Vollmondfieber: Roman (German Edition)
Rudel und für den Verräter, dass etwas nicht in Ordnung ist und wir Nachforschungen anstellen. Das könnte eine hässliche Situation heraufbeschwören, ehe wir bereit dafür sind. Oder der Verräter flieht und mit ihm unsere einzige Chance herauszufinden, ob es tatsächlich eine Verbindung zu einer anderen Gemeinde gibt – einer Gemeinde, die es möglicherweise auf mich abgesehen hat. Aber wenn ich ein paar Tage so tue, als wäre nichts passiert, dann kommen wir demjenigen, der hintermir her ist, vielleicht auf die Spur, ohne ein Risiko einzugehen.«
Mein Vater war nicht ansatzweise überzeugt.
»Gib mir nur zwei Tage, Dad, mehr will ich gar nicht! Nick bleibt am Tag bei mir, Tyler, Danny oder James in der Nacht. In diesem Raum ist genug Macht versammelt, um all unsere Bewegungen zusätzlich im Auge zu behalten. Ich bin absolut sicher, dass der Auftraggeber dieses Einzelgängers weiter hinter mir her sein wird. Wenn wir unverdächtig genug erscheinen, können wir den Spieß umdrehen und die Informationen, die wir brauchen, schneller bekommen, als du es kannst, indem du Druck ausübst. Der Verräter hat meine Witterung aufgenommen, und er wird jetzt nicht aufgeben.«
Hilfesuchend schaute ich Nick an. »Wie sehen deine nächsten zwei Tage aus, Jessica?«, fragte er mich, und ich liebte ihn dafür. »Ich bin weitgehend frei und könnte mich ganz nach dir richten.«
»Heute Abend bin ich eigentlich mit einem neuen Klienten verabredet«, sagte ich. »Wir nehmen an einem öffentlichen Ort ein paar Drinks und diskutieren seinen Fall.« Ich sah meinen Vater an, der immer noch grimmig dreinschaute. »Es wäre der perfekte Ort, um mir unauffällig auf den Fersen zu bleiben.«
»Um welchen Fall geht es?«, fragte Nick. »Ich habe nichts von einem neuen Klienten gehört.«
»Sein Name ist Colin Rourke. Ich habe ihn gestern zum ersten Mal gesprochen.«
Sofort brach ein Aufstand los.
Alle fingen auf einmal zu reden an; ein paar Wölfe sprangen von ihren Stühlen auf und gingen dann ruhelos auf und ab, darunter auch mein Bruder. Devon keuchte leise, während seine Finger klackernd über die Tastatur huschten.
»Was? Was habe ich gesagt?«, rief ich über den Lärm hinweg, erschrocken über das, was gerade passierte. Mit derselben Lautstärke fuhr ich fort: »Was ist denn los? Er hat mir erzählt, erleite ein Wirtschaftsprüfungsunternehmen. Er verdächtigt seinen Partner der Unterschlagung oder irgendetwas in der Art. Was ist schon dabei?«, endete ich matt, ohne dass jemand mir Beachtung schenkte.
»Das ist wirklich übel!«, meinte Devon mehr zu seinem Monitor als zu jemand anderem im Raum und schüttelte langsam den Kopf. »Wenn Rourke Bescheid weiß, ist Jessica jetzt schon Freiwild. Dann müssen wir uns nicht nur über einen einzelnen Verräter im Rudel Sorgen machen.«
James ragte hinter mir auf und hielt die Stuhllehne so fest umklammert, dass seine Knöchel weiß hervortraten. Das Holz bog sich, barst unter seinen Händen. Leise gab er eine farbenfrohe Reihe hässlicher Worte von sich – Worte, die ich von ihm nicht mehr gehört hatte, seit ich mit dreizehn versehentlich Vaters Geräteschuppen in Brand gesteckt hatte. Ich schaute abwechselnd ihn und meinen Bruder an.
»Wie zum Teufel ist der so schnell hierhergekommen?«, ereiferte sich Tyler. »Und er hat Jessica seinen richtigen Namen genannt! Er wusste, sie würde herausfinden, wer er ist, und trotzdem hat er ihn ihr genannt. Was hat er denn nur vor, verdammt?«
»Wer ist dieser Kerl?«, kreischte ich laut genug, um endlich gehört zu werden. »Warum flippt ihr alle aus? Besser, jemand klärt mich auf, ehe ich durchdrehe!« Ich kam mir ungeheuer dumm vor, weil ich selbst keine Nachforschungen über meinen Klienten angestellt hatte. Milde gesprochen war ich gestern offenbar nicht in Form gewesen. Aber ehrlich gesagt hatte ich überhaupt nicht vorgehabt, seine Legitimation zu überprüfen, bevor ich den Fall übernommen hatte. Verdammt.
Ein Anfängerfehler, der mir schaden musste. Mein Vater jedenfalls würde bestimmt kein Vertrauen mehr in mich setzen, und so, wie es aussah, rüstete er sich gerade dafür, mir exakt das zu sagen. Ich hatte mich schlicht als eine inkompetente Privatdetektivin und närrische Person geoutet. Ich war der einzige weibliche Werwolf auf dem gottverdammten Planeten, und ich hatte keine zwei Sekunden darüber nachgedacht, meine Arbeitsweise zu ändern, sondern einfach weitergemacht. Ich hätte in höchster Alarmbereitschaft
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