Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Volles Rohr

Volles Rohr

Titel: Volles Rohr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephenson Neal
Vom Netzwerk:
sie mittendrin in der Arbeit. Ich hing ungefähr eine halbe Stunde im Zode herum. Warum auch nicht? Das Wasser unter mir
    war zwar dreckig, aber ich befand mich immerhin in
    einem Park. Nur hatte ich das Warten langsam satt - ich wollte dieses Projekt abschließen, wie gesagt, und
    deshalb wollte ich schnell damit weiterkommen. Ich
    vertäute das Zodiac an einem Baum, entfernte den
    Benzinschlauch und schleppte die Kühlbox landeinwärts.
    Trottete aus dem Park und auf den Campus.
    Unser Labor lag am Ende eines Korridors, der noch nach frischer Farbe roch. Als ich mich dem Labor näherte, wurde der Geruch immer stärker. Es war der Geruch von Sprühfarbe. Und auf die brandneue Labortür war was in Kirschrot geschmiert, noch naß. Ein primitives
    Pentagramm mit dem Umlautzeichen in der Mitte,
    darunter das auf den Kopf gestellte Kreuz. Und darüber: SATAN SAGT: HALT DICH DA RAUS,
    VERDAMMT. Das Labor war dunkel.
    Ich berührte nichts. Rannte nach oben in die
    Eingangshalle und rief bei Tanya und Debbie an.
    Debbie meldete sich. Klang irgendwie angespannt,
    obwohl sie noch nicht wußte, daß ich dran war. »Ja?«
    »Leg nicht auf, das ist sozusagen dienstlich. Ist Tanya da?«
    »Die kann jetzt nicht ans Telefon kommen. Was habt ihr bloß gemacht, Mensch? Was ist mit ihr los?«
    »Das wollte ich dich auch gerade fragen.«
    »Warum benimmt sie sich so komisch?«
    »Was tut sie denn?«
    »Sie ist weinend nach Hause gekommen und gleich ins
    Bad gerannt. Ich habe gehört, wie sie sich übergeben hat, und jetzt steht sie seit fast einer halben Stunde unter der Dusche.«
    »Klingt so, als wäre sie -«
    »Nein. Sie ist nicht vergewaltigt worden.«
    »Habt ihr trotzdem die Tür abgesperrt?«
    »Da kannst du Gift drauf nehmen.«
    Ich hängte ein und rannte wieder nach unten. Wer will, kann's total behämmert finden, aber ich habe meistens Gummihandschuhe in der Tasche, weil es zu meinem Job gehört, soviel fiese Sachen anzufassen. Ich zog sie an, bevor ich etwas in diesem Keller berührte.
    Gut. Tanya war nicht so durchgedreht gewesen, daß sie vergessen hätte, die Tür abzuschließen.
    Keine Kampfspuren. Der Gaschromatograph war noch
    an. Ich roch organische Lösungsmittel, genau die Sorte, die zu unserem Leidwesen von den großen Firmen
    verwendet wird, und noch was: einen öligen, fauligen Geruch, vermischt mit dem Meeresgestank der Hummer.
    Einige von den Hummern, die mir Gallagher gegeben
    hatte, hatten so gerochen. Das war auch der Grund dafür gewesen, daß er sie mir gegegeben hatte. Sie waren groß genug zum Verkaufen, aber sie hatten zu sehr gestunken.
    Sie kamen von der Einfahrt zum Innenhafen.
    Ich sperrte die Tür zu. Nur so. Und dachte plötzlich: Moment mal. Tanya war vor einer halben Stunde
    heimgekommen. Und bis nach Hause brauchte sie
    mindestens dreißig Minuten. Also war das, was sie so aufgeregt hatte, vor einer Stunde passiert. Aber die Sprühfarbe an der Tür war wesentlich frischer.
    Ich machte die Tür wieder auf und sah mir die
    Geschichte noch mal an. Schludrige Arbeit. Die Graffiti an dem alten Kahn waren sorgfältig ausgeführt. Das hier hatte jemand auf die schnelle gemacht, mit einem Haufen Tropfen und Nasen.
    Sprühfarbe ist eine ziemliche Sauerei. Sie erfüllt die Luft mit einem Nebel, der natürlich abwärts sinkt. Auf dem weißen Boden konnte ich einen Farbniederschlag sehen, der mit wachsender Entfernung von der Tür immer
    schwächer wurde. Direkt davor standen zwei weiße
    Ovale im Rot - Schatten von den Füßen des Sprayers. Er
    - es mußte ein Mann gewesen sein, denn die Schatten
    waren zu groß für Frauenfüße - hatte spitze Schuhe
    getragen.
    Beim Weggehen hatte er etwas Farbe an die Sohlen
    gekriegt. Die Spuren zogen sich ein gutes Stück den Flur entlang. Sie waren schwach, aber sie stammten
    offensichtlich von feinen Schuhen.
    Charmant. Die Pöyzen-Böyzen-Typen ließen jetzt
    Yuppies für sich arbeiten.
    Was genauso wichtig war: Tanya hatte keine Spuren
    hinterlassen. Sie war abgehauen, bevor der Sprayer
    gekommen war.
    Ich ging ins Labor zurück. Was hatte sie in die Flucht geschlagen? Etwas, das sie bei der Analyse gesehen
    hatte?
    Was immer es gewesen sein mochte, man sah es nicht auf den ersten Blick. Keine doppelköpfigen Monster, keine Parasiten, die über den Tisch wimmelten. Und das hätte Tanya wohl auch kaltgelassen. Sie war
    Wissenschaftlerin, sie war Biochemikerin, und sie hatte einer vollständigen Aufzählung meiner
    Beziehungsverbrechen gelauscht. Nichts konnte

Weitere Kostenlose Bücher