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Volles Rohr

Volles Rohr

Titel: Volles Rohr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephenson Neal
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zur West
    Side und schmissen sie alle an derselben Stelle ins
    Wasser? Nein. Als ich an meinen jetzigen Job geriet, konnte ich's mir erklären. Die Matrosen spülten ihre Kondome die Toilette runter in die Kanalisation. Die meisten von unseren älteren Städten werden nach dem
    Mischverfahren entwässert - das heißt, ein Kanalnetz leitet menschliche Ausscheidungen, Regen und
    Industriedreck ab.
    So ein Kanal ist ein System von Rohren, ein künstlicher Fluß mit Nebenflüssen und einer Mündung, sprich
    Auslaß. Und ein Rohr kann - wie ein Fluß - nur
    soundsoviel aufnehmen. Dann läuft es über.
    Das passiert nicht bei Kanälen, die nur Haushalte oder Industriebetriebe entwässern, weil die Einleitungen
    konstant und vorhersagbar sind. Anders verhält es sich mit Regenabläufen. Man nehme zum Beispiel den
    heutigen Abend.
    Als ich an die Wasseroberfläche kam, pißte es. Mein
    Zode schlingerte wie verrückt in zwanzig Meter
    Entfernung. Als ich reingeklettert war, goß es wie aus Kübeln.
    Der Regen fiel über ganz Boston, strömte in die
    Kanalisation und auf den Hafen zu. Und wenn genug
    davon fiel, würden die Kanäle überlaufen.
    Nach starken Niederschlägen sprudeln manchmal wahre
    Dreckgeysire aus den Einstiegsschächten in Boston
    Mitte. Das ist ein Beispiel für den Überlauf beim
    Mischverfahren. Normalerweise hat man das unter
    Kontrolle. Die Fachleute wissen, daß so was vorkommt, und deshalb gibt es auf der ganzen Länge des Ufers
    Notauslässe. Wenn in den Kanälen zuviel abfließt, laufen die Notauslässe direkt in den Hafen und in den Charles über. Allerdings kommt aus ihnen nicht nur Regen.
    Industrie- und Hausabwässer werden ja über dasselbe
    Netz abgeführt, also kommt alles zusammen raus. Wenn es wirklich schlimm wird und nicht mal die Notauslässe genug ausspucken können, beginnen die
    Einstiegsschächte zu sprudeln.
    In der Nähe vom Castle Island Park war ein Notaus laß.
    Darum hatte ich mitten im Hafen ein Kondom gefunden.
    Am Hudson gab es wahrscheinlich auch so einen
    Notauslaß oberhalb der Kondomtauchgründe meines
    Onkels. Er hatte freilich keine Tauchausrüstung. Er
    schwamm mit offenen Augen durch die ungeklärten
    Abwässer. Er muß das Immunsystem von zehn Pferden
    gehabt haben.
    Ich tuckerte durch den Regen zum Jachtclub zurück,
    kämpfte auf dem ganzen Weg gegen große Brecher an.
    Die Sicht war bei Null. Und so war ich ziemlich
    überrascht, als ich, knapp hundert Meter von der Stelle entfernt, an der ich getaucht war, plötzlich etwas Großes, Glänzendes, Blaues vor mir hatte. Es war ein Boot, ein Rennboot. Still und dunkel lag es da. Ich hatte es kaum gesehen, als auch ich gesehen wurde, und schon gab es ein gewaltiges WWWRUMM, gefolgt von einem
    zweiten. Die Motoren wurden angeworfen, und der
    Sturm wurde überbrüllt vom Lärm von 1000 PS. Der Bug stieg empor wie ein Raumschiff, und das Boot
    verschwand in der Nacht. Keine Positionslichter. Die einzigen Beweise dafür, daß es dagewesen war, waren
    eine tosende, schäumende Bugwelle, die mich ein paar Sekunden durchbeutelte, und ein hochtouriges Dröhnen, das rasch verhallte.
    Auf dem Rückweg ging's mir dann auf: eine Cigarette, zehn Meter lang. Dieselbe, die ich zuvor im Mystic hatte dümpeln sehen. Jawohl, ich wurde beobachtet. Wie der Mann in diesem blöden Witz sagt: Bloß weil ich paranoid bin, heißt das nicht, daß nicht alle hinter mir her sind.
    Eine Sekunde lang wollte ich dem Boot nach, wollte
    feststellen, ob es irgendwelche Kennzeichen hatte. Dann wurde mir klar, warum sich die Leute die Mühe machten, hier oben im Land der Banker-Schaluppen und
    schlingernden Trawler ein hochfrisiertes Rennboot
    einzusetzen, einen Penis mobilis aus Miami. Warum sie ihm 1000 PS aufgepackt hatten, obwohl es in keiner
    Weise dafür gedacht war. Sie setzten diese Cigarette ein, weil sie das einzige Boot im Hafen war, das ich mit
    meinem Zodiac nicht einholen konnte.
    Oder anders betrachtet, das einzige Boot, vor dem ich nicht abhauen konnte. Aber das ging mir erst ein paar Stunden später auf, als ich schon im Bett lag.
    Im Jachtclub duschte ich, setzte mich dann nach draußen unter eine Markise, wartete darauf, daß Bart mich
    abholte, und beobachtete, wie der Wind die
    Regenschirme von Yuppies ruinierte. Ich war fix und fertig. Aber ich schaltete nicht ab. Wenn irgendwelche satansverehrenden Heavy-Metal-Freaks einem was antun oder einen killen wollten, wie würden sie dann vorgehen?
    Ein paar gute alte Schrotflintenschüsse

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