Vollmondfieber: Roman (German Edition)
aus meinen Gedanken. Ich konnte mir nicht leisten, mich damit auseinanderzusetzen. Denn meine oberste Priorität bestand nach wie vor darin, alles seinen gewohnten Gang gehen zu lassen. Wenn erst wieder Normalität eingekehrt wäre – wahnwitzigerweise hoffte ich das immernoch –, würde ich mir gestatten, mir so viel Zeit wie nötig zu nehmen, um mich mit all dem vertraut zu machen. Das schuldete ich mir.
Ich stand auf und streckte mich. Es war nach fünf, und ich musste noch ein paar Dinge erledigen, ehe Nick und ich den liebenswerten Drake Jensen besuchen würden. Ich wollte die Sache hinter uns gebracht wissen und gierte geradezu danach, dass er in dieser Nacht zur Tat schritte.
»Und? Hast du schon mit dem Sahneschnittchen gesprochen?«, fragte Marcy unverblümt, als ich auf dem Weg nach draußen an ihrem Schreibtisch vorbeikam.
»Habe ich. Und er hört sich verdammt sahnig an. Ich treffe ihn morgen Abend um acht, um über den Fall zu sprechen.«
»Okay, ich notiere es.« Ich sah, wie sie für den nächsten Abend im Kalender ganz schlicht ein Herz eintrug. Elende Besserwisserin! »Und nur dass du es weißt, ich habe bei ihm ein wirklich gutes Gefühl«, sagte sie mit einem anzüglichen Zwinkern.
»Das sagst du bei jedem.« Ich verdrehte die Augen. »Du verlierst allmählich deine Glaubwürdigkeit. Außerdem weißt du, dass ich nie privat mit Klienten ausgehe. Das widerspricht meinem Arbeitsethos.«
»Wenn der Auftrag erledigt ist, dann ist er nicht mehr dein Klient. Voilà!«, entgegnete Marcy. »Außerdem muss ich ja irgendwann einmal recht behalten. Ich habe hexenhafte Instinkte, schon vergessen?«
Ich kicherte. »Wenn Nick anruft, sag ihm, ich hole ihn um halb sieben ab!« Er war den ganzen Tag unterwegs gewesen, was nicht ungewöhnlich war. Wir waren beide häufig außer Haus. In seinem derzeitigen Fall war er damit beschäftigt, einen geheimnisvollen Graffitikünstler zu suchen, dessen Kunst jeden, der ihr zu nahe kam, im wahrsten Sinne des Wortes fesselte. Das war keine leichte Aufgabe.
»Ich richte es ihm aus«, erwiderte Marcy.
Ich ging zur Tür.
»Und, Jess?«
»Jep?« Ich drehte mich um.
»Ich bin wirklich froh, dass du wieder da bist.«
»Auch ich bin froh, dass ich wieder da bin.« Ich lächelte.
»Bilde dir nur nicht zu viel darauf ein!«
KAPITEL SIEBEN
I ch schloss die Wagentür, und ein leises Ping schwebte durch meinen Kopf, gefolgt von der Stimme meines Bruders. Schon auf dem Heimweg?
Jep, aber ich muss in ein paar Stunden in einem anderen Fall mit Nick los. Dürfte keine große Sache werden. Nur eine Observierung. Bist du in der Nähe?
Ich bin ein paar Blocks entfernt. Von hier aus kann ich deinen Wagen sehen. Bisher ist es an allen Fronten ruhig geblieben.
Das ist eine Erleichterung. Ich schaute zum Fenster raus und die Straße hinunter. Ich konnte weder Tyler noch seinen ganz und gar nicht dezenten, leuchtend roten Mustang irgendwo entdecken. Aber das bedeutete nicht, dass er mich nicht sehen konnte. Ich weiß nicht recht, womit eigentlich zu rechnen ist. Aber nichts davon hört sich in meinen Ohren sonderlich erstrebenswert an.
Nick ist heute Nacht für deinen Schutz zuständig. Also gib mir Bescheid, solltet ihr zwei euch trennen müssen!
Okay. Hast du irgendwelche Neuigkeiten aus dem Norden? Ich hoffte, die Wölfe im Habitat hätten sich über Nacht einfach beruhigt.
Nein, nichts Besonderes. Dad lässt immer noch niemanden raus. Heute wird es deshalb mehrere Besprechungen geben. Ich glaube nicht, dass sie uns abkaufen, dass du noch die Alte bist, und Hank hat Randale gemacht und jede Menge Müll über dich erzählt, wie üblich.
Scheiße. Das ist nicht gut. Tja, und zu allem Überfluss ist Ray Hart der zuständige Detective für meinen Fall.
Das Arschloch, das dir bei der Polizei so viel Ärger gemacht hat?
G enau der Kerl, ja. Und er hat mein Sedativum gefunden. Es wird gerade jetzt im Labor untersucht. Er glaubt, es wäre höchst illegal, und er hofft, er könnte mich damit festnageln.
Wir hätten uns schon vor Jahren um ihn kümmern sollen.
Leute umzubringen, ist nicht in jedem Fall die perfekte Reaktion. Dad glaubt nicht, dass das Sedativum ein Problem wird. Er hat schon Doc darauf angesetzt. Sie werden sich eine plausible Erklärung einfallen lassen. Außerdem habe ich Ray erzählt, ich wäre nicht zu Hause gewesen, weil ich mit meinem neuen Freund James beim Campen war.
Halb schnaubte, halb hustete Tyler.
Ja, und um dem Ganzen die Krone aufzusetzen,
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