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Volles Rohr

Volles Rohr

Titel: Volles Rohr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephenson Neal
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Kampfhubschrauber hinter mir auftauchte.
    War eins von den neuen Dingern mit dem unglaublich
    schmalen Rumpf, in dem die Crew praktisch
    übereinandersaß. Einer oben, der es steuerte; einer unten, der die Bordgeschütze, Wasserbomben und Raketen
    bediente.
    Sie konnten ja wohl nicht durch diese Suppe fliegen
    wollen. Ein Wolkenbruch rauschte gerade nieder, und wir hatten irren Gegenwind. Aber ich erinnerte mich an eine Rettungsaktion im Frühling. Da waren ein paar Sowjets bei ähnlich miserablem Wetter von einem
    Stückgutfrachter geholt worden.
    Der Frachter hatte natürlich null Fahrt gemacht. Was man von mir weiß Gott nicht behaupten konnte. Ich hatte
    schon lange aufgehört, die Wellen zu durchpflügen; ich spielte jetzt Wellenreiten. Der Ablauf ist bekannt. Wenn du in einem Zodiac sitzt und in einen Zehnmeterbrecher rauschst wie den, den ich gerade vor mir hatte, geht's erst mal rauf. Und dann runter, praktisch im freien Fall.
    Sobald du im Wellental bist, drückt dich die
    Beschleunigung gegen den Boden, und schon bist du
    wieder auf dem Weg nach oben, wobei dein Magen
    irgendwo zwischen den Testikeln hängenbleib t. Wenn
    dein Boot so stabil ist, daß es all diese Fallkräfte aushält, ist es okay. Wenn nicht, wird es unter Wasser gedrückt und bricht auseinander. Das konnte mir mit dem Zodiac nicht passieren.
    Erst dachte ich, ein roter Blitz hätte eingeschlagen, aber in Wirklichkeit war es der Feuerstrom eines MGS, der ein Loch in die Welle vor mir schlug - oder über mir?
    Wenn man keinen Horizont sieht, ist so was schwer zu sagen. Man nennt das Schuß vor den Bug. Eine
    Warnung, wie man weiß.
    Aber es war zuviel der Ehre, das Ganze als Feuerstrom zu bezeichnen. Waren eher Spritzer zur Probe, mal
    hierhin, mal dorthin, so ähnlich wie meine erste
    Ejakulation. Einer von diesen Spritzern landete etwa zehn Meter hinter oder unter mir, und deshalb dachte ich, daß es vielleicht doch keine Warnung war. Sondern nur schlecht gezielt.
    Ich versuchte spaßeshalber, den Helikopter über meinen Zeigefinger anzuvisieren. Es war unmöglich. Ich
    schaukelte viel zu wild. Die Drecksäcke konnten also nicht gezielt auf mich schießen. Sie hatten keine Chance.
    Dann flog ich voll in die Luft, einer flüssigen Steilküste entgegen. Oben erfaßte mich eine gewaltige Bö und
    brachte das Zode fast zum Kentern. Von diesem
    günstigen Aussichtspunkt aus sah ich eine schwarze
    Regenwand. Und dann nur noch die nächste Welle. Sie
    war größer als die zuvor. Der Hubschrauber war ein paar Meter von mir entfernt, und ich konnte den Drecksäcken direkt in die Schutzbrillen blicken. Dann war er hoch über mir und wurde von einer Turbulenz
    durchgeschüttelt. Ich verlor ihn fast aus den Augen. Was bedeutete, daß sie mich auch aus den Augen verlieren konnten. Also versuchte ich, schräg von ihnen
    abzuhalten.
    Wäre nicht mal nötig gewesen, denn sie konnten mich
    nicht treffen. Nicht in dieser Suppe. Und so zeigte ich ihnen den Vogel und nahm Kurs auf Maine. Ich hatte
    volle Tanks, und mit denen kam ich an die hundert
    Kilometer weit. Alle Regentropfen vereinigten sich
    plötzlich zur Sturzflut. Der Hubschrauber verschwand, und ich sah ihn nicht wieder.
    Gegen Mittag ging mir das Benzin aus, knapp einen
    Kilometer vor der Küste. Zeit für meine Notration LSD.
    Ich war seit mehr als vierundzwanzig Stunden auf den Beinen, alles tat mir weh, ich hatte mir beim Reißen am Startseil fast die Arme ausgekugelt, und jetzt mußte ich mit dem Zode durch einen weiteren Wolkenbruch
    paddeln. Zum Glück waren die Wellen nicht mehr so
    hoch. Keine zwei Meter. Ich hatte das LSD in meiner
    Brieftasche, auf einem Blatt Löschpapier, auf das ich zur Tarnung eine Kartenskizze gemalt hatte. Es steckte hinter einem Foto von Debbie. Ich zog das Löschpapier raus, starrte dann das Foto an und fing an zu heulen. Ein armer ausgeschmierter, ausgestoßener Schlaffi, der im Atlantik schaukelte, naß bis aufs T-Shirt, und sich die Augen nach seiner Freundin ausweinte.
    Das ging etwa zehn Minuten. Dann schob ich ein
    Eckchen Löschpapier in den Mund, lehnte mich zurück
    und wartete. Nach zwanzig Minuten konnte ich paddeln, ohne vor Schmerz zu winseln. Nach dreißig Minuten
    spürte ich nichts mehr. Nach vierzig Minuten machte es mir fast soviel Spaß wie das letztemal mit dieser Frau im Bett, also warf ich noch ein Eckchen ein. Nach einer Stunde war ich bereit, es mit einer Cigarette
    aufzunehmen. Die Zähne taten mir weh, weil ich sie im kalten Regen zu

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