Vollendung - Thriller
großen Aussichtsgebäudes in Garden City ihn als verlassen gemeldet hatte, und die Polizei von Cranston war einfach noch nicht dazu gekommen, den Besitzer zu benachrichtigen.
Als Krönung des Ganzen dauerte es noch einmal vierundzwanzig Stunden nach Alis Vermisstenmeldung, bis die Polizei von Cranston endlich die Verbindung zu dem verlassenen Z4 hergestellt hatte. Und obwohl Rogers schon lange tot war, als ihn die Behörden als Vermisstenfall zu behandeln begannen, hätte der selbstverliebte Schauspielprofessor vielleicht Trost in dem Wissen gefunden, dass es das Schicksal letzten Endes gut mit ihm gemeint hatte. Denn hätte er Ali vor seiner Begegnung mit dem Bildhauer abserviert, wer weiß, wie lange sein Verschwinden unbemerkt geblieben wäre, denn es war nicht ungewöhnlich, dass seine Kollegen, seine Familie, seine Freunde wochenlang nichts von ihm hörten – vor allem nach dem Ende des Semesters, wenn Cathy und er manchmal in Urlaub gefahren waren, ehe die Proben für das Sommertheater in Boston begannen.
Die Polizei von Cranston wusste selbstverständlich nicht das Geringste davon, dass ein weiterer Mann kürzlich in Boston vermisst gemeldet worden war – ein junger Mann, der als »Jim« bekannt war. Und trotz der kryptischen Beschreibung von Jims Lebensstil, die die Freunde des jungen Mannes abgaben, war der Bostoner Polizei schnell klar, dass sich Jim und seine Kunden in jener Welt bewegten, in der selten jemand nach dem Nachnamen fragte, schon gar nicht nach dem richtigen. O ja, die Polizei von Boston wusste sehr gut, wie die Dinge in der Arlington Street liefen. Und da Jim – wohin er auch gegangen sein mochte – so gut wie alles mit sich genommen hatte, was er besaß, würde ihn die Bostoner Polizei, solange sich nichts anderes ergab, behandeln wie so viele andere Jungs, die ein grausames Schicksal auf den abschüssigen Weg der Drogen und der Prostitution geführt hatte: Er war entweder weitergezogen oder hatte zu viele Drogen erwischt. So oder so würde er früher oder später auftauchen. So oder so war es nicht ihr Problem.
Und selbst wenn Paul Jimenez’ Freunde von seiner Online-Identität als RounDaWay17 gewusst hätten – um dieses lose Ende hatte sich der Bildhauer längst gekümmert, hatte längst Jimenez’ E-Mail-Account gehackt, dessen jüngste Aktivität gezeigt hätte, dass Jimenez wie üblich unter der I P -Adresse einer öffentlichen Bibliothek in Dayton, Ohio, seinen Geschäften nachging.
Ja, der Bildhauer war sehr, sehr gründlich.
Es war später Nachmittag, als Cathy den Anruf der Polizei von Cranston auf ihrem Handy erhielt – eine unbekannte Nummer, die sie sofort auf die Mailbox umleitete. Sie und Markham waren gerade auf dem Weg zu einer Befragung – ein ziemlich vertrautes Szenario seit Markhams Rückkehr aus Quantico und ganz anders, als sie es aufgrund ihrer vom Fernsehen stammenden Krimibildung erwartet hätte. Die Leute, mit denen Cathy und Markham sprachen, hätten einen guten Drehbuchautor gebrauchen können; sie waren nicht annähernd so redegewandt oder hilfreich wie diese Zeugen im Fernsehen – von denen man nur drei oder vier befragen musste, um zum Täter zu gelangen. Die Handvoll Leute dagegen, die das FBI wegen Gabriel Banford befragte, hatten überhaupt nichts beizusteuern. Und Nachforschungen hinsichtlich aller anderen Fälle von Morden oder verschwundenen Personen, die in das Opferprofil des Michelangelo-Mörders passten, sowie der Spuren, die sich aus den Beweismitteln ergaben, hatten bisher nichts erbracht.
Bis auf einen sonderbaren Hinweis: Er betraf den Carrara-Marmorstaub, den man in der Farbe des Michelangelo-Mörders gefunden hatte.
»Bis auf den Carrara-Marmor«, sagte Markham, als er auf den Parkplatz fuhr, »könnte man meinen, der Michelangelo-Mörder hatte das ganze Zeug einfach herumliegen. Das Formaldehyd, das Aceton, der Silikongummi für die Plastination – merkwürdig, dass wir nirgendwo eine Spur entdecken können, wie der Kerl an die großen Mengen Chemikalien und Ausrüstung gekommen ist, die er für seine Unternehmungen gebraucht haben muss.«
»Es sei denn, er hat die Chemikalien selbst hergestellt«, sagte Cathy. »Es sei denn, er hat sie aus Produkten destilliert, die sehr viel leichter verfügbar sind.«
»Ja. Wie das Aceton – Hauptbestandteil von Farbverdünnern und Nagellackentfernern. Andererseits gibt es Dinge wie das Formaldehyd – das ist nun wirklich nichts, was man aus dem Baumarkt nach Hause trägt.
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