Vollmeisen
schlafen, auf der StraÃe rumtreiben, ja? Also erzähl du mir nicht, was ich zu tun habe.« Energisch stapfte sie mitsamt ihrem Putzlappen ins Haus.
Tja, darauf lieà sich im Moment nicht viel erwidern, aber ich murmelte mein Mantra vor mich hin â zwei Zimmer, Küche, Bad, groÃes Schloss an der Haustür â und ging ins Bett.
Dort lag ich noch mindestens eine Stunde wach und dachte an Nick. Obwohl wir uns erst kurz kannten, kam es mir schon viel länger vor. Und er war so toll! Wie viele Männer konnte man schon mitten in der Nacht anrufen, damit sie einen vom Polizeirevier abholten? Dazu dieses Lächeln und der Blick, den er draufhatte, wenn er mich »SüÃe« nannte. Simon hatte mich immer nur »O Mann, Alice« genannt. Mit dem Bild von Nick vor Augen schlief ich ein.
Am Montag lieh ich mir den Leihwagen meiner Mutter und fuhr vor der Arbeit noch auf dem Revier vorbei, um dieses alberne Protokoll zu unterschreiben. Denen traute ich zu, mir dafür eine schriftliche Mahnung zu schicken, und wenn ich schon wieder Kontakt mit der Polizei haben sollte, wäre meine Mutter wohl kaum wieder zu beruhigen. Als ich in die Wache kam, stieà ich an der Tür mit einem Mann zusammen â dessen Rasierwasser mir sehr bekannt vorkam.
»Nick? Was machst du denn hier?«
»Oh, äh«, stammelte er, »na, was wohl? Dasselbe wie du, oder?«
»Ach so, musstest du auch so ein Protokoll unterschreiben? Die stellen sich aber auch an, oder, machen sich doch selbst nur das Leben schwer mit ihrem ganzen Papierkram.«
»Allerdings, verstehe ich auch nicht. Tut mir leid, ich bin in Eile.« Und schon war er zur Tür raus. Seltsam. Na ja, wahrscheinlich war ihm die ganze Sache einfach furchtbar peinlich, schlieÃlich musste er quasi unterschreiben, dass er ein Perverser war. Da wäre ich auch nicht so gut auf mich zu sprechen.
Es dauerte, bis endlich jemand dieses blöde Protokoll brachte. Dafür kam in der Zwischenzeit so ziemlich jeder, der hier arbeitete, bei mir vorbei. Sie wollten wohl alle einen Blick auf die Möchtegern-Prostituierte werfen. Jedenfalls amüsierten sich die Beamten offenbar köstlich. Blödes Pack, die lebten von meinen Steuern, da konnte man ja wohl ein bisschen mehr Respekt erwarten.
In der Firma wartete schon Jürgen auf mich und hielt mich die nächsten zwei Stunden auf Trab. Wir gingen gemeinsam Abrechnungen durch, und er machte mich echt wahnsinnig. Immer, wenn ich eine davon ausgedruckt hatte und die Zettel auf dem Schreibtisch stapelte, richtete er sie Kante auf Kante aus. So kam es, dass ich den Zettel von Nick erst fand, als Jürgen weg war. Er würde erst morgen wieder in der Firma sein, teilte er mir darauf mit. Seufz. Dann musste ich mich also mit Arbeit statt mit ihm vergnügen. Immerhin hatte er noch einen Smiley auf das Papier gemalt. SüÃ. Genug zu tun war auf alle Fälle, aber müssten wir nicht mal anfangen, neue Projekte zu starten? AuÃer dem Jägerball konnte ich nichts Neues finden. Oder war das etwa auch meine Aufgabe? Ich konnte mich nicht mehr erinnern, aber möglich schien es mir schon.
Darum saà ich ab Dienstagnachmittag grübelnd vor einem leeren Computerbildschirm und versuchte, mir einen Film einfallen zu lassen. Das war aber alles andere als einfach, anscheinend fehlte mir jegliche schmutzige Fantasie. Ich brauchte Inspiration, vielleicht sollte ich in die Videothek gehen und ein paar Pornos ausleihen? Gut, mir fiel wenig ein, was mir noch peinlicher wäre, aber ohne Anschauungsunterricht kam ich hier anscheinend nicht weiter. Zum Glück hatte ich wieder das Auto meiner Mutter, sodass ich nicht auch noch in die Videothek in unserem Einkaufszentrum gehen musste, wo mich bestimmt jemand erkennen würde. Ich kurvte durch Ecken der Stadt, die ich noch nie in meinem Leben gesehen hatte, aber ich wurde fündig â es blinkte mich das Werbeschild »Filme ab einem Euro â rund um die Uhr« an. Drinnen angekommen, sah ich allerdings nicht, was ich suchte, es gab Benjamin Blümchen als Ritter , Loriot-Klassiker und jede Menge Hollywood-Blockbuster, aber keine Pornos. Alles höchst schicklich. Was blieb mir also anderes übrig, als unauffällig zum Tresen zu schleichen und leise zu raunen: »Wo gibtâs denn hier die Filme ab achtzehn?«
Die dicke Frau hinter dem Tresen starrte mich an: »Sie meinen Horrorfilme?«
»Nein«, zischte
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