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Volles Rohr

Volles Rohr

Titel: Volles Rohr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephenson Neal
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um
    mich auszu … aber lassen wir das. Wir fuhren zu Kelvins Haus in Belmont, einem kleinen Vorort westlich von
    Cambridge.
    Kelvin ist schwer zu beschreiben. Wir sind zusammen
    aufs College gegangen. Sozusagen. Denn er besuchte die Kurse nur sporadisch. Ich wußte nicht mal, ob er
    eingeschrieben war. Ihm war das schnuppe, weil er nicht den Ehrgeiz hatte, einen akademischen Grad zu
    erwerben. Er interessierte sich nur für die Wissenschaft.
    Wenn ihn eine Vorlesung langweilte, ging er einfach
    raus, durchwanderte die Korridore und landete
    schließlich in den hinteren Reihen eines
    Astrophysikseminars.
    Später fand ich heraus, daß er ein Stipendium hatte, das die Verwaltung der B. U. ausgeschrieben hatte, um die Studenten anzulocken, die normalerweise Harvard oder das MIT besucht hätten. Die B. U. verzichtete auf alle Gebühren und stellte den Stipendiaten ein eigenes
    Wohnheim zur Verfügung. Das Programm war nicht
    allzu teuer, weil die Verwaltung die Stipendiaten nicht finanziell unterstützte, sondern nur kein Geld von ihnen nahm. Was nicht mal ein Verlust war, denn ohne das
    Stipendium hätten diese Studenten die B. U. sowieso
    nicht besucht.
    Kelvin ließ sich nur sehen, wenn es ihm paßte. Er stieg im ersten Jahr des Programms ein, in der Phase, in der noch ein paar Defekte im System zu beseitigen waren.
    Die Verwaltung kam zu dem Schluß, daß Kelvin zu
    diesen Defekten gehörte. Also zog sie nach dem ersten Jahr die Daumenschrauben an. Sie bestand darauf, daß er diverse Grundkurse belegte und sie mit guten Noten
    abschloß. Kelvin belegte die Grundkurse, wandte eine Wochenstunde daran und brachte sie mit strahlendem
    Erfolg hinter sich. Den Rest der Zeit saß er in
    Astrophysikseminaren.
    Im nächsten Jahr bestand die Verwaltung darauf, daß er kontinuierliche Fortschritte im Hinblick auf die
    Erlangung eines akademischen Grades vorwies. Das war Kelvins letztes Jahr an der B. U. Er stieg aus, gründete eine kleine Firma und konnte recht gut davon leben. Er wohnte mit seiner Frau, seiner Schwester und mehreren Kindern - ich wußte nie genau, welche von wem waren -
    in einem hübschen Haus in Belmont, schrieb
    anspruchsvolle Software für PCs und half mir dann und wann bei einem Problem.
    Es war kurz nach elf, als wir ankamen, und das Haus war zum größten Teil dunkel, aber wir konnten Kelvin im
    zweiten Stock in seinem Büro sehen, einer Art
    verglastem Balkon. Er hörte, wie wie vorfuhren; ich stieg aus und winkte, weil ich nicht klingeln und das Haus in Aufruhr versetzen wollte. Kelvin kam runter und machte die Tür auf.
    »S. T.«, sagte er, »das ist aber schön.« Ganz natürlich, ganz echt - wie immer. Einer seiner Köter tappte nach draußen und beschnupperte mich. Ich wollte schon durch die Tür gehen, als mir bewußt wurde, daß hier Kinder wohnten.
    »Ich weiß nicht, ob ich reinkommen soll, Kelvin. Ich bin mit genmanipulierten Bakterien infiziert.«
    Kelvin war der einzige Mensch auf der Welt, dem ich so was sagen konnte, ohne vorauszuschicken, daß wir in
    wenigen Sekunden den Bereich des Bizarren betreten
    würden.
    »Mit denen von Dolmacher?« fragte er.
    Natürlich. Dolmacher hätte - und hatte - das auch getan: sich an Kelvin gewandt.
    »Es sind Kolibakterien mit PCB- metabolisierenden
    Plasmiden, nicht?« fuhr er fort.
    »Muß wohl.«
    »Und was rieche ich da?«
    »Ich habe einen Teil davon hinten im Lieferwagen
    deponiert. In einem Eimer.«
    »Sekunde.« Kelvin ging in seine Garage und kehrte mit einem Benzinkanister zurück. Er holte den mit Scheiße gefüllten Eimer aus dem Lieferwagen, goß Benzin dazu, trat drei Meter zurück und warf ein Streichholz rein. Wir standen um den Eimer herum, beobachteten das Ganze
    ein paar Minuten und sagten nicht viel. Die Feuerwehr kam; der alte Knacker von gegenüber, der mit dem
    Alzheimer, hatte sie alarmiert: ein Zimmerbrand. Wir sagten, es handle sich um ein chemisches Experiment, und sie zogen wieder ab.
    »Ich lass' euch durch die Hintertür rein. Wir können im Keller reden«, sagte Kelvin, als der Inhalt des Eimers zu Asche verbrannt war.
    Wir gingen in seinen Kelle r, der voll von elektrischem und elektronischem Gerät war. Wir nahmen auf Hockern Platz, und ich stellte den Margarinetopf auf Kelvins Werkbank. Darüber hing eine nackte Glühbirne, die den Topf mit gelbem Licht illuminierte; der toxische
    Scheißhaufen warf einen schwachen Schatten gegen die blümchengemusterte Rundung des Dings.
    »Gut. Dolmacher hat mir auch eine Probe

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