Vollmondfieber: Roman (German Edition)
Stadt verlieren, weil ich zu knauserig bin, um deine umfassenden Talente ordnungsgemäß zu würdigen. Und dazu zählt auch die Gefälligkeit, die du uns gestern Nacht erwiesen hast. Guter Trick, das mit dem Geruch. Hat hervorragend funktioniert.« Hexen ließen sich ihre Basteleien fürstlich entlohnen. Gratis gab es gar nichts. Und das wussten wir beide. »Das kannst du unter ›dem Boss den Arsch retten‹ oder ›fantastische Zauberei unter extremem Druck‹ ablegen, ganz wie es dir gefällt.« Leise lachend ging ich den Korridor hinunter.
»Ich habe nur meinen Job gemacht«, hörte ich sie hinter mir murmeln.
»Ich kann dich hören.«
»Verdammtes Werwolfsgehör!«
Ich grinste immer noch, als ich mein Büro betrat. Marcy würde mein Geheimnis mit ins Grab nehmen. Nach dem, was sie für mich und meine Wohnung getan hatte, hatte es keinen Sinn, sozu tun, als wäre das nicht passiert. Es versetzte mir einen kleinen Stich, dass Marcy, weil sie mein Geheimnis kannte, nun auch in diese ganze Geschichte verwickelt war. Aber ich kannte diese spezielle Hexe gut genug, um zu wissen, dass sie es nicht anders hätte haben wollen. Wahrscheinlich würde sie mich erwürgen, sollte sie herausfinden, dass ich eine derart große Sache vor ihr verborgen hätte. Wir mussten uns nicht weiter darüber unterhalten. Sie war eine kluge Frau und wusste, was auf dem Spiel stand.
Mein Büro war klein und ausgestattet mit dem höchst gewöhnlichen Mobiliar der Vorbesitzer. Weiter den Korridor hinunter gab es einen Besprechungsraum mit einem großen Tisch, an dem größere Gruppen Platz finden konnten. Meistens jedoch trafen wir unsere Klienten an einem geeigneten Ort ihrer Wahl. Was uns, neben der Unauffälligkeit, am meisten für diese Büroräume eingenommen hatte, waren die großen Fenster.
Noch im Hinsetzen nahm ich mit der einen Hand die dicke Akte vom Stapel auf meinem Schreibtisch, schob gleichzeitig meine Handtasche mit dem Fuß zur Seite und legte mit der anderen Hand Marcys Notizen weg, um sie später durchzusehen. Wieder an die Arbeit gehen zu können, war ein Geschenk des Himmels. Dafür zu sorgen, dass mein Kopf anderweitig beschäftigt war, war der Schlüssel dazu, meine geistige Gesundheit zu bewahren.
Ich schlug die Akte auf. Der Kobold, den wir in der Nacht meiner Wandlung verfolgt hatten, Drake Jensen, war ein siebenundvierzigjähriger, zwielichtiger Schleimscheißer. Es sah ganz so aus, als wäre er in den letzten paar Nächten ziemlich aktiv gewesen.
Ich überflog die Hintergrundinformationen zu Drake. Bisher hatte ich davon noch nichts zu sehen bekommen. Denn Drake war eine neue Zielperson, und es hatte etwas Zeit erfordert, diesen Bericht zusammenzustellen. Ein Kobold stand auf dem Totempfahl der Dämonen auf der untersten Stufe. Was bedeutete, dass er stärker war als ein Mensch, man ihn aber durchausstellen konnte. Von Natur aus war ein Kobold halb Dämon, halb Mensch. Das dämonische Erbe stammte üblicherweise vom Vater. Männliche Dämonen waren bekannt dafür, von Zeit zu Zeit ein Techtelmechtel mit menschlichen Partnerinnen anzufangen. Weibliche Dämonen waren selten und lebten eher zurückgezogen.
Drake, so schien es, vergnügte sich vorzugsweise mit Sex und Furcht, was für bestimmte Arten von Kobolden aus der Familie der Sexdämonen nicht ungewöhnlich war. Das nährte sie auf die gleiche Art, wie Essen den Rest von uns nährt. Aber statt sich auf Erwachsene zu beschränken, hatte Drake junge, unschuldige Menschen als Opfer ausgewählt, weswegen »Schleimscheißer« in seinem Falle noch ein Kompliment war.
Erst vor Kurzem war er aus dem Gefängnis gekommen, nachdem er eine Strafe wegen Aufforderung zur Unzucht mit Minderjährigen abgesessen hatte. Aber schon jetzt ging er wieder seinen schmutzigen alten Gewohnheiten nach.
Wir hatten nicht wenige Fälle, die Kobolde betrafen, weil es typisch für diese Kreaturen war, Ärger zu machen. Sie gehörten zu den wenigen übernatürlichen Gemeinden, deren Mitgliedern es gleich war, ob sie geschnappt wurden. Ein Kobold verfügt über spezielle Fähigkeiten, deren Art von seiner dämonischen Abstammung abhängt. Aber alle besitzen typischerweise nur geringe magische Kräfte. Denn Dämonenmagie entstammt dem Blut, und Menschenblut war im Vergleich extrem dünn. Es war, als würde man einen Schuss Wodka in eine Gallone Wasser kippen. So verdünnt wird es schwer, sich damit zu betrinken.
Drakes Fähigkeiten waren uns noch immer nicht bekannt. Wirklich schade,
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