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Volles Rohr

Volles Rohr

Titel: Volles Rohr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephenson Neal
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entdeckte ihn schließlich. Gott sei Dank regnete es nicht.
    Nachdem ich unter der Austrittsöffnung eine Probe
    gezogen hatte, paddelte ich nach oben und prägte mir die Uferlinie ein. Ich mußte wissen, mit welchem Notauslaß ich es hier zu tun hatte. Er lag zwischen der University of Massachusetts, South Boston High und der Summer Street. Als ich sicher war, daß ich diesen Punkt auf meiner Karte wiederfinden würde, beschloß ich,
    Feierabend zu machen.
    Ich steuerte auf mein Zodiac zu, als ich plötzlich leise Motorengeräusche hörte. Das irritierte mich, denn beim letzten Auftauchen hatte ich keine Positionslichter
    gesehen. Irgend jemand war in der Nähe, im Nebel
    versteckt, und ich mußte annehmen, daß er sich vor mir versteckte.
    Also schwamm ich eine weite, langsame Runde, und so
    entdeckte ich die Cigarette. Sie lag ruhig da, Motor im Leerlauf, gerade so weit entfernt, daß ich sie vom Zode aus nicht sehen konnte. Aber die Leute konnten mich
    sehen, weil sie die Lichter aus hatten. Die Lichter am Zode beleuchteten nur den Nebel. Sie nicht.
    Was nun? Ich konnte versuchen, sie mir aus der Nähe
    anzuschauen. War allerdings möglich, daß ihnen das
    nicht paßte. Und wenn sie beschlossen, eine fröhliche Hatz auf mich zu veranstalten, hatte ich schlechte Karten.
    Außerdem wurde mir die Luft knapp, und ich konnte
    nicht mehr lang unter Wasser bleiben.
    Also war es das einzig Vernünftige, erst mal zum Zodiac zurückzuschwimmen. Aber genau das erwarteten sie ja
    von mir, und es macht mich rasend, wenn ich gezwungen bin, genau das zu tun, was man von mir erwartet. Pech gehabt. Wenn einem die Luft ausgeht, geht einem die
    Luft aus.
    Heimlichkeit war die beste Strategie. Ich schwamm unter Wasser zurück, tauchte auf der anderen Seite des Zode auf - konnte ja sein, daß sie Nachtgläser hatten - und begann noch im Wasser, diverse Teile der
    Taucherausrüstung abzulegen. Mein einziges
    Zugeständnis an die Paranoia war, daß ich mich von ein paar Sachen befreite. Ich ließ die leeren
    Sauerstoffflaschen auf Grund sinken, weil es
    geräuschvoll und zeitaufwendig gewesen wäre, sie ins Zode zu hieven. Der Tauchgürtel folgte. Waren sowieso nur ein paar Stücke Blei und ein Nylonriemen.
    Das Hauptproblem war, daß ich mich ins Zode wuchten
    mußte. Ich wog mehr als der ganze andere Scheiß
    zusammen. Über den Wulst kam man nicht so locker, als würde man über einen Zaun flanken. Es war eher wie ein Sumo-Ringkampf in einem Swimmingpool voll Speiseöl.
    Ich versuchte, leise zu sein, und als ich aus Versehen einen grausamen Krach machte, versuchte ich eben, es schnell über die Bühne zu bringen. Gleichzeitig hörte ich, wie die Motoren der Cigarette auf Touren kamen, wie der Gang eingelegt wurde. Ich hatte die Hosen gestrichen voll und zog am Startseil, zog mindestens dreimal wie ein Irrer, aber der Motor sprang nicht an. Dann tauchte die Cigarette wie ein Gespenst aus dem Nebel auf, und ich konnte endlich einen Blick auf die Typen an Bord werfen. Sie trugen Skibrillen. Der eine steuerte, der andere beobachtete mich durch einen unnatürlich großen Feldstecher. High-Tech-Ganoven: Sie hatten ein
    Supernachtglas. Die Augen des Fahrers blinkten
    blaßblau; Kleinhoffer oder Dietrich. Der andere setzte sein Nachtglas ab und zielte mit einer Kanone auf mich.
    Nachdem ich ein Leben lang ferngesehen hatte und ins Kino gegangen war, hatte ich mich bei Jim Grandfather mal im Pistolenschießen versucht und gemerkt, wie
    schwierig es ist, mit einer Handfeuerwaffe zu treffen. Die Typen waren auf einem kleinen Boot; ich auch. Ich
    glaubte kaum, daß sie es schaffen würden, mich mit
    einem Schuß zu erledigen. Was mich nicht daran hinderte, vor Angst fast zu sterben. Als ich die Kanone sah, fiel ich glatt auf den Arsch, und das Zode richtete sich auf. Die Cigarette sauste an mir vorbei und mußte für den zweiten Versuch wenden.
    So kam ich dazu, die kleine Überraschung zu entdecken, mit der sie mich beglückt hatten: Ein Pfeil steckte im Wulst meines Zode, zischte mich an wie eine Schlange und strahlte ein durchscheinendes bläuliches Licht ab.
    Dolmacher hatte mir irgend wann davon erzählt. Es war ein Tazer-Pfeil. Wenn ich nicht umgefallen wäre, hätte er mich ins Gesicht getroffen und seine elektrische Ladung durch mein Nervensystem gejagt. Ich wäre bewußtlos
    geworden oder hätte es mir gewünscht, und die Typen
    hätten Vollgas geben und mich mit 120
    Stundenkilometern umnieten können. Tut uns leid, Herr Wachtmeister,

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