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Volles Rohr

Volles Rohr

Titel: Volles Rohr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephenson Neal
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Boot
    hatten, und sie schienen verdammt gut darüber informiert zu sein, wer wir waren und wo wir uns aufhielten. Also gingen wir unsere Spenderliste durch, pickten uns ein paar Jachtbesitzer raus und überzeugten sie davon, daß es unheimlich Spaß machen würde, einen Tag im Hafen
    rumzuschippern und Präsenz zu demonstrieren. Wir
    hißten die Giftpiratenflagge, bewegten Tanyas Lover mit dem schwarzen Gürtel zum Mitmachen und brachten ein
    paar Medienleute per Boot vom Castle Island Park zum Ort des Geschehens. Rebecca kam mit, ebenso der
    Hunger schiebende freie Journalist und der Reporter vom Globe.
    Wir fingen ungefähr da an, wo ich die erste Probe
    gezogen hatte, arbeiteten uns in Richtung Atlantik vor und grasten einen guten Quadratkilometer Hafengrund
    ab. Das Resultat waren 36 Erdnußbuttergläser voll
    ungeklärten Abwässern und ein saftiger Muskelkater.
    Am nächsten Tag begannen wir die Proben zu
    analysieren und bekamen Ergebnisse, die eine
    Katastrophe waren. Für mich jedenfalls. So gut wie keine PCBs. Das war unmöglich - das Gerät mußte
    kontaminiert sein -, und die Operation wurde zwei Tage auf Eis gelegt.
    Ich nahm unterdessen den
    Gaschromatographen Teil für Teil auseinander, reinigte jedes und baute sie wieder zusammen. Es war eine
    Wonne.
    Dann analysierte ich die Proben noch mal. Während der zweitägigen Reinigungsarbeiten war niemand
    dagewesen, also machte ich's jetzt allein. Spielte keine Rolle. Ich bekam genau dieselben gottverdammten
    Ergebnisse. Die PCB-Werte der Proben unterschieden
    sich in keiner Weise von denen, die man an irgendeiner x-beliebigen Stelle des Hafens messen konnte.
    Nach Süden zu, in Richtung Spectacle Island, nahm die Konzentration rapide ab - ganz und gar nicht das, was ich erwartet hatte -, und nördlich von Spectacle Island gab es überhaupt keine PCBs. Das Wasser war fast so rein wie ein unschuldiges Kindlein.
    Der Müsli-James-Bond, der Toxin-Spiderman hatte
    Scheiße gebaut. Ich hatte übertrieben auf ein paar ölige Hummer reagiert, einen Typ mit Ekzem oder weiß Gott
    was gesehen und es für Chlorakne gehalten. Dann hatte ich eine wirklich wüste Probe gezogen - oder sie falsch analysiert - und die Aktion angeleiert. Nur leider zu schnell.
    Es war kaum zu glauben, aber es mußte wohl so sein.
    Sonst gab es nur noch die Möglichkeit, daß die Täter die PCBs irgendwie abgesaugt hatten, während ich
    anderweitig beschäftigt war. Aber eine solche
    Hollywood-Breitwand-Operation hätte Millionen
    gekostet.
    Kommt vor, so was. Vom Labor aus betrachtet, sieht die Welt wesentlich komplizierter aus als auf den schlichten Blaupausen, die man im Kopf hat. Trotzdem ärgerte es mich wahnsinnig. Debbie hätte mir darüber weghelfen
    können, aber ich gab ihr keine Chance. Sauer und einsam
    - das fühlt sich einfach besser an. Nachdem ich mich also ausgeschämt, ausgehadert und ausgewütet hatte,
    versackte ich in abgrundtiefen Depressionen.
    Es war regnerisch, zu kalt für die Jahreszeit, und ich wanderte halb besoffen durch die Gegend, bis ich auf ein Hindernis stieß: eine riesige, viel zu fein angezogene Menge auf dem Marktplatz. An einem sonnigen
    Wochenende wäre das nicht ungewöhnlich gewesen, aber heute war es ein bißchen unangebracht. Dann sah ich die Transparente, die Buttons, all den billigen Glitzer und Glimmer eines Wahlkampfs und hörte die Stimme des
    Schleimers blechern aus großen Lautsprechern
    scheppern.
    Das hier draußen waren nur die kleinen Fische. Die
    großen Nummern waren drinnen, die Tonangeber von
    Massachusetts' sogenannter liberaler Politik. All die Leute, die da blähten, man sollte den Hafen
    saubermachen, bis sie entdeckten, daß Typen wie Pleshy für seine Verschmutzung verantwortlich waren.
    Dieses Spektakel war mir zu widerwärtig, also kehrte ich auf der Stelle um und ging zum Government Center. Ein paar Leute vom Secret Service beobachteten mich; einer hatte an einem Stand angehalten, um eine Brezel zu
    kaufen, und als ich an ihm vorbeikam, nickten wir uns zu.
    Von einer Telefonzelle aus rief ich den Boß an, R-
    Gespräch, und sagte ihm, daß ich um
    Gotteshimmelswillen raus müßte aus Boston, daß ich
    dringend Urlaub brauchte.
    »Du hast es verdient«, sagte er.
    »GEA hat es verdient«, sagte ich. »Ich bin schon so
    betriebsblind, daß ich Scheiße baue.«
    Zum Glück war Projekt Lobster gelaufen, und ich konnte mich von den skeptischen Fischern verabschieden. Sonst hätten sie mir das ewig unter die Nase gerieben: in ein

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