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Vollmeisen

Vollmeisen

Titel: Vollmeisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klein Kerstin
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im Moment ist alles ein bisschen kompliziert. Dafür würde ich dich gerne sehen, wenn ich wieder hier bin, wir könnten mal ins Kino gehen, was meinst du?«
    Ins Kino … Die Lichter gehen aus, der Film fängt an, unsere Hände finden sich in der Popcornschachtel, unsere Lippen sind wie zwei Magnete, die sich immer wieder anziehen …
    Â»Bitte. Ja …«, setzte ich gerade an, als schon wieder Jürgen hereinkam und überhaupt nicht zu bemerken schien, dass er sehr, sehr störte.
    Nick verschwand mit ihm und ließ mich mitsamt meinen Fantasien allein. Wenn nicht bald wenigstens ein paar davon Wirklichkeit werden würden, konnte ich für nichts mehr garantieren.
    Meine Mutter nutzte die Chance, mich zu Hause zu haben, und schleppte mich mit in den Garten, um Unkraut zu zupfen. Ich hasste Gartenarbeit. Es war mir schon immer ein Rätsel, was daran so entspannend und kreativ sein soll. Man hockt im Dreck, die Fingernägel brechen ab, der Rücken tut weh, und unter jedem Stein wohnen Käfer und Ameisen. Da ziehe ich doch einen Wellnesstag vor. Meine Mutter störte mich in meinen Überlegungen, als sie mir ihre Gartenharke in die Seite stach und zischte »lächeln«.
    Da erblickte auch ich Frau Wolff am Gartenzaun. »Ach, Inge, wie schön, dass du auch mal Hilfe hast. Meine Töchter haben ja leider keine Zeit, mit mir mitten am Tag im Garten zu sitzen, die haben ja selbst Familie und einen Garten, um den sie sich zu kümmern haben.«
    Meine Mutter lächelte falsch zurück: »Ach ja, stimmt, deine beiden haben ja ihre Berufstätigkeit aufgegeben. Na ja, das muss natürlich jeder selbst wissen, ich jedenfalls bin froh, dass meine Alice unabhängig ist und ihr eigenes Geld verdient.«
    Das ließ Frau Wolff nicht auf sich sitzen: »Da hast du völlig recht, jeder soll sein Leben so gestalten, wie er mag. Obwohl, meine beiden ziehen es in ihrem Alter vor, in eigenen Wohnungen zu leben, aber für dich ist es ja sicher schön, deine Mädels immer um dich zu haben.«
    So ging die Giftspritzerei noch weiter, aber ich klinkte mich aus und dachte wieder mal darüber nach, wie ich an eine eigene Wohnung kommen konnte. Abends grübelte ich immer noch darüber nach, bis ich vom Klingeln meines Handys unterbrochen wurde.
    Â»Alice? Hier ist Simon. Ich habe deine SMS bekommen, aber wir müssen uns ganz dringend sehen. Kannst du heute Abend noch mal zu unserem Treffpunkt kommen? Bitte, es ist wirklich wichtig.«
    Oje. Eigentlich reichten mir meine Erfahrungen vom letzten Mal, aber trotz allem konnte ich ihm noch immer nichts abschlagen. Und irgendwie fühlte ich mich auch geehrt, dass er ausgerechnet mich um Hilfe bat, daher sagte ich, ohne lange zu überlegen, zu. Spätabends schlich ich mich aus dem Haus. Ich hatte aus meinen Fehlern gelernt: keine Pretty Woman heute Nacht, sondern nur die ganz normale Alice. Diesmal stieg ich auch nicht vorher aus dem Auto, sondern fuhr direkt vor den Baumarkt. Das hatte er doch gemeint mit »unserem Treffpunkt«, oder? Zum Glück ja, denn wieder klingelte mein Handy, und Simons Stimme flüsterte mir ins Ohr:
    Â»Siehst du das dritte Gartenhäuschen von rechts? Das mit dem Schild ›Sonderangebot, nur 999 Euro‹? Da bin ich drin.«
    Wie romantisch. Gab es da nicht so ein altes Lied, so was wie »Komm in die Laube der Liebe«? Meine ich jedenfalls. Völlig aufgeregt ging ich in die Sonderangebots-Laube – und sah endlich Simon wieder. Aber dieser Augenblick, von dem ich so lange geträumt hatte, ließ mich plötzlich völlig kalt. Irgendwas war in unserer Beziehung sehr schiefgelaufen, sonst würden jetzt, in diesem Moment, doch nicht unsere drei gemeinsamen Jahre einfach so von mir abfallen, oder?
    Â»Simon. Meine Güte, was machst du denn für einen Scheiß? Weißt du, was ich wegen dir schon alles für einen Stress hatte? Und wie siehst du überhaupt aus?«
    Ja – wie sah er überhaupt aus? Wie ein in die Jahre gekommener Gangsta aus irgendeiner Ghetto-Gang, mit Schlabberhosen und einem komischen Kapuzenpullover, auf dem »Homie« stand. Also wirklich.
    Simon kümmerte sich nicht um meine Distanz, sondern nahm mich in die Arme: »Alice, ich habe dich so vermisst. Es tut mir leid, dass ich dir wehtun musste, aber ich konnte dich einfach nicht in diesen Schlamassel mit hineinziehen! Da habe ich dich lieber belogen und dich aus

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