Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vollstreckung - Sturm, A: Vollstreckung

Vollstreckung - Sturm, A: Vollstreckung

Titel: Vollstreckung - Sturm, A: Vollstreckung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas M. Sturm
Vom Netzwerk:
haben sie im Dritten Reich angewendet.«
    Karin fröstelte auf einmal, sie presste die Arme um ihren Körper, dann stand sie entschlossen auf und schloss das Fenster. Keiner der Anwesenden war darüber ärgerlich. Die Raumtemperatur schien in den letzten zehn Minuten um mehrere Grade gefallen zu sein.
    »Die eigentliche Todesursache, der Schnitt durch die
Carotis
, die Halsschlagader, ist gegen diese Folter schon fast trivial zu nennen.« Dr. Bretschneider hatte sich wieder gefasst und setzte seinen Vortrag fort. »Bei dem ersten Mord stellte ich bereits die Vermutung auf, dass die Täterin über medizinische Kenntnisse verfügt. Das hat sich nun manifestiert. Die gesamte Ausführung der Tat erfolgte absolut professionell. Auch die Wahl des Narkotikums stützt diese These. Ich habe Blutproben des Toten in die Toxikologie gegeben. Die Täterin erwähnte den Cocktail aus Ketamin und Valium, mit dem die Postzustellerin betäubt wurde. Bei dem Opfer hat sie nur Ketamin verwendet. Das Valium in der Mischung war nur dafür gedacht, die unangenehmen Nebenwirkungen auszuschalten. Bei dem Opfer hielt sie das nicht für notwendig.«
    »Um welche Nebenwirkungen handelt es sich?«, fragte Jan. »Der Postbotin ging es nach eigener Aussage gut.«
    »Wird nur Ketamin verabreicht, kann es zu unangenehmen psychedelischen Erfahrungen und Übelkeit kommen.«
    Dr. Bretschneider sah die Beamten an und sah in ratlose Gesichter. »Ich merke, dass hier keiner vom Betäubungsmitteldezernat anwesend ist. Ketamin ist in der Drogenszene als ›Special K‹, ›Vitamin K‹ oder ›Kate‹ bekannt und wird meist in Pillenform konsumiert.«
    »Diese Begriffe habe ich schon gehört«, erinnerte sich Sandra. »Nur mit dem Namen Ketamin konnte ich nichts anfangen.«
    »Ich habe zum Schluss noch einen Hinweis, der die Wesensart der Mörderin sehr treffend zeichnet.«
    Bei diesen Worten schaute Dr. Bretschneider stolz in die Runde. »Ketamin intramuskulär verabreicht, wie es bei dem Mordopfer der Fall war, bewirkt eine generelle Analgie, eine Aufhebung des Schmerzempfindens. Diese Wirkung hält bei der verabreichten Dosis zwanzig bis dreißig Minuten an. Da aber die Täterin dem Opfer gezielt Schmerz zufügen wollte, war sie gezwungen, den angegebenen Zeitraum verstreichen zu lassen. Ich bin kein Psychologe, wie der Anwesende Dr. von Falkenstein«, dabei verbeugte sich Dr. Bretschneider leicht in Richtung des Genannten, »aber ich bin verwegen genug zu behaupten, dass diese Frau außergewöhnlich kaltblütig ist. Das muss man sich vorstellen: Sie narkotisiert ihr Opfer, damit es sich nicht wehren kann, bringt es in den Keller, fesselt es und dann wartet sie seelenruhig ab, bis er wieder etwas fühlt und sie mit der Folter beginnen kann. Dabei nimmt sie die Gefahr, dass sie irgendjemand in dieser Zeit überraschen könnte, kalt lächelnd in Kauf.«
    Dr. Bretschneider lümmelte sich nach seiner anschaulichen Schilderung lässig in seinen Stuhl und schien sehr zufrieden mit sich zu sein. Karin, die wieder einmal bestätigt bekommen hatte, was für eine Perle Dr. Bretschneider für sie als Kriminalistin war, lobte ihn entsprechend: »Deine Ausführungen waren ungemein hilfreich für uns. Wusstest du aus dem Stegreif wie Ketamin wirkt, oder hast du dich da schlaugemacht?«
    Dr. Bretschneider lächelte bescheiden: »Ich bin zwar Mediziner, aber kein wandelndes Arzneimittellexikon. Als ich erfuhr, mit welcher Substanz der Tote narkotisiert wurde, habe ich nachgelesen.«
    »Gute Arbeit.« Karin lächelte und nickte anerkennend.
    Sandra, die nun die Ergebnisse ihrer Recherchen loswerden wollte, begann mit einem Satz, der ihr sofort die ungeteilte Aufmerksamkeit sicherte. »Ich bin mir fast sicher, dass das Motiv für die beiden Taten Rache ist.«
    Die Zusammenarbeit mit ihrer neuen Partnerin währte erst fünf Tage, trotzdem glaubte Karin sie schon so gut zu kennen, dass sie annahm, dass Sandra diese Mutmaßung nicht ohne guten Grund in den Raum stellte. Aufmunternd nickte sie ihr zu.
    Sandra war nicht unsicher, ungeachtet dessen tat ihr diese Geste gut.
    »Vor drei Jahren wurde eine junge Frau, Sarah Lefort, mit hoher Sicherheit das Opfer einer Vergewaltigung.«
    Als Sandra diesen Namen nannte, gab Dr. Bretschneider seine nonchalante Haltung zugunsten einer angespannten Pose auf und spielte nachdenklich mit seinem Ohrläppchen.
    »Das Verfahren wurde eingestellt. Aufgrund ihrer kriminellen Vergangenheit, die in illegalem Drogenkonsum bestand, sowie ihrer

Weitere Kostenlose Bücher