Vollmondfieber: Roman (German Edition)
James tauchte die Hände in das schaumige Wasser und nahm Geschirr vom Tresen. »Callum war verrückt nach deiner Mom. Er ist ihr gefolgt wie ein liebeskranker Welpe. Aber als Annie gestorben ist, ist er nicht in diesen Zustand tiefer, finsterer Depression gefallen, der, wie es heißt, jedem Wolf droht, wenn er seine Gefährtin verliert. Er hat auch nicht seinem eigenen Leben ein Ende gemacht, wie es häufig in den Überlieferungen erwähnt wird. Andererseits war er zu jener Zeit der Alpha und hatte Zwillinge, um die er sich kümmern musste. Dein Vater hat die Dinge immer auf seine Art gemacht.« Das klang, als könnte es stimmen. »Er ist ein Mann, der es wert ist, dass man ihm folgt. Der Stärkste, den ich je gekannt habe.«
James wusch das Geschirr und reichte es mir zum Abtrocknen. Er war meinem Vater gegenüber immer enorm loyal gewesen. Er würde, stark und tapfer, wie er war, einen wundervollen Gefährten abgeben. Ich ertappte mich bei der Hoffnung, dass er seine Gefährtin eines Tages finden würde, ja, ich wünschte von Herzen, dass er sein Glück finden würde.
Er sah, dass ich ihn anblickte. »Was ist los?«
»Nichts.« Ich sah zur Uhr. »Wir sollten uns auf den Weg machen. Wir wollen meinen Vater ja nicht warten lassen.«
»Nein, Jessica, das wäre keine gute Idee.«
KAPITEL DREIZEHN
G emeinsam verließen James und ich die Wohnung. James stellte meine Tür so unauffällig wie möglich zurück an ihren rechtmäßigen Platz, während ich gerade an Juanitas Tür klopfen wollte. Ich hatte Juanita das letzte Mal gesehen, bevor meine Wohnung verwüstet worden war. Ich hoffte, dass sie zu Hause wäre. Normalerweise musste sie früh zur Arbeit. Also war sie vermutlich schon auf den Beinen.
Die Tür wurde aufgerissen, ehe ich dazu kam anzuklopfen.
Juanita riss mich in ihre Arme. »Ooooh, Chica! Ich gewesen so in Sorge! Ist sooooo gut, Sie hier sehen und lebendig!« Sie schob mich von sich weg, nur um mich gleich wieder zu packen und erneut zu umarmen. Für eine kleine Person von gerade eins achtundfünfzig war sie erstaunlich kräftig. Außerdem fiel mir auf, als sie mich dann doch endlich losließ, dass ihr heutiges Ensemble aus einer leuchtend pinkfarbenen, ärmellosen Bluse, die ihre üppigen Brüste betonte, und einem orangefarbenen Minirock bestand. Haar und Make-up waren tadellos. Ihr Geruch, so stellte ich rasch fest, als ich ihn aus der Myriade anderer Gerüche herausgefiltert hatte, setzte sich zu gleichen Teilen aus Eukalyptus und Limone zusammen. Es war ein strenger Duft, und er gefiel mir.
»Ich freue mich auch, Sie zu sehen, Juanita«, sagte ich zu ihr und brachte mich außer Reichweite, um weiteren Umarmungen zu entgehen.
Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und schaute über meine Schulter. James kämpfte immer noch mit meiner Tür. »Oooooh, Chica! Muy bien! « Sie zwinkerte mir anzüglich zu. »Ich schon Sorgen gemacht, als ich nichts gehört von Sie.« Sie nickte in James’ Richtung und beugte sich vor, um konspirativ mit mir zu flüstern. Pflichtschuldig kam ich ihr auf halbem Wege entgegen. »Das der Mann, Sie letzte Nacht gekämpft mit? Ich hören wieder Lärm aus Ihre Wohnung.« Sie lachte und rammte mir den Ellbogen in den Bauch.
»Äh, ja, das ist er.« Was hätte ich sonst sagen sollen? Etwa: Nein, das war ein furchterregender, böser Werwolf, der versucht hat, mich umzubringen?
»Ich wahre Ihre Geheimnis, Chica. Sie mich kennen, ich immer auf Ihre Seite. Wir …«, sie zeigte auf sich und mich, »… müssen zusammenhalten, wenn hart auf hart kommen.«
»Das ist toll, Juanita. Danke.« Ich kam mir vor wie ein furchtbar grober Klotz. Denn jetzt musste ich diese nette Frau, deren Versuche, Freundschaft zu schließen, ich in den letzten Jahren so offenkundig abgewehrt hatte, um einen Gefallen bitten. »Äh, ich habe eine Bitte an Sie, Juanita, aber nur, wenn es Ihnen nichts ausmacht.«
»Keine Problem.« Sie lächelte mir aufrichtig entgegen. »Ich für Sie tun, was immer es sein.«
»Wie Sie sehen, hatte ich letzte Nacht ein kleines Problem mit meiner Tür.« James grunzte kaum hörbar, als er mich von einem »kleinen Problem« reden hörte. »Ich werde den Hausmeister rufen. Aber ich hatte gehofft, Sie könnten, solange Sie hier sind, die Ohren offen halten, nur für den Fall, dass irgendjemand kommt.«
»Sí . Ist meine freie Tag. Also ich kann gut aufpassen für Sie. Keine Problem!«
Wieder musterte ich ihre Kleidung und fragte mich, aus welchem Grunde man wohl an
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