Vollmondfieber: Roman (German Edition)
das Gebäude gelegt. Er geht los, sobald irgendein anderer Übernatürlicher auf die Idee kommt, uneingeladen dazuzustoßen. Oh, und ich habe es auf mich genommen, die Gerüchteküche persönlich zu beeinflussen. Meine Tante Tally, diese schrullige alte Dame, ist jetzt davon überzeugt, dass Callum McClain Hannon & Michaels für eine Mordermittlung anheuern will«, flüsterte sie aufgeregt, obwohl sie mir gerade erzählt hatte, dass die gesamte übernatürliche Gemeinde bereits darüber redete.
»Du warst ja schon fleißig heute Morgen.« Ich kicherte. »Auf jeden Fall hast du gut mitgedacht.« Vor dem Konferenzraum blieben wir stehen. »Und, Marcy, wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, du amüsierst dich prächtig.« Ich beugte mich vor und flüsterte: »Ganz ehrlich, es ist schön, dass wenigstens eine von uns ihren Spaß hat! Das hier könnte, wie wir beide wissen, das Ende meines Lebens bedeuten. Die Chancen, dass ich diesen Raum lebend verlasse, sind verschwindend gering.«
»Ach, bitte!« Marcy wedelte abwehrend mit der Hand. »Dir passiert nichts! Und nur zu deiner Information: Es ist Jahre her, dass ich mich amüsiert habe! Und jetzt geh da rein, ehe der Alpha der U.S. Northern Territories anfängt, die Möbel zu zerkratzen, nur weil seine undankbare Tochter ihn so lange warten lässt.«
»Ich akzeptiere ›extrem gestresst‹ oder ›außerordentlich talentiert‹, aber ganz sicher nicht ›undankbar‹.« Ich bedachte Marcy mit einem schiefen Grinsen.
Dann öffnete ich die Tür zum Konferenzraum.
Eine Wolke aus feindseligem Testosteron hüllte mich ein. Es herrschte eine Luft zum Schneiden. Wie konnten die das nur aushalten? Ich hatte noch keinen Schritt in den Raum getan, da sah ich mich schon gezwungen, stehen zu bleiben. Fast hätte ich mich am Türrahmen festgehalten. Ich musste mich sehr bemühen, es nicht zu tun. Schon den Blick abzuwenden, konnte ich mir nicht leisten. Stattdessen grub ich die Fingernägel in die Handflächen. Schmerz siegte über das Gefühl, in Testosteron zu ersticken. Mir die Fingernägel in die Handflächen zu bohren, wurde langsam zur Regel. Der Schmerz half mir, mich zu sammeln, und zu meinem Glück war es in dem Raum so voll, dass nicht gleich jedes Augenpaar auf mir ruhte. Einige konnten über die mehr als eins achtzig großen Wölfe nicht hinwegblicken, die mir im Weg standen.
Marcy war immer noch hinter mir. »Alles in Ordnung?«, flüsterte sie. Als ich nicht antwortete, murmelte sie: »Ruhe bewahren. Ich bin gleich mit etwas Wasser zurück.« Sie ging den Korridor hinunter.
So ruhig ich nur konnte, schloss ich mit leisem Klicken die Tür hinter mir. Marcy aus dem Konferenzraum mit seiner unberechenbaren Stimmung fernzuhalten, hatte Priorität. Das Wasser konnte warten. Nervöse Werwölfe auf beengtem Raum waren alles andere als gesundheitsfördernd, egal, für wen, aber schon gar nicht für meine schmale, zerbrechliche Freundin. Dem Geruch nach, der den Raum erfüllte, standen wir hier kurz vor einem echten Aufruhr.
Als ich vortrat, wich man mir aus. Nach wenigen Schritten blieb ich wieder stehen und begegnete dem Blick meines Vaters, der am Kopf des Tisches mir gegenüber Platz genommen hatte. Er wirkte genau wie jemand, der Macht besaß und sie zu gebrauchen wusste. Mein Bruder saß auf einer Seite des Tisches, Danny und Nick auf der anderen. Wie es aussah, wurde Nick mit einbezogen, da es bei diesem Treffen um mich ging und damit Hannon & Michaels involviert waren. Für mich war das eine Erleichterung.
Ich sah mich rasch im Raum um, sorgsam darauf bedacht, niemandem direkt in die Augen zu sehen. Alle Wölfe, die ich kannte, waren da und darüber hinaus einige, die mir noch nie über den Weg gelaufen waren. Vorerst hatten sie sich unter Kontrolle. Zum Erhalt von Ruhe und Ordnung hatte mein Vater also die Kavallerie gerufen. Das überraschte mich nicht. Denn so verlangte es das Protokoll, sollte das Rudel in Gefahr sein. Dennoch war es für mich ein Schock, so viele Wölfe an einem Ort versammelt zu sehen.
Der Konferenzraum von Hannon & Michaels war ziemlich groß; nun aber erinnerte er an einen überfüllten U-Bahn-Waggon.
Marcy hatte zusätzliche Stühle hereingebracht, aber sie reichten immer noch nicht. Die höchstrangigen Wölfe saßen am Tisch, der Rest säumte die Wände.
Mein Blick kehrte zu meinem Vater zurück. Mir meinen Weg durch ein Meer beunruhigter Werwölfe zu bahnen, kam mir im Moment nicht sonderlich schlau vor. Derzeit waren
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