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Volles Rohr

Volles Rohr

Titel: Volles Rohr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephenson Neal
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zurückkehrte.
    Die Jungs erkannten mich schon auf Distanz, weil ich hier der einzige Mensch bin, der sich per Zodiac
    fortbewegt, und machten nur noch halbe Fahrt, damit ich längsseits kommen konnte.
    »Großer Gott! Seid ihr durch einen Ölteppich
    geschwommen?« fragte ich, als ich dicht genug dran war.
    Vielleicht lag's am Abendlicht - jedenfalls sahen sie alle irgendwie grau aus. Sie nuschelten was Blödsinniges.
    Klang müde. Ich warf einem von ihnen meine Bugleine
    rüber, und dann halfen sie mir, an Bord zu klettern.
    Sie standen da und starrten mich an, stiller denn je, kaputt, deprimiert. Ihre Haut war so dunkel, weil sie Chlorakne hatten.
    »Ihr müßt eine Hummersuppe gegessen haben, die es in sich hatte«, murmelte ich, aber Gallagher, der Kapitän des Pestschiffs Scoundrel, hob die Hand und schnitt mir das Wort ab.
    »Hör zu, S. T. Wir haben dort keine Körbe mehr
    runtergelassen. Wir haben keinen von den öligen
    Hummern angefaßt, das schwör' ich dir.«
    Wann machte diese verdammte Geschichte endlich Sinn?
    Warum kam ich mir wie das letzte Arschloch vor? »Ihr habt bestimmt keine öligen Hummer gegessen?«
    »Nur Billy. Der Mann, den du im Fenway-Stadion
    gesehen hast.«
    »Wie geht es ihm?«
    »Gut. Ging ihm 'n paar Tage dreckig, und da hat er sich freigenommen und keine Hummer mehr gegessen.«
    Billy kam den Niedergang herauf. Er war wie neu. Ein bißchen Schorf noch von einer fast abgeheilten
    Chlorakne.
    »Aber ihr habt Hummer gegessen, die nicht ölig waren, und seid krank geworden.«
    »Ja. Deswegen sind wir auf Big Macs umgestiegen.«
    »Gut.«
    »Nee. Wird trotzdem immer schlimmer. Als ich heute
    morgen los bin, da war ich okay. Aber jetzt fühl' ich mich wie ausgekotzt.«
    »Die Hummer, die ihr gegessen habt, waren nicht
    vielleicht doch -«
    »Mann, S. T., ich erzähl' dir doch kein' Scheiß. Wir haben sie uns genau angekuckt, und sie haben nicht ölig gerochen und nicht ölig geschmeckt.«
    »Wo hattet ihr sie her?«
    »Aus 'm ganzen Hafen. Die meisten aus der Dorchester Bay.«
    Das half mir auch nicht weiter. Die Dorchester Bay
    gehörte zu South Boston. Es gab dort eine Menge
    Notauslässe, aber wenig Industrie. Sie lag fünf oder sechs Kilometer ostsüdöstlich von der Zone, auf die ich mich konzentriert hatte.
    »Habt ihr irgendwo Körbe raufgezogen, die ölig waren?«
    »Ja. Wir hatten einen bei Spectacle Island runtergelassen
    - sollte 'n Test sein. Da siehst du mal, wir werden noch Umweltschützer. Heute morgen haben wir ihn wieder
    raufgezogen. Kuck ihn dir an, S. T.«
    Ich wußte schon, daß es übel war, denn sie hatten das Ding einfach in eine Plastiktüte gepackt und am Heck abgestellt. Ich machte die Tüte auf und schaute. War kein Hummer drin, aber der Korb glänzte fettig. Das Öl war zum Teil von ihm abgetropft und hatte sich in einem
    Zipfel der Tüte gesammelt. Fettig, aber durchsichtig.
    Dieser Hummerkorb hatte ein PCB-Bad genommen.
    Das war noch übler als der Hummer, den Tanya zerlegt hatte - der hatte nur ein paar Tropfen von dem
    Teufelszeug im Leib gehabt.
    Hinter der Geschichte steckte mehr, aber ich hatte keine Ahnung, was. Jeder neue Beweis stand im Widerspruch
    zu dem davor.
    Billy hatte ölige Hummer gegessen und sich eine
    Vergiftung geholt. Dann aß er keine mehr, und es ging ihm besser. Schön. Aber der Rest der Crew hatte nie
    ölige Hummer gegessen und sich trotzdem eine
    Vergiftung geholt. Sie aßen überhaupt keine Hummer
    mehr, und es half nichts. Woher kamen dann die PCBs?
    »Ich kann mir höchstens vorstellen, daß ihr von solchen Körben PCBs abgekriegt habt - über die Haut oder über die Lunge«, sagte ich. »Ihr habt nicht zufällig versucht, was zu verbrennen, oder? Alte Körbe, alte Leinen?«
    »Warum sollten wir?«
    »Weiß ich auch nicht. Aber ich muß euch warnen: PCBs verbrennen nicht. Sie verwandeln sich bloß in Dioxin, und das verpestet dann die Luft.« Vielleicht betrieb irgend jemand in Southie eine illegale
    Giftmüllverbrennungsanlage. Keine Ahnung.
    »Aktivkohle«, sagte ich. »Kauft euch Aquariumkohle,
    mahlt sie fein und eßt sie. Macht euch Einlaufe damit.«
    Es dauerte eine Weile, bis ich die Jungs dazu bekam, mir das zu glauben. »Ihr könnt auch Briketts nehmen. Aber nicht die Sorte, die sich selbst entzündet.«
    »Schon gut, S. T. Wir sind nicht doof.«
    »Entschuldigung. Wißt ihr, wie ein Aktivkohlefilter
    funktioniert? Der Kohlenstoff bindet organische
    Moleküle - alles, was reaktio nsfähig ist. Er bindet sie lange

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