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Vollmondkuss

Titel: Vollmondkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schroeder
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bis auf einige tierische Bewohner allein in diesem Haus waren.
    »Ich geh schon«, sagte Jolin. Vorsichtig tappte sie auf die Treppe zu. Die breiten Holzdielen knarrten unter ihren Füßen. Sie umfasste das Geländer und blickte skeptisch die Stufen hinauf. »Ist sie auch sicher?«
    »Jolin«, sagte Rouben. Er war direkt hinter ihr, sie konnte seinen kühlen Atem an ihrem Ohr spüren. »Ich bin mehrmals in der Woche hier.« Er streckte seinen Arm aus und beleuchtete mit der Flamme des Feuerzeugs die Stufen, über die ein löchriger dunkelgrüner Teppich gespannt war.
    »Okay, okay«, murmelte Jolin. Keine Fragen mehr.
    Sie setzte ihren Fuß auf die unterste Stufe, die ebenso sehr knarrte wie der Dielenboden im Flur. Langsam, Schritt für Schritt, stieg sie nach oben. Einmal blieb sie mit ihrer Schuhspitze in einem der Löcher hängen. Sie taumelte zurück, doch Rouben stützte ihren Rücken mit seiner Hand. »Ich hab dich«, flüsterte er. »Und jetzt geh weiter.«
    Jolin atmete durch. Sie umfasste das Geländer etwas fester und zog sich die letzten Stufen in einen kleinen Treppenflur hinauf. Zu ihrer Rechten registrierte sie zwei geschlossene Holztüren. Eine dritte, die sich ihr genau gegenüber befand, stand offen. Jolin sah hunderte von Gläsern, in denen weiße Kerzen brannten. Sie sah Kissen und Decken, zerborstene Dachbalken und den Himmel, der bei ihrer Ankunft noch dunkel und ein wenig dunstig gewirkt hatte und nun von Millionen von Sternen übersät zu sein schien.
    »Rouben, was ist das?«, wisperte sie.
    »Wann hörst du endlich auf zu fragen?«, erwiderte er, schob sie sachte weiter in den Raum hinein und schloss die Tür hinter sich.
    »Das ist ja der Wahnsinn!«, stieß Jolin hervor, während ihr Blick über den Himmel, die Kissenlandschaft und die unzähligen Windlichter, die über den Boden und auf den alten Möbeln verteilt waren, glitt. Ihre Augen nahmen jedes Detail in sich auf, die satten warmen Farben der Kissen, das runde, silberne Tablett, auf dem eine Weinflasche, Salzgebäck und Schokopralinen standen, die schnörkelige Kommode, die weichen Decken ... doch ihr Verstand konnte all das nicht wirklich fassen. Es war einfach zu irreal, so als ob sie im Kino vor einer riesigen Leinwand saß und die Szene nur als Zuschauerin betrachtete. Dass es um sie ging, sie der Mittelpunkt war, Rouben all dies einzig und allein für sie arrangiert hatte, begriff sie viel zu spät, denn da hatte er bereits ihre Taille umfasst und seine Lippen in ihre Halsbeuge gelegt.
    Jolin erstarrte. Sie hörte auf zu atmen. Alles, was sie spürte, waren Roubens Lippen. - Kalt waren sie, kalt und trocken, beinahe hart. Jolin wollte schreien, aber ihre Kehle war wie zugeschnürt. Sie riss die Augen auf, blickte in den Sternenhimmel und wartete auf den Biss. Hoffentlich war Rouben gnädig und tötete sie, anstatt sie auf ewig zu einer Untoten zu machen. Vielleicht war das Sterben durch den Biss eines Vampirs ja sogar schön. Jolin fühlte ihren Pulsschlag im ganzen Körper. Eine ungeheure Hitze ging von ihrem Herzen aus und durchströmte kraftvoll ihre Halsschlagader. Sie spürte das Pulsieren ihres Blutes unter Roubens Lippen und wartete nun beinahe sehnsüchtig darauf, dass es sich in seine Mundhöhle ergoss.
    Seufzend schloss Jolin die Augen. Sie tastete nach seinen Händen, die langsam den Reißverschluss ihres Steppmantels öffneten, unter ihren Pulli rutschten und nun zärtlich über ihren Bauch streichelten. Sein Atem, der eben noch kühl gewesen war und eine leichte Gänsehaut hinter Jolins Ohr geschaudert hatte, erwärmte sich allmählich, seine Lippen, plötzlich warm und weich geworden, wanderten sanft an ihrem Hals hinauf bis zum Haaransatz.
    »Du bist wunderschön«, hörte sie ihn murmeln, und erst in diesem Moment verstand sie, was hier tatsächlich geschah.
    »Rouben«, flüsterte sie. »Rouben.«
    Er drückte sie fester gegen seinen Körper, und Jolin spürte seine Erregung. Es kann nicht sein, dachte sie. Er kann unmöglich mich meinen. Er meint mich nicht.
    Sie zitterte, und sie wollte sich wehren, aber sie konnte nicht. Ihre Sehnsucht war einfach zu groß. Sie drehte sich in seinem Arm und blickte ihn an. Seine Augen waren weniger dunkel als sonst, kakaobraun und warm. Die Flammen der Windlichter spiegelten sich darin, und um seine Mundwinkel spielte ein Lächeln.
    Er küsste ihre Nasenspitze und dann ihren Mund. Sanft und zärtlich forderte er einen Kuss von ihr zurück. Zögernd schob Jolin ihre Hände

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