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Vollmondkuss

Titel: Vollmondkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schroeder
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war: Rouben wollte sie töten. Und zugleich sträubte sich alles in ihr, es wirklich zu glauben.
    Jolin streifte ihre Stiefel ab und hängte den Steppmantel so an die Garderobe, dass nicht gleich auffiel, wie schmutzig er war. Sie warf einen Blick in den Spiegel und betrachtete ihren Hals. Tatsächlich waren dort zwei winzige dunkelrot verkrustete Wunden. Ein kalter Schauer raste ihr über den Rücken. Hastig legte sie ihren Schal über die Bisswunden und wandte sich ihrer Zimmertür zu. Da bemerkte sie Paula auf der Schwelle vom Schlafzimmer. Sie trug ihren karierten Lieblingspyjama, ihr Blick war verschlafen und ihr Haar wild zerzaust. Sie sah nicht so aus, als ob sie irgendetwas Merkwürdiges an Jolins Verhalten bemerkt hätte. Ihr fiel nicht einmal auf, dass ihre Tochter bei ihrem Anblick zusammengezuckt war. »Wo kommst du denn so spät noch her?«, fragte sie verwundert.
    »Aber ich hab dir doch erzählt, dass heute die Exkursion ist.«
    Paula schüttelte den Kopf. »So lange?«
    »Nein«, erwiderte Jolin. »Wir waren gegen neun zurück in der Stadt. Und dann sind noch ein paar Leute was trinken gegangen.« Das war nun schon die dritte Lüge an diesem Abend und die erste wirklich handfeste gegenüber ihrer Mutter, aber Jolin hatte kein schlechtes Gewissen. Sie konnte nicht über das reden, was sie erlebt hatte. Vielleicht irgendwann mit Gunnar, aber nicht mit Paula. Und schon gar nicht jetzt.
    »Und du warst mit dabei?«, erwiderte Paula. Lächelnd strich sie Jolin über die Schulter. »Aber das ist doch schön.«
    »Ja, stell dir vor«, sagte Jolin aus einer plötzlich aufflammenden Wut heraus. »Es gibt Leute, die mich mögen.«
    Paula zog ihre Hand zurück. »Das habe ich doch nie bezweifelt. Außerdem gibt es überhaupt keinen Grund, dich nicht zu mögen. Die bist ein absolut liebenswerter Mensch ...«
    »Ja, Ma, ich weiß«, unterbrach Jolin ihre Mutter nicht weniger aggressiv. »Du brauchst dir wirklich keine Sorgen um mich zu machen.«
    Paula Johansson fuhr sich seufzend durch die Haare. »Du wirst es mir wahrscheinlich nicht glauben, aber meine Sorgen halten sich tatsächlich in Grenzen«, entgegnete sie, und es war ihr anzumerken, dass sie Mühe hatte, sich zu beherrschen. »Zugegebenermaßen muss ich mich daran gewöhnen, dass du jetzt abends manchmal länger weg bist. Solange es dir dabei gut geht, finde ich das allerdings völlig in Ordnung.«
    »Es geht mir gut, Ma«, sagte Jolin. »Und jetzt möchte ich ins Bett, ich bin nämlich hundemüde.«
    Paula Johansson seufzte ein zweites Mal. »Schon gut«, sagte sie. »Auf deinem Schreibtisch liegt übrigens ein Brief, den ich vorhin im Poststapel leider übersehen habe. Erst als ich ihn öffnen wollte, habe ich gemerkt, dass er an dich adressiert ist.« Sie lächelte vielsagend. »Vielleicht ist er ja wichtig.«
    Jolin atmete einmal tief durch, und allmählich beruhigte sie sich wieder. Es amüsierte sie beinahe, dass ihre Mutter immer noch dachte, dass sie Liebeskummer hätte. »Bist du extra nochmal aufgestanden, um mir das zu sagen?«
    Paula hob die Schultern und lächelte. »Und um dir eine gute Nacht zu wünschen, vielleicht?«
    Jetzt lächelte Jolin auch. »Danke, Ma«, sagte sie, legte Paula einen Arm um den Hals und drückte sie kurz an sich. »Ich wünsch dir auch eine gute Nacht. Und ... Es tut mir leid, dass ich eben so schroff war.«
    »Kein Problem«, sagte Paula. Sie küsste ihre Tochter auf die Wange und schlurfte wieder ins Schlafzimmer zurück. Jolin war endlich allein. Mit wenigen Schritten eilte sie in ihr Zimmer. Instinktiv verriegelte sie die Tür und ging dann zielstrebig zu ihrem Schreibtisch hinüber. Neben dem roten Umschlag, den Anna ihr gegeben hatte, lag nun ein zweiter. Ein einfacher weißer, der mit ungelenken Buchstaben beschrieben war. Zögernd nahm Jolin den Brief, öffnete ihn und zog einen abgerissenen gelblichen Zettel heraus. Bevor sie zu lesen begann, wanderte ihr Blick auf die Unterschrift. Seltsamerweise hatte sie im Gefühl gehabt, dass die Nachricht nur von Harro Greims sein konnte.
     
    Du bist in Lebensgefahr, schrieb er. Bitte komm zu mir, damit ich dir alles erklären kann. Ich hätte es schon viel früher tun müssen. Aber ich habe es selber nicht besser gewusst. Ich nehme an, man hat dir gesagt, dass ich in der Irrenanstalt gelandet bin.
     
    original message
    from: antonin
    to: r. v. ([email protected])
    subject: greims
     
    du hast ramalia unterschätzt, mein junge. Und nun das! ich gehe
    davon aus, dass du das

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