Vollmondfieber: Roman (German Edition)
Freiraum. »Katzen und Hunde sind doch keine Spielkameraden! Wenn das wirklich real ist, dann spielt uns das Universum irgendeinen grausamen Streich!«
»Das ist kein Streich«, widersprach Rourke mir und trat einen Schritt auf mich zu. »Als ich dich das erste Mal gesehen habe, Jessica, als du in dieser Bar auf mich zugekommen bist, so selbstsicher und eigenwillig, hätte ich dich am liebsten über den Barhocker gelegt und gleich an Ort und Stelle genommen. Aber das habe ich als die gewöhnliche männliche Reaktion auf eine schöne Frau abgetan. Mehr habe ich darin nicht gesehen.« In seinen Augen brannte immer noch ein wildes Feuer; sie erglühten in herrlichem Grün. »Als mir dann klar wurde, dass du mir keine Falle gestellt hast und ernsthaft in Schwierigkeiten warst … Das Tier in mir ist völlig ausgeflippt und wollte dich nur da weg- und außer Gefahr bringen. Es ist mir schwergefallen, seine Impulse zu kontrollieren, und das hat mich wütend gemacht. So etwas ist mir noch nie zuvor passiert. Wie es scheint, habe ich mein Tier, während du in meiner Nähe warst, die ganze Zeit weggestoßen und mit ihm gehadert. Aber es hat nicht aufgehört, mich zu bedrängen, gegen mich anzukämpfen, bis gerade eben. Als du mich provoziert hast, da habe ich nachgegeben und es zugelassen.«
»Und was war das?«, fragte ich vorsichtig.
»Dich zu kosten.«
Ich wusste tief in meinem Herzen, dass er die Wahrheit sagte. Ich hatte ebenso hart gegen meine Wölfin angekämpft. Aber dadurch war es nicht leichter zu schlucken. Rourke war ganz anders, als die Wölfe glaubten. Aber dafür war ich nicht bereit. Ich war gerade erst zur Wölfin geworden – und sollte schon einen Gefährten haben? Das war zu viel, zu irrsinnig viel. »Ich kann nicht denken! Das alles ergibt keinen Sinn.« Ich legte eine Hand an die Stirn. »Warum wir? Warum jetzt? Manche brauchen tausend Jahre, um einen wahren Gefährten zu finden.« Ich wandte mich ab. »Ich brauche frische Luft.« Ehe er noch etwas sagen konnte, war ich zur Tür hinaus und warf sie hinter mir ins Schloss.
Meine Wölfin schwieg zur Abwechslung einmal. Aber sie musterte mich mit schief gelegtem Kopf, als wollte sie mir eineFrage stellen. Ich kann darüber nicht mit dir reden. Ich weiß, wo du stehst: Du warst in jeder Hinsicht mehr als deutlich. Du akzeptierst ihn, das ist mir klar. Aber ich kann mich damit jetzt nicht befassen. Ich habe seinen Geruch immer noch in der Nase, konnte ihn auf der Zunge schmecken. Es macht mich wahnsinnig! Sogar jetzt sehne ich mich nach ihm. Heilige Scheiße, ich hatte einen Gefährten! Und der war eine Katze!
Blindlings rannte ich in den Wald hinein.
KAPITEL ZWANZIG
I ch folgte einem ausgetretenen Trampelpfad, der von der Hütte weg- und geradewegs zu einer Gruppe dicht beieinanderstehender Kiefern führte. Ich musste den Kopf einziehen und die unteren Äste zur Seite biegen, um durchzukommen.
Der Kiefernhain umgab eine kleine Lichtung. Der grasbewachsene Boden war so perfekt, so grün – es sah aus wie ein frisch gemähter Rasen. Aber das war undenkbar. Rourke kam bestimmt nicht hier herauf, um Rasen zu mähen.
Ich trat in die Mitte der Lichtung und blickte zu den Baumwipfeln empor. Es war ein berückender Anblick: eine wunderschöne Waldkathedrale, erbaut aus schwingenden Ästen, mit einem Dach von reinstem Blau. Und am Himmelsrand wich das Blau dem Orange der untergehenden Sonne.
Wir müssen etwas tun , sagte ich zu meiner Wölfin. Ich muss meinen Kopf von all dem befreien. Sie tat, als wollte sie sich auf den Boden legen, und bellte. Willst du dich wandeln? Sie jaulte. Was, wenn ich mich gar nicht vollständig wandeln kann? Sie schnappte in die Luft und zuckte mit der Schnauze. Das ist keine dumme Frage! Wir haben diese Lykaner-Sache gemacht, und ich habe keine Ahnung, wie das vor sich ging oder wie ich es wiederholen könnte. Sie wandte sich ab, als ginge sie das alles gar nichts an. Was, wenn ich mich als Wölfin nicht kontrollieren kann? Ich bin nicht bereit, das zu wiederholen, was passiert ist, als wir das letzte Mal ganz unsere wahre Gestalt angenommen haben! Meine Wölfin wandte sich zu mir, und ihre Augen wirkten überaus klar, als sie eine Pfote an die trübe Barriere legte, die in meinem Bewusstsein zwischen unsstand. Als wir gegen den Einzelgänger gekämpft hatten, hatte ich diese Barriere vorübergehend fallen lassen. Aber sie war immer noch existent. Meine Wölfin wollte mir sagen, dass die Barriere immer noch standhalte,
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