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Volles Rohr

Volles Rohr

Titel: Volles Rohr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephenson Neal
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rauschte in den Wipfeln und
    übertönte den Krach, den wir machten - ein bißchen
    wenigstens -, aber ich kam mir trotzdem so trampelhaft vor, als würde ich mit einem Panzer durch den Wald
    rattern. Immerhin waren die Bäume schmalstämmig und
    standen ziemlich weit auseinander, also würde sich
    Dolmacher wohl nic ht gerade hier versteckt haben, um plötzlich mit seiner Kanone vor mir zu stehen und
    abzudrücken. Ich wollte nicht, daß dies das letzte war, was ich im Leben sah.
    Dann wurde es vor uns heller. Das war eine Lichtung.
    Wir hörten eine Menschenmenge, hörten die Kasse eines Getränkestandes klingeln. Dolmacher mußte irgendwo
    zwischen uns und der Lichtung sein. Das Unterholz
    wurde dichter, und ich kam zu einer kleinen Erdschlucht, durch die ein Bach floß. Konnte nicht rüberspringen.
    Mußte auf der einen Seite runterglitschen und auf der anderen wieder hochkrabbeln, hilflos und dämlich.
    Der erste Halt, den ich fand, war trügerisch, und ich rutschte halbwegs kontrolliert in die Schlucht zurück.
    Verharrte mit Erde beschmiert, mit Blättern bedeckt und naß in knöcheltiefem Schlamm. Stapfte ein paar Meter bachabwärts in die Richtung, in der ich Jim vermutete.
    Hatte zehn Minuten nichts von ihm gesehen und gehört.
    Schließlich flachte der Hang etwas ab. Da konnte ich raus.
    Und Dolmacher war vor mir hiergewesen. Einen
    Augenblick war ich geplättet vor Überraschung, dann
    verfolgte ich seine Spuren. Ganz oben ragte ein
    Waldhimbeerzweig in seinen Weg hinein. Erzitterte
    noch.
    Irgend jemand trieb sich da rum. Ich hörte ihn über das Raunen der Menge und das Leiern des Ansagers hinweg.
    Entweder Jim oder Dolmacher - oder beide. Dann gingen alle Geräusche im Beifall der Menge unter.
    Ich betrachtete das als gute Möglichkeit, mich aus der Schlucht hochzuarbeiten. Stieg nicht gerade leise den Hang rauf und legte mich oben platt auf den Bauch. Hatte keine Lust, mich zu exponieren; wenn Dolmacher wußte, daß ich direkt hinter ihm war, würde er mich schon
    erwarten.
    Aber er wußte es nicht. Ich sah den Mistkerl, wie er langsam und vorsichtig auf die Lichtung zuging, keine zwanzig Meter von mir entfernt. Zwischen den Bäumen
    konnte ich ein grobgezimmertes Podium und die
    unvermeidliche amerikanische Flagge erkennen. Und als ich mich auf die Beine stellte, hatte ich auch den
    Parkplatz im Blick. Daran erinnere ich mich besonders deutlich, denn wenn man sich eine Weile durch Laub und Dreck geackert hat, sieht nichts so seltsam aus wie eine Menge Autos, die im Sonnenlicht blinken.
    Wo war Jim? Hatte Dolmacher ihn schon erledigt? Ich
    drehte mich um und schaute die Schlucht entlang. Keine Spur von Jim. Er war drüben. Er mußte rechts von
    Dolmacher sein.
    Der Schleimer sülzte irgendwas. Dann schien es ein
    bißchen Zoff zu geben. Dolmacher drehte sich um und
    duckte sich hinter einen Baum. Ich sah, wie am Rand der Lichtung plötzlich ein Mann im Trenchcoat auftauchte und zum Podium rannte.
    Dolmacher sah es ebenfalls. Er sprang auf und spurtete mit Weltrekordtempo auf die Lichtung zu. Er wußte, das war seine Chance. Er konnte mindestens eine Minute
    lang Krach machen - es ging im Gebrüll unter, das jetzt aus den Lautsprechern dröhnte.
    »Lassen Sie den Mann reden! Moment, Moment, hören
    wir uns doch an, was er zu sagen hat!« schrie Pleshy.
    »Umweltmäßig habe ich ein ab-so-lut reines Gewissen.«
    Es war Boone. Er hatte es geschafft. Er zog Pleshy in ein Wortgefecht. Und der war so doof, daß er sich drauf einließ. Aber ein Mann mit Pleshys Instinkten und
    seinem Ruf, ein Schlappschwanz zu sein, mußte einfach in Boones Herausforderung die Gelegenheit erblicken, im bundesweiten TV einen auf schlagfertig und gewieft zu machen.
    Ich rannte los, rannte wie der Teufel. Sah so aus, als würde Dolmacher durchziehen, was er vorhatte, aber als er fast auf der Lichtung war, bremste er und duckte sich wieder. Wenn er sich jetzt umdrehte, war ich im Arsch, weil ich auf alle Vorsicht gepfiffen hatte und ohne
    Deckung meines Wegs keuchte, vielleicht zehn Meter
    hinter ihm.
    Er drehte sich um. Ich blieb wie angewurzelt stehen. Er sah mich.
    Und tat genau das, was ich erwartet hatte: langte in seine Jacke, holte die Kanone raus und zielte auf mich. Ich warf mich zu Boden. Aber leider kann man sich selbst nicht so werfen wie einen Baseball zum Beispiel. Man kann nur die Füße lüpfen, sich fallen lassen und darauf warten, daß einen die Schwerkraft abwärts zieht mit
    neunkommaachteins Meter pro

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