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Vollmeisen

Vollmeisen

Titel: Vollmeisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klein Kerstin
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»wir leben nicht mehr in den Fünfzigern, trau dich doch mal was, zeig, was du hast. Ist echt heiß.«
    Cool. Wenn meine Schwester mich schon heiß fand, wie würde es dann erst Simon gehen? Ich stürzte noch einen Wodka runter, und wir machten uns auf den Weg. Zwar mussten wir den Lieferwagen nehmen, und Melindas Fahrstil ließ sich vielleicht als etwas unbeholfen beschreiben, aber das war mir alles egal. Simon, mein Engel, ich komme, dich zu retten.
    Es war kurz nach Mitternacht, als wir im Gewerbegebiet ankamen. Buuh, das war ja echt gruselig. Total finster, nur an den Ecken brannten schwache Straßenlaternen. Aber ich würde mich nicht abschrecken lassen, ich hatte eine Mission.
    Â»Ihr trefft euch vor dem Baumarkt, hast du gesagt?«, störte Melinda meine Fantasie, in der ich gerade zu Batgirl mutierte.
    Â»Baumarkt, jawoll, Baumarkt ist die Bat-Case.«
    Â»Meine Güte, kann es sein, dass du nicht viel verträgst? Du bist ja total blau. Aber egal, das kriegen wir schon hin. Pass auf, ich parke da vorne vor diesem Ein-Euro-Laden, und du gehst das Stück zum Baumarkt allein, er soll ja schließlich nicht wissen, dass ich mit von der Partie bin. Ich habe dir eine kleine Taschenlampe in deine Handtasche getan, wenn du Hilfe brauchst, blinkst du einfach dreimal, und ich komme, okay?«
    Â»Das isch okay, du bischt ’ne tolle Schwester, weissu das?«, ließ ich sie wissen und torkelte um die nächste Ecke. Ich versuchte, auf den mörderisch hohen Absätzen die Balance zu halten und mich mental auf Simon vorzubereiten. Ich war so konzentriert, dass ich das Auto, das wohl schon länger neben mir war, erst hörte, als es neben mir hielt. Darin saßen zwei knackige Kerle, die mich interessiert musterten. Ich guckte interessiert zurück – man musste sich immer alle Optionen offenhalten. Der Beifahrer ließ das Fenster herunter und winkte mich ans Auto: »Na, Hübsche, bist du auf der Suche nach einem Freund?«
    Erstaunt sah ich ihn an. Woher wusste er, dass ich Simon suchte? Ha, das war bestimmt das Codewort, die Männer gehörten zu Simon.
    Â»Und ob, ihr Süßen«, kicherte ich, »sogar nach einem ganz speziellen, wenn ihr wisst, was ich meine.«
    Â»Ich bin nicht ganz sicher«, sagte der Schnuckel, »meinst du so einen Freund, dem du einen ganz speziellen Dienst erweist?«
    Na, und ob ich das tue, ich würde schließlich nicht für jeden nachts im Gewerbegebiet rumlaufen.
    Â»O ja«, antwortete ich und musste schon wieder kichern, »das ist sehr, sehr speziell.«
    Bevor ich noch dazu kam, die beiden zu bitten, mich jetzt zu Simon zu bringen, sprangen sie fast gleichzeitig aus dem Auto, an das sie mich nicht mal eine Sekunde später schmerzhaft pressten.
    Â»Polizei!«, riefen sie. »Sie sind festgenommen wegen Prostitution im Sperrbezirk. Sie haben das Recht zu schweigen …«, und noch einiges anderes hauten sie mir um die Ohren. Ich wurde ganz schnell wieder fast nüchtern. Das durfte doch nicht wahr sein.
    Â»Bitte«, heulte ich los, »das ist ein Riesenmissverständnis. Ich bin keine Prostituierte, dafür wäre ich gar nicht geeignet, ganz bestimmt nicht.«
    Die beiden grinsten nur, lockerten aber wenigstens ihren Griff. »Ihren Ausweis, bitte.«
    Ich öffnete meine Handtasche und reichte den beiden meinen Ausweis. Da fiel mein Blick auf die Taschenlampe – Melinda. Sie könnte alles erklären. Ich riss die Lampe raus und schaffte es, zweimal zu blinken, bevor ich schon wieder ans Auto gestoßen wurde.
    Â»Was soll das denn, wen wollen Sie denn damit warnen?«
    Langsam wurde ich sauer. »Hören Sie mal, jetzt langt es aber. Das ist ein Zeichen für meine Schwester, die wartet dahinten auf mich, weil ich mich hier mit meinem Freund treffen wollte und mich allein nicht getraut habe. Ich bin doch keine Bordsteinschwalbe!« Ich blickte die beiden triumphierend an: »Sehen Sie? Da, der Lieferwagen, an dem gerade die Lichter angehen, das ist sie, und wenn Sie mir schon nicht glauben, wird Melinda Ihnen bestätigen, dass hier alles völlig harmlos ist.«
    Die beiden guckten mich irgendwie mitleidig an. »Tja, das sieht nicht so aus, oder? Es scheint eher so, als ob sich da gerade jemand aus dem Staub macht.«
    Ungläubig sah ich zu, wie sich der Lieferwagen in hohem Tempo entfernte. Das konnte sie doch nicht machen, die konnte mich doch hier nicht

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