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Volles Rohr

Volles Rohr

Titel: Volles Rohr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephenson Neal
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hatte das Ganze wie Burgunder ausgesehen. Jetzt war es mehr wie Rosé. Wir näherten uns der Quelle, und die Konzentration nahm ab. Machte ums Verrecken
    keinen Sinn. Umgekehrt wäre es richtig gewesen. Mir
    wären zwar ein paar bizarre Hypothesen zur Erklärung dieses Phänomens eingefallen, aber die hätten sich
    angehört wie das Werk eines pathologischen Lügners.
    Das, liebe Freunde, war beschissen deprimierend. Als wir auf der Cochituate Avenue weiter nach Westen fuhren, zogen wir neue Proben, und die Konzentration nahm
    weiter ab. Die Schadstoffe waren immer noch da, und die Werte lagen definitiv überm gesetzlichen Limit, aber sie spielten verrückt.
    Wir machten einen Test auf der einen Seite einer
    Wohnanlage, und die Konzentration war hoch genug, um illegal zu sein. Wir machten einen Test auf der anderen Seite. Null Chlor.
    »Also leiten sie das Zeug nicht auf dem Betriebsgelände ein. Sie füllen es in Tanklastwagen. Die fahren hierher.
    Dann rollen sie die Straßen entlang und lassen den Dreck in die Gullys laufen«, vermutete ich.
    Wir fuhren sämtliche Straßen dieser gottverdammten
    Wohnanlage ab und sahen keine Tanklastwagen. Wir
    checkten sämtliche Einstiegsschächte und fanden nichts.
    »Erklär mir das, Himmelarsch!« schrie ich Bart an.
    »Oberhalb von den Häusern kein Chlor. Unterhalb Chlor.
    Wir sehen uns die Stelle an, wo die Scheiße aus den
    Häusern in die Kanalisation geht. Auch kein Chlor. Wo kommt es dann her, zum Teufel?«
    Bart starrte bloß durch die Windschutzscheibe und
    trommelte im Takt der Radiomusik aufs Lenkrad. Er war müde.
    »Schauen wir, was die Cochituate Avenue noch zu bieten hat«, sagte ich. Bart legte wortlos den Gang ein. Wir fuhren noch mal anderthalb Kilometer und kamen zu
    TechDale.
    Die Dinger kannte ich. Sie sahen so aus wie vorstädtische Wohnanlagen, hatten dasselbe irritierende Labyrinth von kurvenreichen Straßen, aber statt Häusern große,
    schachteiförmige Industriebauten und statt Rasenflächen betonierte Parkplätze. Wir hielten an und lasen die
    Firmennamen an den Gebäuden. Auf der Hälfte von
    ihnen stand das gleiche: Biotronics.
    »Ich werd' verrückt«, sagte Bart.
    »Ich bin's schon«, murme lte ich und beobachtete, wie sich der Horizont überlegte, ob er die Sonne hochlassen sollte.
    Statt um 4 Uhr morgens mit unserem ramponierten
    schwarzen Transporter samt dem Zodiac auf dem Dach
    durch diese sterile Anlage zu gondeln, fuhren wir ein paar hundert Meter weiter zu einer Tankstelle mit Cafe an der Route 9. Wir tankten den Transporter auf, füllten die Kanister des Zodiac mit 50:1-Gemisch und zahlten mit der Gold Card von GEA. Dann gingen wir nach
    drinnen und tranken Kaffee. Und weil sowieso alles
    scheißegal war, verschlangen wir ein gigantisches
    Frühstück und ließen die Jukebox ein, zwei Nummern
    plärren. Redeten nett mit unserer Bedienung, Marlene.
    Fragten sie nach dem Industriepark, und sie ratterte die Namen der Firmen runter.
    »… und dann noch Biotronics. Aber von denen sehen wir nicht viel.«
    »Warum? Was ist so anders an Biotronics? «
    »Die Sicherheitsbestimmungen. Die Leute müssen jeden Morgen duschen, wenn sie reingehen, und wenn sie
    rausgehen, noch mal. Ist also ganz schön umständlich für sie, zum Mittagessen hierherzukommen.«
    »Willst du da rein, bevor es hell wird?« fragte Bart, als Marlene verschwunden war.
    »Nein. Wenn sie uns erwischen würden, hätten wir nichts gegen sie in der Hand. Kacke! Ich kann's nicht glauben.
    Ich wollte schon meine Medienkontakte anrufen. Ist
    derselbe Mist wie mit den PCBs in den Hummern. Ich
    habe einen knallharten Beweis, dann gehe ich der Sache nach, und es zerrinnt mir wie Sand zwischen den
    Fingern.«
    »Ruf sie trotzdem an, deine Medienkontakte. Mach
    Zoff.«
    »Geht nicht. Glaubwürdigkeit, Mann. Die hab' ich mir über Jahre weg langsam aufgebaut. Wenn ich jetzt was Falsches sage, ist sie im Arsch.«
    Ich spielte mit dem Gedanken, hierzubleiben und zu
    warten, bis Dolmacher vorbeirauschte, aber das war
    zuviel Aufwand für zuwenig Be friedigung. Klar hätte ich gern sein Gesicht beim Anblick unseres Transporters
    gesehen, der in der Nähe seiner Gralfabrik stand wie der Streitwagen des Sensenmanns. Nur hatte ich nichts, mit dem ich meiner Drohung Nachdruck verleihen konnte. Es wurde Zeit, den Hintern zu lüpfen und nach Hause zu
    fahren, bevor die Rush-hour begann.

23
    Was wir auch taten. Wo Bart in Roscommons Wagen
    eingebrochen war, lag ein netter blauer

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