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Volles Rohr

Volles Rohr

Titel: Volles Rohr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephenson Neal
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wußte, wie wir nun mit der Bakteriengeschichte weiterkommen sollten, aber im Augenblick waren wir viel zu aufgekratzt, weil wir die Sache heil überstanden hatten und Boone noch lebte, als daß wir uns davon unsere Freude hätten verderben lassen.
    Schließlich drosselten wir das Tempo. Und als wir am Anfang des Wanderwegs ankamen, wartete Boone auf
    uns. In einem Helikopter.
    Es war ein Nachrichtenhubschrauber von einem Bostoner Sender. Boone hatte sich bereit erklärt, den Leuten ein Exklusivinterview zu geben, wenn sie uns mit nach
    Boston nahmen.
    »Das war's«, sagte Jim. »Jetzt will ich nichts mehr mit dem Scheiß zu tun haben.«
    Er ging zu seinem Lieferwagen, lehnte sich dagegen und keuchte sich aus. Ich beugte mich vor, Hände auf den Knien, und tat es ihm nach.
    »Also, zehn Sekunden lang«, sagte ich, »zehn Sekunden lang war ich sicher, daß du mir das Leben gerettet hast.«
    »Ich auch.«
    »Sagen wir einfach, du hast mir das Leben gerettet.«
    »Meinetwegen.«
    »Eine Frage noch«, sagte ich. »Wenn du einen richtigen Pfeil dabeigehabt hättest, einen für die Jagd auf große Tiere - hättest du ihn benutzt?«
    Jim reckte sich und zuckte die Achseln. Der Umhang
    rutschte von seinen Schultern, und ein Köcher fiel
    heraus. Die Fischpfeile waren aufgebraucht, aber es steckten noch drei mit breiten, rasiermesserscharfen Spitzen drin. »Nein«, sagte Jim. »Zu gefährlich.«
    Ich kicherte, weil ich dachte, das sollte ein Witz sein.
    War aber keiner.
    »Wenn ich so einen Pfeil genommen hätte, wäre er durch Dolmacher glatt durchgeflutscht und hätte noch ein, zwei Leute umgelegt.«
    Jim und ich umarmten uns, dann stieg Boone aus dem
    Hubschrauber, und sie schüttelten sich die Hand. Jim setzte sich in seinen Lieferwagen und düste ab. Der Rotor des Hubschraubers begann sich zu drehen.
    »Was hast du gewußt?« fragte ich Boone. »Und wann
    hast du's gewußt?«
    Boone fiel erst mal der Unterkiefer runter. Dann lachte er. »Ach du liebe Scheiße, du glaubst doch nicht etwa, daß ich den Kugelfang für Pleshy spielen wollte?«
    Jetzt lachten wir beide. Aber ich war mir nicht sicher. Ich war nicht hundertprozentig davon überzeugt, daß er
    Dolmachers Kanone so schnell als das hatte erkennen
    können, was sie wirklich war.
    Wir kletterten in den Hubschrauber, und Boone gab ein langes, einsilbiges Alles-nur-halb-so-wild-Interview darüber, warum er sein Leben hinter dem eines anderen zurückgestellt hatte. Er behauptete, ein Bostoner
    Umweltschützer namens Daniel Winchester zu sein. Ich nutzte die Gelegenheit zu einem Nickerchen bis Boston.
    Wir landeten in Logan.
    Das war Glück, weil wir mit der Blauen Linie direkt zum Aquarium fahren konnten. Ich wollte feststellen, ob Wes das andere Zodiac zu unserem Liegeplatz gebracht hatte -
    würde es wahrscheinlich bald brauchen -, aber im
    Jachtclub kannte man mein Gesicht zu gut. Also ließ ich Boone dort vorbeischlendern, während ich in einem
    McDonald's wartete. Ich trank einen von diesen Milchshakes, die aus gesüßtem Weißbrotteig angerührt und von einer pneumatischen Maschine stranggepreßt
    werden. Das würde vielleicht als Puffer gegen den
    Giftmüll in meinem Körper wirken.
    Als Boone wiederauftauchte, grinste er. Das Zodiac war da, hatte aber nur einen mickrigen 10-PS-Motor, und ein paar entscheidende Teile fehlten. Darauf stellten wir uns erst mal ein, bevor wir was anderes unterna hmen. In einem Bootsbedarfgeschäft auf einem der Piers kauften wir einen Benzinschlauch, Zündkerzen und weitere
    wichtige Kleinigkeiten, die Wes vielleicht entfernt hatte, um das Zode gegen Diebstahl zu sichern. Boone zahlte und protzte mit seinem Kreditkartenstapel.
    Dann fuhren wir mit der Grünen Linie zum Kenmore
    Square und stiegen in den Bus zum Watertown Square.
    Von dort waren es noch drei Kilometer Fußmarsch zu
    Kelvin. Meine Hosenbeine hatten sich durch den
    getrockneten Dreck in steife Röhren verwandelt, und
    zwischendrin mußte ich schnell eine Böschung runter
    und hinter verdorrten Sträuchern und zersplittertem Glas in die Hocke gehen. Dabei sah ich meine Brieftasche
    durch, und mir wurde bewußt, daß all meine Kreditkarten einem Toten gehörten. Meine Verwandlung zum Paria
    war fast komplett. Jim hatte mich während dieser bösen Woche in New Hampshire finanziell unterstützt, aber
    jetzt war ich wieder in Boston und hatte nichts als einen hartnäckigen Durchfall.
    »Du solltest aussteigen«, sagte ich zu Boone, als wir weitergingen. »Das ist deine

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