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Volles Rohr

Volles Rohr

Titel: Volles Rohr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephenson Neal
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der einen kannte, der Bart kannte.

14
    Ich schickte Esmerelda eine Schachtel Pralinen, und sie ging den Index des Boston Globe für mich durch und überprüfte alles, was in den letzten drei Monaten unter dem Stichwort »Spectacle Island« angefallen war. Mich interessierte etwas in der Richt ung »Spectacle Island; Auflaufen von aufgegebenen Lastkähnen auf«.
    Esmerelda wurde fündig, und ich hätte es mir eigentlich selbst denken können. Es war der Hurrikan Alison im
    Verein mit einem extremen Hochwasser gewesen. Wenn
    es zu solchen oder ähnlichen Unbilden der Witterung
    kam, sei es ein Blizzard, sei es eine Hitzewelle, brachte der Globe immer riesenlange Artikel, »zusammengestellt aus Berichten von -«, worauf eine Liste von zwanzig Namen folgte. Die Redaktion mußte jedes Übel
    aufführen, das Massachusetts betroffen hatte, sonst riefen die Leute an, behaupteten, sie seien übergangen worden, und kündigten ihr Abonnement.
    Eingesargt in einem dieser Artikel, fand sich ein
    Abschnitt über einen alten Lastkahn, der, ohnehin zur Verschrottung bestimmt, im Stur m von Winthrop
    abgetrieben und die ganze Nacht durch den Hafen
    geschlingert war. War kein allzu großes Problem
    gewesen, weil bei diesem Wetter keine anderen
    Fahrzeuge draußen waren. Als das Verschwinden des
    Kahns bemerkt wurde, hatte er sich bereits auf Spectacle Island in den Dreck gebohrt, wohin er ausgezeichnet
    paßte.
    Dann ging eines Abends der Wecker los, und ich rief
    Debbie an und erfuhr, daß sie drei Wochen Urlaub in
    Arizona machte. Also investierte ich eine Menge Arbeit ins Projekt Lobster. Ich wollte das endlich abschließen, verdammt noch mal, und schließlich war Debbie nicht
    greifbar, und ich hatte kein Lachgas mehr und kein Geld außer für Zeitungen und ein bißchen Flippern.
    All die vergammelten Hummer mußten einer recht
    komplizierten chemischen Ana lyse unterzogen werden.
    Dafür brauchte ich Geräte, die GEA nicht hatte, also hatte ich was mit einem Labor in einer der Bostoner Unis arrangiert. Tanya, diejenige, die in Blue Kills die
    Schnüffler abgehängt hatte und die seit ihrer High-
    School- Zeit für GEA arbeitete, studierte dort in den höheren Fachsemestern. Sie half bei diversen Projekten mit, und dafür, daß wir sie »ausbildeten«, durften wir an die schlauesten Geräte ran.
    Diese Uni hatte ohnehin einen Überhang an den Dingern.
    Sie hatte soviel Liebe von seiten der großen Firmen an der Route 128 auf sich vereint, daß man hätte meinen können, sie hätte einen Pakt mit dem Teufel geschlossen, ausgehandelt von ihren gewieftesten Juristen. Die High-Tech-Firmen spuckten Unmengen von teuren Apparaten
    aus, und die Uni mußte hysterische Spendenaktionen für die Errichtung von Gebäuden veranstalten, die groß
    genug waren, um zu verhindern, daß diese Liebesgaben in den Regen kamen. Man konnte hier durch
    Kellergeschosse wandern und Analysegeräte finden, die eine halbe Million Dollar kosteten - so effizient und so auf dem neuesten Stand der Technik, daß kein Schwein sie benutzte. Als ich Zutritt zum Labor bekommen hatte, mußte ich nur noch in den Keller steigen, die
    Handbücher der Hersteller studieren, die Plastikhüllen abziehen und die Dinger kalibrieren.
    Und dann ging's los. Tanya oder ich - meistens Tanya -
    brachen die Hummer auf und suchten erst mal ihre Leber.
    Egal, ob man ein Mensch oder ein Hummer ist, die Leber filtert die Gifte aus dem Organismus heraus, und desha lb findet man dort die wirklich üblen Sachen. Wir
    überprüften sie auf eindeutige Zeichen wie Tumoren oder abgestorbenes Gewebe, und den Rest besorgten die
    fabelhaften Apparate von der Route 128. Sie maßen die Konzentration von diversen Metallen und organischen
    Schadstoffen, und wir speicherten all diese Daten.
    Außerdem standen wir viel herum, scheißnervös, weil
    Tanya mit Debbie zusammenwohnte, die inzwischen
    wieder aus dem Urlaub zurück war, und obwohl sie
    bereit war, mit mir zu arbeiten, hatte ich mir offenbar noch keine Generalabsolution verdient.
    Ende August und Anfang September malochten wir
    zwölf bis vierzehn Stunden am Tag. Ich war mit dem
    Zodiac draußen und nervte meine Freunde wegen
    Hummernachschub, und Tanya saß im Keller und
    knackte die Tiere. Die Uni war nicht weit vom Charles entfernt, also kam ich ein-, zweimal täglich mit dem Zode vorbei, Tanya kam ans Wasser, und wir nahmen die Übergabe vor.
    Ich war ein bißchen beunruhigt, als sie ausblieb, aber es wunderte mich nicht. Wahrscheinlich war

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