebens zu zweit, das sie sich eingerichtet hatten. Hätte er nur die Warnung seines Arbeitervaters ebenso beachtet wie die seiner Mutter, hätte er nur nach diesem Credo gelebt, dann wäre dieser ganze Mist erst gar nicht passiert.
    » Denk dran, Steven, man scheißt nicht, wo man isst.«
    Wie es aussieht, legt sich die ganze Scheiße jetzt sowieso, sagte sich Steven.
    Und so fügte sich Rogers trotz seines kurzen Moments der Schwäche in der Vorwoche friedlich in den Umstand, dass es nun Zeit war, ein für alle Mal weiterzuziehen – sowohl fort von Cathy Hildebrant als auch von der ärgerlich bedürftigen, pseudointellektuellen Ali Daniels.
    Jetzt, da sie ihren Abschluss hat, dachte Steven, ihren beschissenen, sinnlosen Master, wird es nicht schwer sein, das Ganze einfach einschlafen zu lassen. Ich werde nichts sagen, wenn ich nicht muss – vielleicht morgen, wenn sie aus ihrer neuen Bude in New York City anruft. Oder ich teile ihr die Neuigkeit in einer E-Mail mit. Wäre das nicht ein poetisches Stück Gerechtigkeit?
    Rogers sah auf die Uhr und erhöhte sein Tempo, wie er es meist auf dem letzten Kilometer seines Morgenlaufs tat. Er war seinem Zeitplan voraus – vielleicht schaffte er es sogar nach Hause, bevor es hell wurde. Das war gut. Mehr als alles andere – sogar mehr als Sex  – liebte Steven Rogers dieses Gefühl, seinen Lauf beendet zu haben, bevor die meisten Leute auch nur aufwachten. All diesen fetten, faulen Typen voraus zu sein, die am Abend zuvor lange aufgeblieben waren, um Letterman zu schauen. Es war ein Gefühl, das ihm half, den unbewussten, aber greifbaren Groll darüber zu lindern, dass das Schicksal ihn gezwungen hatte, Schauspieler zu werden. Dass es ihn in den Zeitplan eines Schauspielers gezwungen hatte, zu all den späten Stunden am Theater, die ihn manchmal davon abhielten, am nächsten Morgen als Erster am Start zu sein.
    Early to bed, early to rise, Steven, makes a man healthy, wealthy and wise.
    Rogers bog in die Straße ein, die ihn zum Garden City Center zurückführen würde – dem sieben Minuten von seinem Zuhause entfernt gelegenen Einkaufszentrum in Cranston, zu dem er fünfmal in der Woche morgens fuhr und wo er seinen

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