Vollmeisen
groÃe Augen: »Du kennst Simon? Ja, woher denn?«
»Nein«, wiegelte er ab, »ich meine, ich kenne solche Typen wie ihn. AuÃerdem weià man nicht, wie er mit diesem Belgier verbandelt und wie gefährlich der ist. Halt dich besser von Simon fern, okay?«
Ich beschloss, mich da noch nicht festzulegen, vielleicht hatte sich Simon in letzter Zeit wirklich etwas verändert, aber wir hatten uns geliebt, und daher war ich mir sicher, dass er mir niemals etwas antun würde.
»Okay, aber jetzt bin ich dran, jetzt will ich etwas wissen: Wie kommt es, dass jemand wie du in der Porno-Branche arbeitet? Du bist nicht schmierig, hast keine Glatze und bist nett zu Frauen. Nicht, dass ich mich so wirklich auskenne, aber ich stelle mir solche Porno-Leute eigentlich ganz anders vor.«
»Das ist eine lange Geschichte«, wich Nick aus, »irgendwann werd ich sie dir mal erzählen, aber nicht jetzt. Ich kann dir aber versichern, dass ich das nicht mein Leben lang machen werde.«
Na, da war ich ja beruhigt. Nicht, dass ich dazu neige, den Dingen vorzugreifen, aber wenn ich erstmal seine Frau bin, möchte ich in der Spielgruppe unserer Kinder doch einen ehrenwerten Ehemann präsentieren können.
Wir waren schon beim Nachtisch angekommen, als sein Handy klingelte. Er machte ein bedrücktes Gesicht. »Tut mir leid, SüÃe, ich muss noch was erledigen. Das nächste Mal habe ich mehr Zeit, okay?«
Es wird ein nächstes Mal geben. Nun fing das gesamte Engelsorchester zu spielen an. »Klar, kein Problem. Kannst du mich noch am Taxistand absetzen?«
Er lachte. »So eilig ist es auch wieder nicht, ich lade dich ganz bestimmt nicht an irgendeinem dunklen Taxistand ab. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass es nicht schadet, wenn man ein bisschen auf dich aufpasst. Komm, ich fahre dich nach Hause.«
Die Fahrt verbrachten wir schweigend, auch weil ich die ganze Zeit überlegte, wie wir uns verabschieden würden. Bekäme ich einen Kuss auf die Wange? Würde er mich in seine Arme reiÃen und mit seinen Küssen um den Verstand bringen? Und wie sollte ich darauf reagieren, wäre ich reserviert oder doch besser leidenschaftlich?
Als wir vor dem Haus meiner Eltern ankamen, stellten sich diese Grübeleien jedoch als überflüssig heraus. Der Garten war hell erleuchtet, und meine Mutter stand an der Pforte und polierte den Briefkasten. Um halb zwölf in der Nacht.
»Ach, Alice, an dich habe ich ja gar nicht mehr gedacht.«
Nee, ist klar.
»Ich wollte eben ins Bett, als mir einfiel, dass ich vergessen habe, den Briefkasten zu putzen. Diese Fliegen machen einen Dreck, das glaubt man ja gar nicht. Ach, und wer ist der junge Mann? Willst du uns nicht vorstellen?«
Zähneknirschend wandte ich mich an Nick, der schon wieder von einem Ohr zum anderen grinste: »Nick, das ist meine Mutter, Mama, das ist mein Chef, Nick Wegener.«
Nick stieg aus und schüttelte meiner Mutter die Hand. »Schön, Sie kennenzulernen, ich könnte mir unsere Firma gar nicht mehr ohne Ihre Tochter vorstellen, sie bringt richtig Pep in die Bude.«
»Oh«, freute sich meine Mutter, »ja, unsere Alice ist ein tüchtiges Mädchen, sie kann was.«
»Davon bin ich überzeugt«, erwiderte Nick, ohne eine Miene zu verziehen, »leider muss ich mich jetzt verabschieden, ich wünsche Ihnen noch einen schönen Abend.«
»Ja, Ihnen auch, und kommen Sie doch mal zum Abendessen, ich hätte da doch noch einige Fragen zu Aliceâ Arbeitskleidung.«
Nick versprach ihr, ganz bestimmt mal zum Essen zu kommen, und machte, dass er wegkam. Na, wenn ihn das nicht beflügelte. Eine 29-Jährige, deren Mutter ihm schon nach dem ersten Kennenlernen im Nacken sitzt, das ist es doch, was ein Mann will.
Ich funkelte meine Mutter wütend an, doch sie ignorierte das.
»Na ja, so auf den ersten Blick macht er ja einen ganz ordentlichen Eindruck, aber ich werde ihm doch mal lieber auf den Zahn fühlen. Richtig ist es nicht, dass er dich so angezogen unter die Leute geschickt hat.«
»Mama, ich bin erwachsen. Du brauchst niemandem auf den Zahn zu fühlen, okay? Ich kann für mich selbst sorgen.«
»Ach ja?«, gab meine Mutter zurück. »Kannst du das? Darum wohnst du auch mit deinen neunundzwanzig Jahren wieder bei deinen Eltern, hast einen Freund, der von der Polizei gesucht wird, und musst dich nachts, wenn anständige Leute
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