Vollstreckung - Sturm, A: Vollstreckung
Zeitspanne auf die Armbanduhr schaute, stellte sie fest, dass gerade fünf Minuten vergangen waren. Das Warten zermürbte Karin. Müde war sie nicht, aber langsam wurde sie ungeduldig. Als ihre Uhr zeigte, dass ein neuer Tag begann, beschloss Karin noch eine Stunde zu warten und dann nach Hause zu fahren. Als es 1 Uhr schlug, blieb Karin trotzdem auf ihrem Posten. Fünfzehn Minuten danach betrat Pfeffer die Straße. Das Öffnen der Haustür war Karin entgangen. Aber durch das Fernglas konnte sie Pfeffer eindeutig identifizieren, da vor seinem Hauseingang eine Laterne stand. Er verließ den Lichtkreis der Straßenlampe und ging zu seinem silbergrauen Peugeot. Bloß gut, dachte Karin, dass ich mir noch während der Dämmerung den Standort von Pfeffers Wagen gemerkt habe. In der jetzt herrschenden Dunkelheit schien es, als wären alle Autos von dem gleichen Farbton.
Pfeffer fuhr ohne Licht aus seiner Parklücke. Erst als er kurz vor der Hauptstraße war, schaltete er die Scheinwerfer ein. Karin sah, dass er rechts abbog. Jetzt startete auch Karin. Als sie auf die Hauptstraße einfuhr, konnte sie gerade noch die Rücklichter von Pfeffers Auto sehen. Sie beschleunigte und holte auf. Karin fuhr nun stur hinter Pfeffer her, dabei hielt sie den größtmöglichen Abstand. Sie bemerkte, dass Pfeffer in Richtung Südwest fuhr. Nach zwanzig Minuten erreichte Karin den Stadtteil Plauen. Hier lagen die Straßen leer und verlassen. Gerade noch in Sichtweite fuhr Karin hinter Pfeffer her. Doch gleich darauf verringerte sie den Abstand. Bedingt durch die Nähe einer Fernverkehrsstraße war der Verkehr dichter geworden. Pfeffer bog in die Fernverkehrsstraße ein und kurz darauf wieder ab. Hier stellte er sein Auto in Sichtweite einer Bushaltestelle ab. Karin fuhr an Pfeffers Wagen vorbei und parkte ein ganzes Stück entfernt. Sie blieb im Fahrzeug sitzen und beobachtete Pfeffer durch das Fernglas. Als Pfeffer an der Bushaltestelle vorüberging, sprang Karin aus dem Auto und ging ihm nach. Pfeffer lief weit. Nach einer reichlichen viertel Stunde fragte sich Karin, ob er wohl nur eine Nachtwanderung unternehme. Die Straßen waren wie ausgestorben. Nur in wenigen Fenstern leuchtete Licht. Die Gegend hatte schon lange nicht mehr das Gepräge einer Stadt. Die Region, durch die Pfeffer lief, strahlte schon fast einen dörflichen Charakter aus. Karin versuchte in dieser absoluten Einsamkeit gar nicht erst, sich zu verbergen. Sie ging einfach in großem Abstand hinter Pfeffer her, als wäre das auch ihr Weg. Die ersten Regentropfen, die nach den vielen sonnigen und trockenen Tagen fielen, wirbelten den Straßenstaub auf. Die Luft roch dadurch muffig. Karin dachte an ihre Wäsche auf dem Balkon und fluchte innerlich. Der Regen fiel immer stärker. Für ihre Wäsche war es zu spät, aber der dichte Regen begünstigte Karins Vorhaben. Das Prasseln der Regentropfen übertönte das Geräusch ihrer Schritte und die Sichtweite nahm ab. Karin holte auf, um Pfeffer nicht zu verlieren. Vor einem Reihenhaus blieb Pfeffer auf einmal stehen. Karin verhielt sich wie eine Frau, die nachts auf einsamer Straße einem Mann begegnet. Sie wechselte die Straßenseite und beschleunigte ihre Schritte. Dabei schaute sie, wie ängstlich, ab und an zu Pfeffer hin. Sie überholte ihn. Karin war sich sicher, dass er sie nicht erkannte. Sie trug ein Basecap und hatte zusätzlich die Kapuze ihrer grauen Sportjacke darüber gezogen. Um die Konturen ihrer Figur unkenntlich zu machen, hatte sie einen schwarzen Sportrucksack auf den Rücken geschnallt. Auf die Entfernung und bei diesem Licht sah Karin wie eine Teenagerin auf dem Heimweg aus. Als sie an Pfeffer vorbei gelaufen war, wechselte Karin wieder auf die ursprüngliche Straßenseite und bog nach den Reihenhäusern links ab. Als sie sicher war, dass sie außer Pfeffers Hörweite war, rannte Karin los. Die nächste Querstraße bog sie erneut links ab und gleich darauf wieder. So gelangte Karin erneut auf die Straße, wo sie Pfeffer überholt hatte. Als sie vorsichtig um die Ecke spähte, war Pfeffer verschwunden. Gebückt schlich Karin nun zu dem Hauseingang, vor dem Pfeffer stehen geblieben war. Da sah sie ihn wieder. Er war die Einfahrt zu einem Carport hineingelaufen. Karin duckte sich hinter eine Rabatte gegenüber der Einfahrt. Durch ihr Fernglas sah sie, wie Pfeffer sich noch einmal umschaute und dann unter das im Carport stehende Auto kroch. Bevor sich Karin fragen konnte, was das solle, kam Pfeffer wieder unter
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