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Volles Rohr

Volles Rohr

Titel: Volles Rohr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephenson Neal
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ihren Giftmüll. Entnahm einem
    Rundschreiben aktuelle Firmennachrichten: anscheinend hatte Dolmacher einen neuen Boß. Der Gründer und
    Geschäftsführer von Biotronics war »zurückgetreten«
    und durch ein Transplantat aus den Reihen von Basco ersetzt worden. Man konnte Fotos des Gründers - jung, drahtig, bärtig - und des neuen Manns besichtigen, eines Herbert-Hornochs- Typs mit Yuppiebrille. Typischer
    Ablauf. Die Leute, die Biotronics gegründet hatten, helle Jungs vom MIT und von der B. U., wurden gegangen,
    um Platz für jemand vom alten Schrot und Korn zu
    machen.
    Bartholomew startete einen Fernflirt mit einer kleinen Schnippe, Typus Soziologiestudentin, die wahrscheinlich mit ihrem Sprint vom Sweetvale College zur Ausschau nach Harvard-Studenten oder Chip-Designern hier
    rübergefahren war, aber die Romanze fand ein jähes
    Ende, als sie feststellte, daß er über und über mit etwas bedeckt war, das nach veritablem Dreck aussah. Bart
    arbeitete in einem Runderneuerungsbetrieb. Er hob den lieben langen Tag Reifen vom Boden auf und schmiß sie auf große Haufen. Um fünf war er dann vollständig
    vulkanisiert.
    Als es für mich Zeit wurde, holte ich mein Rad aus Barts Transporter und fuhr über den Fluß nach Brighton, wo viele Iren wohnen, und dann weiter über Seitenstraßen und Bürgersteige nach Allston, wo die Asiaten wohnen.
    Hoas Geschäftslage war furchtbar. Das Haus, in dem er sein Lokal hatte, auch. In Boston, wo die Hausbesitzer ebensooft mit dem Benzinkanister zu Gange sind wie mit dem Farbkübel, waren alle anderen Gebäude dieser Art längst Schutt und Asche. Es handelte sich um eine frei stehende, italienisch aufgemotzte Scheußlichkeit, die wie ein Grabstein an der Mass Pike aufragte, Front zur
    Harvard Street. Parken war kein Problem, es stellte sich nur die Frage, ob der Wagen noch da war, wenn man
    wieder aus dem Lokal kam. Drinnen war es so kahl und hell wie in einer Turnhalle. Ein Dutzend nicht zueinander passender Tische stand im Raum, mit orangem
    Wachstuch bedeckt, das mit Reißzwecken festgepinnt
    war. Als Wandschmuck dienten Bierreklamen,
    deprimierende Fotos vom alten Saigon und gerahmte
    Freßkritiken aus diversen Zeitungen mit Wendungen wie
    »Das Pearl ist ein Rohdiamant« - »Überraschende Entdeckung an der Pike« oder »Der Umweg lohnt sich«.
    Als das Pearl frisch aufmachte, hatte ich anfangs das Gefühl, daß ich es allein erhielt, indem ich dafür sorgte, daß die großen GEA-Arbeitsessen dort stattfanden. Dann erschienen Freßkritiken, und das Pearl wurde prompt von Harvard-Business-School -Leuten »entdeckt«, die hierherkamen, um ihre Gebete am Schrein von Hoas
    Unternehmungsgeist zu verrichten. Also hatte ich nicht mehr den Eindruck, daß Hoas Kinder hungern mußten,
    wenn ich nicht dreimal in der Woche bei ihm aß. Aber wenn jemand nicht so recht wußte, wo man essen gehen sollte, war das Pearl immer noch meine erste Wahl.
    Ich trug mein Rad nach drinnen, in den Vorraum - ein Privileg, das ich mir durch fortgesetztes Mäze natentum erworben hatte. Hoa und sein Bruder fanden es exotisch, daß ich, ein relativ betuchter Amerikaner, mit dem Rad durch die Gegend strampelte. Sie fuhren nur Auto -
    geschmacklose Angeberschlitten, die ein paarmal im Jahr geklaut oder angezündet wurden.
    Als ich durch den Vorraum war, sah ich mir die anderen Gäste an. Der Mann da mit der runden Brille und der
    zweieinhalb Zentimeter dicken Kroko-Aktentasche?
    Nein, das war nicht der GEA- Taucher. Er befand sich auch nicht unter den fünf Asiaten, die etwas wegputzten, das nicht auf der Speisekarte stand. Und ebensowenig unter den drei blauhaarigen irischen Ladys aus Brighton, die immer noch platt waren über das Fehlen der Henkel an ihren Teetassen. Aber der Mittdreißiger unter dem verwackelten Foto eines Marineinfanteristen, Haare bis zu den Schultern, nicaraguanische Bauernhalskette,
    Fahrradhelm auf dem Tisch - das mußte der GEA-
    Taucher sein. Er erkundigte sich gerade bei Hoas Bruder, was für Tee die irischen Ladys tranken.
    »He, Mann«, sagte er, als er mich sah, »ich kenn' dich vom Fernsehen. Wie geht's?«
    »Danke, danke. Du bist Tom Akers, ja?« Ich setzte mich und legte seinen Helm auf den Boden.
    »Genau. He, das ist toll hier. Bist du öfter hier?«
    »Ständig.«
    »Dann weißt du ja, was gut ist.«
    »Alles. Aber fang mit den Imperial Rolls an.«
    »Die sind ganz schön teuer.«
    »Aber gut. Hier werden sie mit Reispapier gemacht, nicht bloß mit Frühlingsrollenteig

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