Vollmondfieber: Roman (German Edition)
bahnten uns einen Weg in mein Schlafzimmer, krochen gemeinsam nackt und zufrieden ins Bett und umschlangen einander, um Wärme und Behaglichkeit zu teilen.
Keiner von uns rührte bis zum nächsten Morgen auch nur einen Muskel.
Erst vom unablässigen Hämmern gegen meine ziemlich kaputte Tür wurden wir unsanft geweckt.
KAPITEL ELF
J emand hämmerte mit der Faust gegen das Türblatt. Ich war erstaunt, dass die Tür das aushielt. Der Lärm reichte, um Tote aufzuwecken, also weckte er auch uns. Ich sprang aus dem Bett und warf mir das erste Kleidungsstück über, das mir in die Hände fiel – ein Morgenrock aus anschmiegsamer schwarzer Seide mit großen Pastellblumen, in dem ich mich fühlte wie eine Geisha. Ich hatte keine Zeit, wählerisch zu sein. Denn das Klopfen hallte durch meine leere Wohnung wie ein Echo, das auf Rache aus war.
James rollte sich hinter mir vom Bett und strich sich geistesabwesend mit der Hand durchs Haar. Der frühmorgendliche Weckruf schien ihn völlig kaltzulassen, was gut war. Das bedeutete, dass unser Besucher keine ernsthafte Gefahr war. Ich war froh zu wissen, dass ich den Tag nicht gleich mit erhobenen Fäusten beginnen musste.
»Morgen, Jessica«, murmelte James und ging zum Badezimmer. »Ruf mich, wenn’s Probleme gibt!« Er schloss die Tür hinter sich.
Das Pochen wurde lauter, während ich noch meinen Morgenrock zuschnürte. Ich hastete aus dem Schlafzimmer und fragte mich, wer der irre Störenfried wohl war. Es könnte mein Vater sein, aber ich hatte ihn nicht gespürt. Das hatte nicht viel zu bedeuten. Denn den Angreifer von letzter Nacht hatte ich auch nicht gespürt. Ich schnüffelte, aber in meinem Wohnzimmer hingen immer noch zu viele Gerüche der vergangenen Nacht. Eine dort verbliebene Wolke aus Pheromonen ließ mich zusammenzucken. Huch, so was aber auch!
Vor meiner zusammengenagelten und immer noch deutlichschiefen Tür blieb ich stehen und zögerte, sie zu öffnen. Vermutlich war es ein wütender Nachbar, der gekommen war, um sich über all den Lärm zu beklagen, den ich in der letzten Nacht veranstaltet hatte. Trotzdem wollte ich keinesfalls zweimal den gleichen Fehler begehen.
Ich drückte das Gesicht fest an die Tür, direkt neben dem kaputten Schloss, und inhalierte tief durch die kleine Öffnung.
Ich hätte kaum so tief einatmen müssen, um herauszufinden, wer da auf der anderen Seite stand.
Mistiger Mist!
Für eine Zehntelsekunde überlegte ich, ob ich irgendwie davonkommen könnte, ohne die Tür zu öffnen. So wollte ich den Tag nicht beginnen. Es war erst sechs Uhr dreißig am Morgen, verflucht noch eins!
Wieder hagelten die Fäuste auf die Tür, gefolgt von einem leisen Fluch. »Ich weiß, dass du da drin bist, Hannon! Ich kann den ganzen Tag hier warten, wenn es nötig ist. Heute steht auf meiner Tagesordnung nichts Wichtigeres, als deinen gottverdammten Arsch an die Wand zu nageln. Also mach jetzt endlich auf!«
Zum Teufel mit ihm! Wie sollte ich die Tür öffnen, ohne großes Trara auszulösen? »Immer sachte mit den jungen Pferden, Ray«, knurrte ich. »Ich bin hier, ja. Aber zu dieser unchristlichen Stunde pflege ich zu schlafen wie die meisten normalen Menschen auf diesem Planeten. Lass mir eine Minute Zeit!«
Aller Wahrscheinlichkeit nach hatte er, als er heute Morgen zur Arbeit gekommen war, festgestellt, dass letzte Nacht ein Streifenwagen zu dieser Adresse geschickt worden war. Also war er gleich losgerast, ohne erst darüber nachzudenken. Und jetzt musste ich mit ihm fertigwerden.
»Ich warte noch exakt fünf Sekunden, Hannon, dann trete ich die Tür ein!«
»Ray, mein Bester«, rief ich durch die Tür, »hast du eine richterliche Anordnung, die dich dazu befugt? Wenn ja, dann warst duheute früh schon ziemlich fleißig! Wenn nicht und du trittst die Tür ein, bringt dir das jede Menge ganz beschissenen Papierkram ein – ganz zu schweigen von dem juristischen Ärger! Keine Ahnung, was ich an deiner Stelle täte, aber was soll’s: Tu dir keinen Zwang an, Mann!«
Er grunzte eine Antwort, ergänzt von einigen ganz seiner Art entsprechenden wohl gewählten Worten.
Mann, ging mir der Kerl auf die Nerven! Ich sollte ihn einfach so lange provozieren, bis er die Tür aufbrach. Er bekäme einen Verweis, und wenn auch sonst nichts weiter dabei herauskäme, würde man meinen Fall vielleicht doch jemandem übertragen, der weniger bösartig war und keinen Groll gegen mich hegte. Aber tief im Inneren wusste ich, dass ich keine Chance hatte,
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