Vollmeisen
reden.«
Ich wankte wieder zu meinem Bett und lieà mich darauf fallen. Krank, genau das war sie, krank, krank, krank.
»Alice«, kam es vom anderen Bett.
Ich schaute nur stumm an die Decke.
»Alice, Mensch, nun red schon mit mir.«
Ich legte mir die Hände auf die Ohren und summte vor mich hin.
»Alice!! Meine Güte, wir sind zwei Geiseln in der Hand von Verbrechern. Wir können es uns nicht leisten, jetzt nicht miteinander zu reden.«
Gut. Da war was dran. Ich nahm die Hände wieder von den Ohren und guckte sie an. »Okay. Aber ich rede nur mit dir, solange wir hier sind. Wenn oder sollte ich vielleicht lieber sagen falls wir jemals wieder hier rauskommen, dann glaube mir, dann rede ich wirklich nie wieder mit dir.«
»Ja, ja, da kann ich mit leben«, entgegnete Melinda. »Jetzt erzähl mir mal, was der Typ von dir will und vor allem, warum er mich dann gleich mitentführt hat.«
Sie bekam von mir eine Kurzfassung des Geschehenen, allerdings ohne die Details um Nick und die Spieldose. Und warum er sie auch entführt hatte, wusste ich nun wirklich nicht. Doch das sollten wir schon eine Minute später erfahren, da drehte sich nämlich ein Schlüssel im Schloss, und die Tür ging auf.
»Hallo Blondchen, hallo Schwester von Blondchen. Na, wieder wach? So, jetzt habe ich euch beide hier, und ihr bleibt so lange, bis Simon mir mein Geld gibt.«
Mein dicker Freund stand in der Tür, und er war nicht alleine gekommen â in der Hand hielt er eine sehr hässliche Pistole.
Aha. Es ging um Geld, nicht um irgendwelche Beweise. Also hatte Simon mir doch nicht die Wahrheit gesagt. Nur, das brachte mich im Moment auch nicht weiter.
»Und wo genau ist hier?«, fragte Melinda. »Wenn du glaubst, dass Simon dir irgendetwas gibt, nur weil du mich in deiner Gewalt hast, dann täuschst du dich aber gewaltig. Er kann mich nicht ausstehen.«
»Das ist mir egal«, gab Vincent zurück. »AuÃerdem, ich schlage hier zwei Fliegen mit einer Klappe. Wenn ich euch schon auf den Schultern habe, dann könnt ihr euch auch nützlich machen. âºNutzbringende Optimierung der Geiselhaltungâ¹ nenne ich das. Hab ich auch ein Referat gehalten auf dem letzten Treffen von der Familie.« Er sah uns triumphierend an. »Ihr seid hier im Seniorenstift. Das ist Eigentum von mir, und ich brauch Hilfe. Die Frauen aus dem Ort wollen hier nicht mehr arbeiten, und meine Cousine, Schwester Marita, ist nicht mehr die Jüngste, die schafft das nicht mehr allein.«
»Wir sind hier in einem Altersheim?«, fragte ich verwundert. »Und wir sollen hier helfen?«
»Nein, nein, nicht Altersheim, ist ein Seniorenstift. Und ja, ihr macht sauber die Zimmer und kocht das Essen. Pflegerinnen haben wir genug, uns fehlt nur Hauspersonal.«
Melinda lachte laut auf. »Ey, Dicker, du hast sie doch nicht mehr alle. Warum bitte schön sollten wir für dich arbeiten? Wie stellst du dir das vor, willst du den ganzen Tag mit deiner Pistole hinter uns herrennen? Da werden sich deine alten Leutchen hier aber freuen, was?«
»Du glaubst, du bist so richtig schlau, ja?«, keifte Vincent meine Schwester an. »Aber weiÃt du, ich bin schlauer. Jetzt, wo wir hier reden, sitzt ein guter Freund von mir bei deiner Mutter. Und wenn ihr versucht, wegzulaufen oder jemandem was erzählt, dann peng und tschüs Mama, wünschen dir eine schöne Beerdigung. Habt ihr verstanden? Na, was ist?«
Melinda und ich sahen uns an. Es schien so, als hätte er uns in der Hand.
»Ihr bleibt heute noch hier in dem Zimmer, Essen bringe ich später. Und morgen gehtâs los, dann ihr könnt arbeiten.« Mit diesen Worten verschwand er.
»Das ist doch wohl das Hirnverbrannteste, was ich je gehört habe«, zeterte Melinda. »Wir sind nicht nur Geiseln von dem Fettsack, sondern auch noch Zimmermädchen und Köchinnen? Wo gibt es denn so was?«
»Ja, wo gibt es denn so was«, äffte ich sie nach. »Vielleicht in einem Land, in dem Frauen ihre Schwestern verraten, nur um mal ins Fernsehen zu kommen?!«
Bald schon wurden wir wieder furchtbar müde. Wahrscheinlich hatte er uns etwas ins Essen getan, denn wir wurden erst am nächsten Morgen wieder wach. Da es bereits dämmerte, musste es so gegen fünf Uhr sein. Wir hatten beide einen Riesenhunger und fielen über die Brote, die uns wohl jemand nachts auf den Tisch gestellt
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