Vollmondkuss
mich?
Rouben schüttelte den Kopf, und einen Moment lang glaubte Jolin tatsächlich, dass er ihre Gedanken erraten hatte, aber dann spähte er nur die Treppe hinunter und murmelte: »Wo bleibt der bloß so lange?« In diesem Augenblick schwappte erneut eine Welle lauter Musik zu ihnen herauf. »Na endlich«, sagte Rouben.
»Was?«, erwiderte Klarisses Stimme. »Dass du mich zu sehen bekommst.«
»Das auch«, sagte Rouben und lächelte.
Justin drängte sich an ihm vorbei und stellte sich auf seinen Platz neben dem Treppenabgang. »Geht in Ordnung«, sagte er zu Jolin und streckte seine Hand nach ihrem Mantel aus. Klarisse kam ebenfalls herauf. Sie lehnte sich geradewegs vor Rouben gegen das Geländer und blickte ihn von unten durch ihre dicht getuschten Wimpern an. »Anna wartet schon sehnsüchtig auf dich.«
Rouben lachte erstaunt. »Was, auf mich?«
»Auf Jolin, meine ich natürlich.«
»Was redest du denn da?«, entfuhr es Jolin.
Klarisse lächelte süffisant. »Rouben versteht mich schon.«
»Ja dann«, sagte Jolin. Sie war wütend. Noch mehr aber fühlte sie sich unbehaglich und wusste nicht, was sie tun sollte. Einfach hinuntergehen in die Höhle des Löwen, wo Anna unter Garantie nicht auf sie wartete, oder hier oben auf der Treppe neben Rouben und Klarisse stehen bleiben und sich lächerlich machen?
»Tut mir leid«, sagte Rouben kühl. »Aber ich verstehe nicht, was du meinst.«
Jolin atmete auf. In ihrem Inneren jubelte sie los, doch nach außen hin begnügte sie sich mit einem sparsamen Lächeln. Sie registrierte, wie Klarisse die Augen zusammenkniff und welche Mühe sie hatte, gelassen zu bleiben, sich dann aber schließlich doch wieder fing und lässig über Roubens Kränkung hinwegging. »Na ja, jetzt kommt erst mal rein und schaut euch meinen Partykeller an. Rebekka und Susanne haben mir beim Dekorieren geholfen. Ich bin gespannt, wie ihr es findet.«
Lachend wirbelte Klarisse herum, sodass ihr kurzes weites Röckchen hochflog und für einen kurzen Moment den Blick auf ihren Po freigab, während sie die Treppe hinunterhuschte. Rouben achtete nicht darauf, sondern bedeutete Jolin, Klarisse als Erste zu folgen.
Die Wände des Partyraums waren mit schwarzer Lackfolie bezogen, auf die Klarisse in unregelmäßigen Abständen rote Stoffrosen geklebt hatte. Unter die Decke hatten Rebekka, Susanne und sie ein Geflecht aus Draht gespannt, um das unzählige blinkende Lichterketten geschlungen waren. Hinter der Musikanlage stand ein DJ und nahm Musikwünsche entgegen.
»Nehmt euch einfach, was ihr braucht«, sagte Klarisse. »Getränke stehen neben dem Tresen, und da hinten in der Ecke ist ein kleines Buffet mit exotischen Snacks aufgebaut.«
Jolin nickte. »Ist echt toll geworden«, sagte sie höflich, obwohl ihr das unruhige Blinken der vielen Lämpchen genauso wenig gefiel wie Rouben, den es ganz offensichtlich nervös machte.
»Möchtest du etwas essen?«, fragte sie, nachdem Klarisse sich unter die Tanzenden gemischt hatte und dort aufreizend die Hüften kreisen ließ.
»Nein«, sagte Rouben. »Ich habe keinen Hunger. Aber lass uns trotzdem dort hinübergehen.« Er fasste Jolin am Arm und zog sie auf das Buffet zu, an dem Carina, Leon-hart und Gero standen und von den Snacks naschten.
»Hi.« Leonhart nickte Rouben und Jolin zu. »Hab gehört, die Party hier ist nur für euch.«
»Quatsch«, sagte Jolin.
»Nicht ganz«, wandte Rouben ein. »Sie soll schon den guten Zweck erfüllen, mich ein wenig mit euch
bekannt zu machen. Insofern ist es wirklich sehr nett von Klarisse gewesen, dass sie sie extra wegen Jolin verschoben hat.«
»Jetzt hör aber auf.« Jolin schüttelte den Kopf. »Mit mir hat das Ganze überhaupt nichts zu tun. Es ist Klarisses Party, und sie veranstaltet sie aus reinem Vergnügen. Und vielleicht auch, weil sie Rouben ein bisschen näher kennenlernen will.«
»Das wollen doch alle«, sagte Carina und blickte lachend zwischen Leonhart und Gero hin und her. »Oder nicht?«
Jolin bemerkte, dass Roubens Augen einen seltsamen Ausdruck annahmen, den sie so noch nicht an ihm gesehen hatte und den sie nicht einordnen konnte. Sein Blick ruhte geradezu hypnotisch auf Carina, schien die Linie ihres schmalen Gesichts nachzuzeichnen und wanderte langsam, geradezu genießerisch ihren langen Hals hinunter bis zum Ansatz ihres ziemlich üppigen Busens.
Jolin spürte, wie ihr die Röte ins Gesicht schoss. Peinlich berührt wandte sie sich dem Buffet zu, nahm eine kleine runde
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