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Volles Rohr

Volles Rohr

Titel: Volles Rohr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephenson Neal
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erwies. »Ich weiß es nicht
    hundertprozentig. Aber das Festival ist in dieser
    Richtung. Zwischen den Bäumen ist eine Art Schneise.
    Ist wohl der direkteste Weg. Außerdem sind hier ein paar Spuren, die recht frisch aussehen.«
    Er zeigte mit dem Kopf, und ich schaute. Der Boden war naß, auch ein bißche n maddrig. Hier war definitiv
    jemand mit Schuhgröße 52 durchgelatscht. Nicht daß
    Dolmacher ein Schrank war. Er hatte Handgelenke und
    Knöchel wie Besenstiele. Aber seine Pfoten und Füße
    waren die eines Profibasketballspielers. Wer immer es gewesen sein mochte, er hatte diese Superlaufschuhe mit elastischer Sohle getragen, die sich geldige Leute
    heutzutage statt tonnenschweren Waffeleisentretern
    kaufen. Gute Bodenhaftung im Verein mit leichtem
    Gewicht.
    Und entweder war es ihm schnuppe, ob er verfolgt
    wurde, oder er wollte, daß wir seine Spuren fanden. Ich schaute mich um, gaffte in den Wald, und plötzlich sah alles gefährlich aus. Das Unterholz war nicht besonders dicht. Wenn man hier in die Hocke ging und sich
    versteckte, konnte man hundert Meter weit sehen, aber selbst erst auf zehn gesehen werden. Das war nicht fair.
    »Neue Überlegung«, sagte ich. »Was ist, wenn
    Dolmacher uns auflauert?«
    »Keine Ahnung. Du kennst ihn. Ich nicht.«
    »Er ist der Typ für so was. Wäre ihm nicht kompliziert genug, einfach durch den Wald zu rennen und Pleshy ein paar Löcher in den Bauch zu ballern. Er würde ein
    Kriegsspiel draus machen wollen.«
    »Und? Du hast doch gesagt, du bist schlauer als er.«
    »Tausend Dank, Jim. Mir kommen gleich die Tränen.«
    Jim zuckte die Achseln.
    »Okay«, sagte ich, »gehen wir einfach zum Festival.
    Aber nicht auf dem direkten Weg. Wir müssen nicht
    rauskriegen, wohin der Typ will, wir wissen es schon, und wenn wir seinen Spuren folgen, tappen wir garantiert in die Falle.«
    »Wir können einen Schlenker machen und den Berg
    umgehen«, sagte Jim.
    »Dann kommen wir auf die Straße.«
    Jim seufzte. »Oder wir steigen da drüben hoch.«
    »Schaffen wir das?«
    »Wir müssen uns eben beeilen.«
    Man verliert das Zeitgefühl, wenn man im Wald ist und es eilig hat. Was man für zwei Stunden hält, ist in
    Wirklichkeit eine. Wenn man also zu einer bestimmten Zeit wo sein will, ist man immer unter Druck. Und
    meistens viel zu früh da.
    Sagte ich mir jedenfalls. Besser fühlte ich mich nicht deswegen. Als wir endlich zu der Stelle kamen, wo das Gelände von der Horizontalen fast in die Vertikale
    überging, sahen wir schon ziemlich alt aus. Mir war
    schlecht, und ich bekam Magenkrämpfe; Jim war in ein Loch getreten und hatte sich den Fuß umgeknickt.
    Ich wollte gerade den Mund aufmachen, um zu sagen,
    daß wir umkehren und zum Festival trampen sollten, als ich etwas rascheln hörte. Jim öffnete ein
    Stanniolpäckchen, das er aus der Tasche gezogen hatte.
    »Schau mal, was ich mitgebracht habe.« Er schob etwas Trockenes, Braunes in den Mund - eine Ladung
    halluzinogener Pilze. Dann gab er mir auch was ab.
    Die Dinger halfen nicht viel bei der ersten Etappe, aber bei der letzten wirkten sie Wunder. Wir fühlten uns noch immer miserabel, nur dachten wir nicht mehr daran.
    Alles wurde sehr hell - klar, wir gewannen an Höhe, und der Wald wurde lichter -, und wir glaubten, daß unsere Sinne schärfer wurden. Wir verloren das Zeitgefühl. Aber wie ich bereits sagte, passiert das sowieso, wenn man im Wald ist und es eilig hat. Besonders wenn man immer
    wieder im Zickzack laufen und Hindernisse umgehen
    muß. Dann hatten wir's nach oben geschafft, und alles war uns plötzlich scheiß-, kack- und pißegal. Ohne Droge wäre ich vor Angst wie gelähmt gewesen. Mit Droge
    fingen wir einfach an zu rennen. Wenn es zu steil bergab ging, stemmten wir die Füße gegen den Boden und
    rutschten durch alte, nasse Blätter. Dann und wann
    kamen Strecken mit nackter Erde, und die sausten wir auf dem Hintern runter.
    Schließlich wurde das Gelände wieder eben, der Wald
    wieder dichter, und wir stellten fest, daß wir uns verirrt hatten. Wir blieben eine Weile stehen, um Luft zu
    schnappen. Bald hörten wir gedämpften Straßenlärm.
    Wir bestimmten die Richtung, aus der er kam, zogen eine Karte zu Rat, checkten den Sonnenstand und peilten so annähernd den Ort an, wo die Holzfäller ihre Äxte
    schmissen. Dann entfernten wir uns knapp vierzig Meter voneinander und versuchten, uns leise vorwärts zu
    bewegen.
    Was ein Witz ist, wenn man knietief im Laub vom letzten Jahr watet. Der Wind

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