Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vollmeisen

Vollmeisen

Titel: Vollmeisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klein Kerstin
Vom Netzwerk:
hob meine Laune ganz beträchtlich.
    Guter Dinge blätterte ich den Rest der Zeitschrift durch und trank dabei zwei Gläser Sekt. Ich wollte die Flasche gerade wieder in den Kühlschrank bringen, als ich noch auf der Treppe das Telefon hörte. Ich rief Jürgen ein »Ich geh ran« zu und hob den Hörer ab.
    Diesmal war es Susi. »Hey, Alice, tut mir leid, dass ich so spät noch störe.«
    So spät? Es war gerade mal halb neun. »Aber Anneliese hat mir erzählt, dass deine Freundin ihr bei Jacqueline helfen würde, und da hab ich mich gefragt, ob du ihr auch mal von meinem Problem erzählen könntest.«
    Â»Du meinst, das Problem mit dem Frischmilchprodukt-Vertreter?«, fragte ich.
    Â»Nein, es geht um meinen Sohn, den Bastian. Er hat in der Schule ein bisschen Ärger, sein Lehrer behauptet, er wäre aggressiv und würde die anderen Kinder ständig ärgern. Fragst du sie mal, was sie dazu meint?«
    Â»Aber natürlich, das ist doch gar kein Problem«, log ich. O Mann, ich ritt mich hier aber auch immer tiefer rein.
    Sie bedankte sich bei mir, und ich stellte schnell die Flasche Sekt in den Kühlschrank. Nicht, dass Jürgen das gute Zeug noch wegwarf, weil es nicht am richtigen Platz stand. Der machte gerade den Fernseher aus und sagte mir »Gute Nacht«. Langweiler.
    Ich blieb im Wohnzimmer und grübelte hier über Punkt 3 nach. Auf der einen Seite konnte ich Nick nicht sagen, was ich vorhatte. Aber auf der anderen Seite sollte er Simon festnehmen, sobald er mir Rede und Antwort gestanden hatte. Warum hatte ich Simon bloß zum Schützenhaus bestellt, ich Doofe? Das war viel zu weit weg von meinem Haus. Könnte ich ihn vielleicht nach unserer kleinen Besprechung zwingen, mich zu meinem Haus zu begleiten, wenn ich ein Küchenmesser dabeihätte? Nein, das würde nie funktionieren. Entweder würde er es mir aus der Hand schlagen oder einfach zu seinem Auto laufen und wegfahren. Mit einer Pistole könnte es vielleicht klappen, aber die hatte ich nicht. Und hier im Dorf lieh man sich vielleicht Milch und Kontaktlinsenreiniger aus, aber sicher keine Waffen. Da kam mir eine Idee. Leise zog ich meine Schuhe an und schlich aus dem Haus. Keine hundert Meter von meinem Häuschen entfernt befand sich der Stall von Bauer Erich. Vorsichtig öffnete ich die Stalltür und huschte hinein. Ich erwartete einen furchtbaren Gestank, aber eigentlich roch es richtig gut. Rechts und links standen Kühe und sahen mich freundlich an. Das war niedlich. Sie hatten ganz viel Platz, nur vor dem Gang in der Mitte war rechts und links ein Band gesperrt. Aber ich suchte nicht den Kuh-, sondern den Schweinestall. Also sagte ich den Kühen »Gute Nacht« und ging wieder raus. Allerdings war ich dabei nicht ganz so leise, wie ich mir das vorgestellt hatte. Das zweite Mal an diesem Tag stolperte ich, diesmal über eine Gießkanne aus Blech. Ich erwischte sie im Fallen noch mal mit dem Fuß, sodass sie laut klappernd über den ganzen Hof flog. Gerade wollte ich die Beine in die Hand nehmen und rennen, so schnell ich konnte, als auch schon die Haustür aufgerissen wurde und Bauer Erich leibhaftig in einem karierten Pyjama vor mir stand. In der Hand hielt er ein Maschinengewehr, und ich kriegte vor Schreck keine Luft mehr.
    Er senkte seine todbringende Waffe und guckte mich an. »Hey, wir kennen uns doch vom Grillen, Sie sind Alice. Was machen Sie denn in meinem Kuhstall?«
    Â»Oh, bitte, entschuldigen Sie vielmals, es tut mir so leid. Wissen Sie, ich bin doch mit meinem Bekannten in diesem Malkurs, erinnern Sie sich? Und unsere neue Aufgabe ist es, ein Tier zu malen. Da habe ich mir gedacht, ich störe ja niemanden, wenn ich nur mal schnell in Ihren Stall laufe und mir eine Kuh genauer anschaue, so von Mensch zu Tier, verstehen Sie?«
    Â»Ach ja, Anneliese hat mir erzählt, dass Sie eine Künstlerin sind. Aber fragen Sie mich das nächste Mal doch einfach, ja? Vor einigen Jahren gab es hier in der Gegend Viehdiebe, die nie geschnappt wurden, und seitdem habe ich meine Schrotflinte immer griffbereit.«
    Schrotflinte, Maschinengewehr, so groß war der Unterschied ja wohl nicht.
    Â»Also, könnte ich Sie dann vielleicht jetzt gleich fragen? Es ist so, die Kühe haben mich nicht inspiriert, ich glaube, ich möchte lieber ein Schwein malen.«
    Â»Kommen Sie morgen früh einfach rüber, wenn wir füttern, dann

Weitere Kostenlose Bücher