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Volles Rohr

Volles Rohr

Titel: Volles Rohr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephenson Neal
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auf dem Flur: feine Schuhe. Die Operation konnte nicht nur von kaputten Typen durchgeführt werden. Man brauchte Kapital für
    ein PCB-Labor und ein bißchen Sachkenntnis. Irgendwo im Hintergrund mußten sich höhere, anzugtragende
    Chargen rumdrücken. Ich konnte nur vermuten, was das für Typen waren. High-Tech-Yuppies vielleicht. Leute, die was von Chemie verstanden. Oder die Mafia.
    Zu Hause setzten wir uns dann mit einem Sechserpack
    Bier an den Tisch. »Du kannst uns in zwei Punkten
    helfen«, sagte ich zu Tom. »Erstens, indem du Proben vom Grund holst.«
    »Ich dachte, das hättest du schon gemacht, Mann.«
    »Ich habe eine einzige Probe und ein paar ölige Hummer.
    Aber wenn ich den Krach schlagen möchte, den ich
    schlagen will, brauche ich mehr. Mindestens ein Dutzend Proben, besser noch vierzig bis fünfzig, damit ich zeigen kann, wie die PCBs verteilt sind.«
    »Einmal ist genug. Ich hatte in Vietnam Chlorakne, und das reicht mir.«
    »Damit komme ich zum zweiten Punkt. Du kannst als
    Zeuge für uns auftreten. Als Opfer derselben
    Vergiftung.«
    Tom zog die Stirn kraus und schüttelte den Kopf. Dann trank er sein Bier auf einen Zug aus. Das Thema, das ich da zur Sprache gebracht hatte, trieb seinen
    Alkoholkonsum schlagartig in die Höhe. »Ist nicht
    dieselbe Vergiftung, Mann. Bei mir war's Agent Orange.
    Und du redest von PCBs.«
    Für Tom und die meisten Menschen war Agent Orange
    tatsächlich etwas völlig anderes als PCBs. Aber das
    Grundproblem war das gleiche, und ich würde das in
    einer Pressemitteilung erklären müssen. Das Ganze
    wuchs sich zur Papierschlacht aus, und ich würde mehr Zeit am Schreibtisch als in meinem Zodiac verbringen müssen.
    »Erklär mir das mal«, schlug Tom vor.
    »Okay. Also, zuallererst: Das wirklich Üble an Agent Orange war nicht die Substanz selbst. Es war eine
    Verunreinigung mit Dioxin, die sich beim
    Produktionsprozeß eingeschlichen hat. Und genau das
    hattest du, eine Dioxinvergiftung. Dioxin ist eine
    Abkürzung. Die vollständige Bezeichnung ist 2,3,7,8-
    Tetrachlordibenzo-p-Dioxin. Auch unter dem Namen
    TCDD bekannt.«
    »Das sagt mir nichts, Mann.«
    »Sekunde noch. TCDD gehört zu einer Gruppe ähnlicher Verbindungen, die man als polychlorierte
    Dibenzodioxine bezeichnet.«
    »Und die sind mit den polychlorierten Biphenylen
    verwandt?«
    »Mehr oder weniger. In beiden Fällen hast du einen
    Haufen Chloratome - daher der Name >polychloriert< -
    und eine organische Struktur, an die sie angelagert sind.
    Im einen Fall handelt es sich um ein Biphenyl, im andern um ein Dibenzodioxin. Weißt du, was ein Benzolring ist?
    Hast du ein bißchen Ahnung von Chemie?«
    »Scheißwenig.«
    Ich sah mich nach sechs ähnlichen Objekten um, aus
    denen ich einen Ring bauen konnte. Mußte nicht lange suchen. Sie standen direkt vor mir. »Ein Benzolring ist ein Sechserpack aus Kohlenstoffatomen. Der
    Sechserpack wird zusammengehalten von diesem kleinen Plastikring. Der ist wie ein Benzolring. Er ist stabil. Er ist stark. Der Sechserpack bleibt zusammen. Kostet dich
    einige Mühe, eine von den Dosen rauszuziehen. Es gibt zwei Arten davon: Benzole und Phenyle. Beides
    Sechserpackringe, nur daß das Phenyl ein
    Wasserstoffatom weniger hat.«
    »Okay.«
    Ich ging in die Küche und holte einen anderen
    Sechserpack aus dem Kühlschrank. »Wenn du zwei
    Sechserpacks zusammenstellst, hast du einen
    Zwölferpack. Wenn die Sechserpacks Phenyle sind,
    nennt man das ein Biphenyl. Wenn die Sechserpacks
    Benzole sind, nennt man es ein Dibenzodioxin - weil die Verbindung zwischen den Sechserpacks durch zwei
    Sauerstoffatome hergestellt wird. Aber im wesentlichen ist es einem Biphenyl ähnlich. Also sind polychlorierte Biphenyle und polychlorierte Dibenzodioxine strukturell ähnliche Verbindungen.«
    »Und diese Sechserpackdinger sind das Giftige daran?«
    »Nein. Das Chlor.«
    »Scheiße. Das kapier' ich nicht. Dann müßtest du doch Chlorakne kriegen, wenn du in einen Swimmingpool
    steigst, oder? Der ist voll Chlor. Und Trinkwasser ist auch voll Chlor, Mann.«
    »Ja. Deshalb trinken bei GEA fünfzig Prozent der Leute Naturbrunnen. Weil sie mal was von Chlor haben läuten hören, aber keinen Dunst von Chemie haben.«
    Tom sah den Salzstreuer auf dem Tisch, lachte und ließ etwas Salz auf die Platte rieseln. »He! Natriumchlorid, stimmt's? Ist das nicht auch im Meer? Vielleicht bin ich deswegen krank geworden. War gar nicht Agent Orange, Mann, es war das Salz im Meer.«
    »Okay. Du fragst

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