im ersten Stock ist kaputt«, erwiderte Jolin.
Außerdem war das Licht viel zu schnell ausgegangen. Genau wie an dem Abend, an dem sie die Fledermaus aus dem Müllcontainer geholt hatte. Normalerweise brannte das Licht lange genug, sodass man mühelos vom Keller bis in die vierte Etage hinaufkommen konnte, ohne es ein zweites Mal anknipsen zu müssen.
»Na, dann komm«, sagte Rouben. »Lass uns fahren. Der Wagen steht etwas ungünstig.«
Er hielt die Tür auf und ließ Jolin Vorbeigehen. Sie blieb auf dem oberen Absatz stehen, atmete die kalte Abendluft und schob leise fröstelnd die Hände in die Manteltaschen.
»Ist dir kalt?«, fragte Rouben.
»Nein. Ich glaube, ich bin bloß ein bisschen müde.«
»Das ist aber schlecht, wenn man auf eine Party gehen will.« Rouben lächelte. Seine Augen glänzten, und seine Haut wirkte etwas weniger blass als sonst. »Ich zumindest lebe nachts erst so richtig auf.«
Ich eigentlich auch, dachte Jolin verwirrt. Auf einmal wusste sie nicht mehr, ob sie tatsächlich müde war oder ihr der Schreck noch in den Knochen saß. Vielleicht war es aber auch wirklich einfach bloß sehr kalt.
»Ist es der?«, fragte sie und schaute auf einen schwarzen Citroën C6, der genau vor ihrer Haustür in der zweiten Reihe parkte. Ohne ein Nicken oder ein anderes Zeichen der Zustimmung lief Rouben an ihr vorbei, öffnete die rechte Hintertür und machte eine einladende Geste. »Hier drin ist es jedenfalls schön warm.«
Jolin schob sich auf die Rückbank, die mit rotem Leder bezogen war, das sich überraschenderweise tatsächlich angenehm warm anfühlte.
»Sitzheizung«, sagte Rouben, nachdem er von der anderen Seite zugestiegen war und die Tür hinter sich zugezogen hatte. Erwartungsvoll sah er sie an. »So ... Und wie ist nun Klarisses Adresse?«
»Gelsingallee vierundneunzig«, sagte Jolin zu dem Fahrer, der genauso blass war wie Rouben und sie ebenso erwartungsvoll anblickte wie er. Der Fahrer nickte und lächelte und entblößte dabei kleine blitzweiße Zähne, die Jolin an das Gebiss einer Katze erinnerten. Er wandte den Blick nach vorn und startete den Motor. Der Wagen hob sich an und fädelte sich geschmeidig in den vorbei-ziehenden Verkehr. Das Kopfsteinpflaster war zu hören, aber kaum zu spüren.
»Tolles Auto«, sagte Jolin. Roubens Familie muss wirklich Geld haben, wenn es den gleichen Wagen fuhr wie der ehemalige französische Präsident. »Warum verrätst du mir nicht, wo du wohnst?«, fragte sie.
»Warum erkundigst du dich nicht einfach im Schulsekretariat?«, entgegnete Rouben.
»Das würde ich nie tun.«
Rouben lächelte. »Ich weiß.«
Jolin schwieg. Sie fühlte das angewärmte Leder in ihrem Rücken und unter ihren Schenkeln und nahm die Lichter der Stadt in sich auf. »Wäre es dir lieber, wir würden zu mir fahren und nicht zu Klarisse?«, hörte sie Rouben fragen.
»Was?«
»Es ist mein Ernst.«
»Und dann?«, hauchte Jolin.
»Du könntest meine Eltern kennenlernen«, sagte Rouben. »Sie sind wirklich sehr kurzweilig.«
Jolin versuchte zu ergründen, ob Ironie in seiner Stimme gelegen hatte. Sie wusste es nicht, sie hatte leider nicht richtig hingehört. Bevor sie etwas Falsches erwiderte, schwieg sie lieber.
»Also Klarisse«, sagte Rouben nach einer Weile.
»Es ist mir gleich.«
»Tatsächlich?«
Jolin spürte seine Hand auf ihrer Schulter. Sie lag einfach da, ohne sie wirklich zu berühren, fast wie ein Stein. Jolins Herzschlag beschleunigte sich. Was willst du von mir?, fragte sie ihn im Stillen nun schon zum wiederholten Mal. Und wieder war er ihr unheimlich. Sie hätte es nicht sagen sollen, nicht, dass es ihr egal war, sie wollte gar nicht zu ihm nach Hause. Wenn sie ehrlich war, hatte sie viel zu große Angst davor. Angestrengt starrte sie auf den Hinterkopf des Fahrers, der sich kaum bewegte und auch dann, wenn er den Fahrstreifen wechselte, stur nach vorne gewandt blieb.
»Wo sind wir denn jetzt?«, stieß Jolin hervor.
»Keine Ahnung«, sagte Rouben. »Ich kenne mich hier überhaupt nicht aus.«
Jolin lehnte ihre Stirn gegen die Fensterscheibe und versuchte, etwas Bekanntes zu erspähen oder den Straßennamen auf einem der schmalen blauen Schilder zu entziffern. »Da vorne!«, rief sie plötzlich voller Erleichterung. »Gelsingallee!«
»Na, dann sind die Würfel ja gefallen«, sagte Rouben.
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from: r. v.
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[email protected] subject: party und mehr
ich habe mehr einfluss auf sie, als Ich dachte,
r.