Vollmeisen
hatte, her. Selbst Melinda war ganz schön angekratzt, sonst vermied sie Kohlenhydrate, wo es nur ging, und Leberwurst hatte ich sie zuletzt essen sehen, da muss sie acht gewesen sein.
Kaum hatten wir uns die letzte Scheibe Brot geteilt, kam der Dicke rein. Der war ja auch schon früh auf den Beinen. Ein erster Hinweis â wir mussten hier auf dem Land sein, von wegen Aufstehen mit den Hühnern und so.
»So, ihr steht jetzt auf. Ihr kommt mit in die Küche.«
Blieb uns etwas anderes übrig? Mir fiel jedenfalls im Moment nicht das Geringste ein.
Vincent führte uns durch ein paar Kellergänge, bis wir in eine groÃe Küche kamen, die recht professionell aussah. Auf der Arbeitsplatte lagen eine Menge Zettel herum.
»So, hier ihr macht Frühstück. Auf den Zetteln steht alles, was ihr wissen müsst. Im Moment wir haben sieben Gäste hier. Und, sie sind Gäste, ja, keine Bewohner oder so was. Um halb acht baut ihr Frühstück auf, so wie auf Zetteln steht, dahinten in Frühstücksraum. Danach geht ihr in die Zimmer, müsst ihr morgens saubermachen und Betten abziehen. Vorher treffen wir uns aber nochmal hier in Küche. So gegen neun. Dann erkläre ich euch alles Weitere.«
Er ging zur Tür, drehte sich aber noch einmal zu uns um und drohte uns: »Immer schön arbeiten, ja? Nix reden mit Gästen, falls ihr doch mal welche trefft. Denkt schön an die Tupper -Lady.« Lachend ging er aus der Küche.
»O Mann, was für eine ScheiÃe«, fluchte Melinda. »Müssen wir jetzt wirklich hier arbeiten?«
»Tja, wird uns erstmal nichts anderes übrig bleiben. Aber uns wird schon was einfallen, ganz bestimmt.«
Wir zuckten mit den Schultern und entschlossen uns erstmal mitzumachen. Auf den Zetteln stand genau, wie viel Käse, Wurst, Brote und so weiter aufzubauen waren und in welchen Zimmern wir zu welcher Zeit zu putzen hatten. Es war offensichtlich vorgesehen, dass wir trotz allem so wenig Kontakt wie möglich zu den »Gästen« haben sollten.
Nachdem wir alle Tische und Stühle zurechtgerückt, Teller und Tassen verteilt, Aufschnitt und Marmelade auf den jeweiligen Plätzen bereit- und Kaffee- und Teekannen aufgestellt hatten, hasteten wir in die Küche zurück. Nun mussten wir noch Haferbrei kochen.
»Melinda?«, fragte ich ohne groÃe Hoffnung. »Hast du eine Ahnung, wie man Haferbrei macht?«
»Glaub schon. Mama hat den doch früher immer für uns gemacht, wenn wir krank waren. Ich glaube, du musst nur Milch warm machen und dann da die Haferflocken reinschütten.«
Huch. Sie war ja wirklich mal zu was nütze. Ich goss Milch in einen Topf und stellte ihn auf den Herd. Danach brauchte ich erstmal eine Pause von diesem stressigen Morgen. Während ich die Augen zumachte und tief ein- und ausatmete, hörte ich ein lautes Zischen. So ein Mist, die Milch war übergekocht. Es war eine Frechheit von Vincent, uns hier, ohne richtige Einarbeitung, das ganze Frühstück aufzuhalsen. Leider war die Milch nicht nur übergekocht, sondern auch angebrannt und fing an zu stinken.
»Mein Gott nochmal«, fauchte Melinda. »So schwer ist es ja wohl nicht, ein bisschen Milch warm zu machen. Stell dich doch nicht so blöd an.«
»Ich stell mich blöd an?«, fragte ich und baute mich vor ihr auf.
»Reg dich ab. Wärst du nicht mit dem Schleimer Simon zusammen gewesen, wäre das hier alles nicht passiert.«
Ich ging darauf gar nicht mehr ein, sondern setzte nochmal Milch auf. Diesmal blieb ich so lange am Topf stehen, bis die Milch kochte. Ich schaltete die Herdplatte aus und kippte Haferflocken in die Milch. Sah nach einer ziemlichen Pampe aus, aber egal. Ich brachte den Brei noch schnell zu dem Buffet und ging zurück in die Küche.
Vincent war schon da. »Keine Zeit für Pause. Gäste frühstücken jetzt und haben dann Aktivitäten. Ihr macht nun Zimmer, mitkommen«, forderte er uns auf und zeigte uns die Zimmer. Nun verstand ich auch die komische Anordnung unserer Schlafstätte â es waren Seniorenräume.
»Ihr macht Betten, wischt Staub, kehrt Dreck von Boden weg. Jedes Zimmer hat Bad, auch das muss blitzeblank. Und los jetzt. Hier auf dem Flur ihr findet alles fürs Saubermachen. Bis elf Uhr fertig machen, dann wieder in Küche sein.« Mit diesen Worten lieà er uns wieder allein.
»O nein«, plusterte Melinda sich auf,
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