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Volles Rohr

Volles Rohr

Titel: Volles Rohr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephenson Neal
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umzubringen.
    Dann rief ich Bart wieder an. Den
    Hintergrundgeräuschen nach zu schließen, sah er sich gerade die Stooges an, während Roscommon immer noch im Keller rumhämmerte.
    »Ich komme mir vor wie ein Trottel. Warum habe ich
    keine Kanone?« fragte ich rhetorisch.
    »Keine Ahnung. Ich hab' auch keine.«
    In Wirklichkeit wußte ich genau, warum ich keine
    Kanone hatte. Weil ich dann wie ein Terrorist ausgesehen hätte. Und weil ich, verdammt noch mal, keine brauchte.
    »Hast du heute abend was vor?« fragte ich.
    »Nichts Besonderes«, sagte Bart. »Amy ist in New
    York.«
    »Dann kann es sein, daß ich dich bitte, mich die ganze Nacht durch die Gegend zu fahren. Ich werde
    zwischendurch in die Kanalisation abtauchen, und
    vielleicht werden wir von Amateurkillern verfolgt.«
    »Wie du meinst.«
    Ich zischte wieder ab, etwas langsamer jetzt, und
    bemühte mich, cool zu bleiben. Machte Pause beim MIT
    und rannte zum Büro, um den Kanaldeckelheber, einen
    Patronengurt voll Reagenzgläsern und einen Eimer am
    Seil zu holen. Dann über den Fluß und zur Uni. Ging ins Labor und analysierte die Probe, die ich vorhin unter dem Notauslaß an der Dorchester Bay gezogen hatte.
    Sie strotzte nur so von organischen Chlorverbindungen.
    Nicht bloß PCBs. Ein ganzes Sammelsurium der
    Abscheulichkeiten. Um noch mal den Vergleich mit dem Boot und den Soldaten zu bringen: Wir hatten hier
    Soldaten mit MGS, die nicht nur mit Kanonenbooten
    fuhren, sondern auch mit Surfbrettern, Zodiacs,
    Wasserskiern und alten Schläuchen. Alle Verbindungen waren polyzyklische Aromaten - Kohlenstoffatome in
    Sechserpacks, Zwölferpacks und Kästen. Über diesen
    Notauslaß wurde definitiv Dreck in den Hafen
    eingeleitet.
    Morgen würde es regnen - eine Sturmfront vom Atlantik war angesagt -, und die Siele würden überlaufen. Wenn sie irgendwelches Beweismaterial enthielten, wurde es ins Meer gespült. Also war jetzt die Zeit zur Jagd auf Vorstände gekommen. Ich rief Bart an und bat ihn, mich bei der Vogelscheiße abzuholen. Dann legte ich auf.
    Von unserem Haus auf der Brightoner Seite des Flusses ging man eine Viertelstunde bis zum Einkaufszentrum
    auf der anderen Seite. Auf dem Weg dorthin kam man
    unter einer Highwaybrücke mit großen Stahlträgern
    durch. Aus irgendeinem Grund mochten die Tauben
    diese Träger sehr gern, und der Bürgersteig darunter war mit Scheiße vollgekleckert. Solche Ortsangaben verstand nur Bart.
    Ich hatte jetzt einen angenehmen nächtlichen Törn auf dem Fluß vor mir. Der Nebel hatte sich mit dem
    auffrischenden Wind verzogen; die Luft war kühl und
    roch sauberer, als sie war. Ich konnte mich entspannen.
    Der Charles war nicht so übel wie schon mal. Von hier aus wirkte er wie die Hauptstraße der Zivilisation. Hinter mir der Beacon Hill, vor mir Harvard, auf der einen Seite das MIT, auf der anderen der Fenway Park. Nach den
    tödlichen Videospielen im Hafen war es eine Wohltat, hier Tucketucke zu machen, den Verkehr auf den
    Boulevards am Fluß zu beobachten - lauter gemütliche, normale Leute in schönen Wagen, die ihr Radio dudeln ließen -, ins Licht der Unibibliotheken zu sehen und zu hören, wie die Sox-Fans einen Punktgewinn feierten.
    Nach ein paar Minuten tauchte rechts Harvard auf,
    dunkel und alt, mit einer Neonkorona vom Harvard
    Square dahinter. Dann um eine Biegung, und plötzlich war der Charles ganz schmal, ein unbedeutendes, von
    Bäumen gesäumtes Flüßchen. An den großen Friedhöfen
    vorbei. Dann kam links das IHOP, und ich band mein
    Zodiac an einem Baum fest. Ein kurzer Fußmarsch führte mich zur Vogelscheiße, und da war er auch schon, der Transporter, ohne Licht, und von drinnen dröhnte
    Hardrock. Bart machte die Tür auf, was nett von ihm
    war, weil ich mir so nicht überlegen mußte, ob auch
    wirklich er im Wagen saß.
    »Ist dir jemand nachgefahren?«
    »Falls ja«, sagte er, »dann haben's die Leute unheimlich geschickt angestellt. Und du? Hattest du noch Ärger?«
    »Nein.«
    »He. Schau mal.« Er zog den Reißverschluß seiner
    Lederjacke auf. In seinem Gürtel steckte ein 38er-
    Revolver.
    »Wo hast du die Kanone her, Mann?«
    »Von Roscommon.«
    » Von Roscommon?«
    »Ja. Als er mal echt stinkig war, hat er mich bedroht.
    Sagte, er hätte 'ne Kanone im Wagen. Also bin ich nach deinem Anruf einfach rausgegangen, hab' die Scheibe eingeschlagen und mir das Ding geschnappt.«
    »Wunderschön, Bart.«
    Wer will, kann mich gern für einen Blödmann halten,
    aber ich fühlte mich

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