Vollmondfieber: Roman (German Edition)
Auge makellos aus. Der Geruch nach Blut und Werwölfen hing immer noch in der Luft. Aber für menschliche Sinne würde alles normal aussehen und riechen.
Tyler war unterwegs, um die Leiche verschwinden zu lassen, und Danny, um die Sicherheitsmaßnahmen rund um das Haus zu verstärken. Nick hatte, als er ging, mein blutiges Kleiderbündel samt den Schuhen mitgenommen, vermutlich um alles zu verbrennen. Außerdem hatte er mit Hilfe des Werkzeugs, das ich für Notfälle bereithielt, meine Wohnungstür wieder gerichtet. Sie würde keinem ernsten Angriff standhalten. Aber in der heutigen Nacht wäre ein großer Wolf bei mir, der mir helfen würde, Ruhe und Ordnung einkehren zu lassen.
Mein Vater hatte James angewiesen, bei mir zu bleiben, was mir nur recht war. Ich wusste wirklich nicht, ob ich physisch imstande wäre, damit klarzukommen, sollte heute Nacht noch etwas passieren. Ein bisschen Gesellschaft war durchaus angenehm.
»Gib mir das!«, meinte James, schnappte sich den Eimer samt der Lumpen, die ich zum Putzen benutzt hatte, und brachte alles raus auf den Balkon.
Ich lehnte den Kopf an die Ziegelmauer und fuhr mir mit den Händen durchs Haar. Es war ein langer Tag gewesen. Der längste Tag in meinem ganzen Leben.
James kehrte mit leeren Händen zurück. Er war beinahe noch genauso gekleidet wie gestern, schwarzes T-Shirt und ausgewaschene graue Cargohose. Eigentlich hatte ich ihn noch nie in etwas anderem gesehen. Beide Kleidungsstücke spannten sich eng um seinen Körper, was ihn besonders muskulös erscheinen ließ. James hatte keine Vorstellung davon, wie gut er aussah.
Die Ohren meiner Wölfin zuckten hoch, und ich wandelte mich ein wenig.
James stockte mitten im Schritt, und sein Blick schoss zu meinen Augen hinauf.
Ohne dass ich es beabsichtigt hätte, hielt ich den Atem an und erwiderte den starren Blick. Da, gleich unter der Oberfläche, tanzte ein Hauch von Gelb in seiner Iris.
Hmm.
Wenn Wölfe kämpfen, sind sie vollgepumpt mit Adrenalin, genauso wie ich es jetzt war. Nach einem kampfbedingt hohen Ausstoß, gefördert durch all die Anstrengung und Aufregung, rannten sie oft stundenlang, um Körper und Geist wieder ins Gleichgewicht zu bringen.
Manchmal hatten sie einfach Sex.
Ich senkte den Blick und fummelte am Saum des Trägerhemds herum, das ich mir übergezogen hatte. »Da wären wir also«, sagte ich leise.
James knurrte nur.
Meine Haut kribbelte. Stürmisch und heiß brach sich Begierde Bahn. Meine Wölfin ließ ein gequältes Heulen erklingen, das in ein wildes Gebell überging, als in mir ein Damm brach. Plötzlich war mein Körper ein einziger Schmerz. Mit den Fingerspitzen krallte ich mich an der Wand fest, sonst wäre ich glatt an ihr zusammengesackt. Wollust bedrängte mich. Sexuelles Verlangen zerrte an jeder Muskelfaser, jeder Nervenbahn.
James blieb, wo er war, und wartete.
Ich wagte nicht, ihn noch einmal anzusehen. Ich wusste, seine Augen würden glühen.
Meine Wölfin winselte. Sie wollte. Daran bestand kein Zweifel.
Aber wollte ich auch?
Ich wusste, Lust auf Sex gehörte zu den Merkmalen der Neugeborenen. In Anbetracht der chaotischen Ereignisse am heutigen Abend bedurfte es keines besonderen Auslösers mehr. Ich gierte nach sexueller Befriedigung; es wäre eine Erleichterung gewesen. Ich wusste, Wölfe hatten viel Sex. Sie sahen das nicht so wie Menschen. Es war etwas Notwendiges. Ein Grundbedürfnis. Emotionale Bande waren dafür nicht nötig.
Aber ich war nicht als Wölfin aufgewachsen, ich war als Mensch aufgewachsen.
Hör auf damit, Isebel , wies ich meine Wölfin an. Ich bin nicht sicher, ob ich das tun kann – Korrektur: ob wir das tun können. Ich b in nicht daran interessiert, als nuttige Werwölfin zu enden, ganz gleich, wie gut sich das im Moment anfühlt. Als einziges Weibchen unter all den Wölfen müssen wir auf uns aufpassen. Und James ist nicht unser Gefährte.
Keine Ahnung, woher ich das so sicher wusste. Denn der Mann hätte die Rolle ganz sicher ausgefüllt, daran bestand kein Zweifel. Aber James gehörte nicht uns. Es hieß immer, den richtigen Gefährten zu finden, sei ein großes Glück und äußerst selten. Das bedeutete nicht, dass James und ich nicht miteinander schlafen konnten. Es bedeutete nur, dass die Chance, dass wir auf Dauer ein Paar würden, verschwindend gering bis nicht vorhanden war.
Meine Wölfin schnaubte enttäuscht und erzeugte in meinem Verstand das Bild eines Alphawolfs, der seine Wahl unter den Wölfinnen traf.
Wir
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