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Volles Rohr

Volles Rohr

Titel: Volles Rohr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephenson Neal
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ich meine, das spielt sich in mir ab. Ich muß noch eine Weile dabeibleiben, sonst kann ich mich selbst nicht mehr achten. Außerdem macht's irgendwie Spaß.«
    Boone kam kurz vor der Dämmerung zurück. Er hatte
    alle Cafes im Umkreis von dreißig Kilometern abgegrast, Kaffee getrunken und etliche herrenlose Zeitungen
    mitgehen lassen.
    »Pleshy ist beim Holzfällerfestival«, sagte er. »Nördlich von hier, nicht mal 'ne Stunde.«
    »Ist er da den ganzen Tag?«
    »Den ganzen Vormittag. Später ist er in Nashua.
    Besichtigt High- Tech-Firmen. Gemeinsam mit deinem
    Freund Laughlin.«
    »Wie passend.« Ich blätterte die verdammten Zeitungen durch, als hätte ich Windmühlenflügel statt Arme. »Du Arsch, warum hast du die Comics nicht mitgebracht?«
    Boone wollte sofort zum Holzfällerfestival, aber Jim überzeugte ihn davon, daß wir nicht viel machen
    konnten, solange es dunkel war. Ich fand es interessant, daß die Überlebenstrainees am Abend zuvor
    hierhergekommen waren und auf dem Parkplatz
    übernachtet hatten - das Spiel begann wohl vor
    Sonnenaufgang.
    Und tatsächlich rollte gegen 5 Uhr ein Geländewagen auf den einen Stellplatz, der mit RESERVIERT
    gekennzeichnet war. Er war groß und schwarz und mit
    allem ausgestattet, was man braucht, um durch einen
    Blizzard oder einen Atomkrieg zu fahren. Ein Typ stieg aus: nicht der drahtige, hohläugige Vietnamveteran, den ich erwartet hatte, sondern ein breiter, stämmiger älterer Mann, mehr Korea-Generation. Ich hörte, wie die Leute in den anderen Wagen munter wurden.
    Jim und ich standen hinter dem Typ, als er die drei
    Schlösser an der Tür der Blockhütte aufsperrte.
    »Morgen«, sagte er. Nicht zu mir - mich ignorierte er -, sondern zu Jim, für den er sich offenbar sehr
    interessierte. Das hatte ich gewußt. Darum hatte ich Jim auch bequatscht, aus seinem warmen Schlafsack zu
    steigen und mit mir zu kommen.
    »Morgen«, sagten wir, und ich fügte hinzu: »Sie fangen aber früh an.«
    Er strahlte. Manche Leute sind genetisch darauf
    programmiert, um 4 Uhr aufzustehen und den Rest der
    Menschheit zu wecken. Normalerweise werden sie
    Gruppenführer bei den Pfadfindern oder
    Campingplatzwarte. »Interessieren Sie sich fürs
    Überlebenstraining?«
    »Ich hab' einen Freund, der hat mir davon erzählt. Er heißt Dolmacher«, sagte ich.
    »Dolmacher! Das ist ein Teufelskerl! Wundert mich, daß er noch nicht da ist.« Der Typ führte uns in die Hütte, machte Licht und zündete einen Kerosin-Heizstrahler an.
    Dann knipste er den Schalter seiner Kaffeemaschine an.
    Ich ertappte Jim dabei, wie er hinter dem Rücken des Typs grinste. Das war die Art Mann, die schon am Abend den gemahlenen Kaffee und das Wasser ins Maschinchen tut, damit es am Morgen nur noch angeknipst werden
    muß. Der geborene Führer.
    »Also, Dolmacher ist ganz gut bei dem Spiel?« fragte Jim harmlos.
    Der Typ lachte. »Hören Sie, Sir, wenn es dafür einen schwarzen Gürtel geben würde, dann hätte er den fünften oder sechsten Dan. Der Mann hat mich total verblüfft.«
    Der Typ musterte Jim und nickte ihm anerkennend zu.
    »Kann natürlich sein, daß Sie noch mehr bringen. Haben Sie so was schon mal gemacht?«
    »Nein, nur ab und zu mit Pfeil und Bogen gejagt«, sagte Jim.
    »Wir benutzen hier Luftpistolen. Da ist die Reichweite ähnlich klein wie bei Pfeil und Bogen. Sie müßten also gut zurechtkommen. Vorausgesetzt, Sie sind nicht nur geschickt, sondern auch clever. Wie Dolmacher.«
    Der Typ sperrte einen Waffenschrank voll Pistolen auf.
    Er zeigte uns, wo das Magazin reinkam, und dann zeigte er uns die Munition: einen quabbligen, murmelgroßen
    Gummiball, in dem rote Farbe war.
    »Das Ding trifft dich, und FLATSCH! bist du gezeichnet.
    Total gewaltfrei, wie Sie sehen. Es ist ein strategisches Spiel. Und deswegen ist Dolmacher da so gut. Er ist ein Meisterstratege.«
    Wir sagten dem Typ, daß wir wieder auf ihn zukommen
    würden. Gingen zum Parkplatz zurück, wo Boone in
    einem Halbkreis tiefbeeindruckter Überlebenstrainees stand und darlegte, wie man einen Dobermann im
    Zweikampf besiegt, ohne ihm allzu weh zu tun.
    »Schön zu sehen, daß du wieder der alte bist«, sagte ich, als wir ihn schließlich zum Lieferwagen schleiften.
    »Diese Typen sind so primitiv, das glaubst du nicht«, sagte er. »Die haben für alles nur eine Lösung: eine dicke Kanone.«
    »Vielleicht sollten wir ein Institut für gewaltfreien Terrorismus gründen.«
    »Terror ohne Gewalt - das ist schwierig.«
    »Das

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