Vollmondfieber: Roman (German Edition)

Narr, nicht daran zu denken, dass so etwas passieren könnte. Sein Bedauern durchströmte mich. Das wird mir bis zu meinem Lebensende leidtun. Aber ich verspreche, ich mache es wieder gut. Ich schwöre es bei meinem Leben!
    Das Herz pochte mir wie wild in der Brust. Ich wollte bei meinem Rudel sein, wollte den Kummer meines Vaters lindern. Ich kann sofort hier weg und versuchen, euch im Wald zu treffen. Ich kann versuchen, in meiner Wolfsform einen Weg fort von hier zu finden. Vielleicht kann Rourke mich auch führen, wenn er dazu bereit ist.
    Mein Vater stutzte. Hat Rourke dir irgendetwas erzählt? Hat er dir gesagt, wer ihn geschickt hat? Oder warum?
    Nein, er hat nur angedeutet, derjenige wäre sehr interessiert an mir.
    Jessica, du darfst ihm nicht trauen! Er ist ein großer Krieger, einer der Besten, die mir je begegnet sind. Ich werde tief in seiner Schuld stehen, weil er dich fortgebracht hat. Aber er ist keiner von uns. Er gehört nicht zum Rudel. Und wenn er dich in eine Falle gelockt hat, als er dich dorthin gebracht hat   … ist er ein toter Mann!
    Der Gedanke an Rourke schnürte mir den Hals zu. Ich konnte nicht atmen.
    Jessica, hast du mich gehört?
    Ich schüttelte mich. Ja, ich habe dich gehört. Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, ihm zu erklären, was zwischen Rourke und mir vorgefallen war. Das würde warten müssen. Ich glaube nicht, dass mir von Rourke derzeit Gefahr droht, sagte ich vorsichtig. Er war so ehrlich zu mir, wie er sein konnte. Aber wenn ich mich zurückgewandelt habe, versuche ich, mehr Informationen aus ihm herauszuholen. Vielleicht ist er jetzt bereit, mir mehr zu erzählen.
    Jessica, ich glaube, wir sind nahe an der Stelle, an der ihr in die Berge seid. Tyler liest die Karte, während wir uns unterhalten. Die Ozarks sind nur noch gut zwanzig Fahrminuten von uns entfernt. Wenn ihr den ganzen Tag geklettert seid, können wir es in einem Bruchteil der Zeit schaffen. Wir haben eure Fährte. Wir werden euch schnell finden.
    Ich kann wieder meine Wolfsform annehmen, wenn ich mit Rourke gesprochen habe. Ich kann in einer Stunde fertig sein und auf euch warten. Das dürfte euch genug Zeit geben, meine Spur aufzunehmen.
    Gefühle legten sich wie eine schwere Last auf meinen Blutfluss. Es gab etwas, das mein Vater mir nicht erzählen wollte, und es lastete schwer auf ihm. Dann sagte er: Jessica, die Southern-Faktion ist vor uns. Wir haben etwas Zeit gebraucht, um unsere Wölfe zusammenzurufen. Es besteht die Möglichkeit   … Sie werden vor uns bei dir sein.
    Aber sie wissen nicht, wo sie hinmüssen, du schon, erwiderte ich mit einer Zuversicht, die im Widerspruch zu meinen Gefühlen stand.
    Das spielt keine Rolle. Wenn sie mit einer anderen Gruppe Übernatürlicher zusammenarbeiten, haben sie möglicherweise Informationen, die wir nicht haben. Und sie kennen deinen Geruch. Sie könnten mit jedem paktieren: Hexen, Dämonen oder irgendeine andere dieser gottverdammten Gemeinden, vermutlich dieselbe, die die Katze angeheuert hat! Eine Reihe wütender Flüche holperte durch mein Bewusstsein. Du musst dich bewaffnen. Sofort! Wandle dich zurück, und bring dich in Sicherheit! Bleib nicht da draußen! Geh irgendwohin, wo dich niemand vermutet! Bleib in Bewegung! Wir finden dich schon.
    Ich bin auf dem Rückweg. Wir verschwinden, sobald ich mich zurückgewandelt habe.
    Wenn wir dir näher sind, dürfte deine Verbindung zu deinem Bruder wieder funktionieren. Such dir einfach einen sicheren Ort! Mein Körper prickelte, der mit Blut besiegelte Befehl brannte in meinen Adern und verfestigte sich in meinem Verstand.
    Ich verschwinde. Wir sehen uns bald , sagte ich.
    Ich liebe dich, Jessica.
    Ich liebe dich auch.
    Ich sprang von dem Felsen. Okay, jetzt bist du dran. Ich übertrug die Kontrolle meiner Wölfin, die sofort losrannte, immer schneller wurde und uns in hohem Tempo durch den Wald lotste. Eswar belebend – ein Gefühl von großer Reinheit, Freiheit. Nie zuvor hatte ich so etwas erlebt. Zum ersten Mal seit meiner Wandlung fühlte ich mich wie das Tier, zu dem ich geworden war, und das war herrlich.
    Geschickt sprang meine Wölfin über Hindernisse oder schlüpfte unter ihnen hindurch, als wäre sie ein Teil der Natur, die uns umgab. Unterwegs schaffte sie es sogar noch, uns etwas zu essen zu erhaschen, obwohl sie nicht die Absicht hatte, Zeit für die Jagd zu verlieren. Nie im Leben hätte ich gedacht, dass ich den Geschmack von Eichhörnchen genießen könnte, aber es war tatsächlich