Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vollstreckung - Sturm, A: Vollstreckung

Vollstreckung - Sturm, A: Vollstreckung

Titel: Vollstreckung - Sturm, A: Vollstreckung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas M. Sturm
Vom Netzwerk:
schleckte statt Stracciatella-Pistazien-Eis – verlief sein Tag ebenso wie der letzte. Ich bin schon gespannt, in welchen Film er heute geht.« Mit diesen Worten reichte Karin Sandra das Protokoll.
    »Ich denke mal, heute passiert nichts mehr. Ich feiere jetzt Überstunden ab und gehe einkaufen. Bis morgen dann.« Karin packte ihre Sachen zusammen und verließ das Büro.
    Nach dem Einkauf trug Karin ihre schweren Einkaufstaschen in die vierte Etage. In ihrer Küche füllte sie den Kühlschrank und beseitigte die gähnende Leere, die sie die letzten Tage aus den Eisfächern angestarrt hatte. Es ging ein leichter Wind und die Sonne schien, also lud Karin ihre Waschmaschine und hängte die Kleidungsstücke anschließend auf den Trockenständer auf ihrem Balkon. Nach dem Abendbrot setzte sie sich gemütlich in einen Sessel und schob sich ihren zweiten Sessel heran, damit sie ihre Füße hochlegen konnte. Sie zögerte kurz, doch dann ließ sie ihren Roman liegen und griff nach den Kopien der Observierungs-protokolle.
    Gründlich las sie die Berichte Punkt für Punkt zum wiederholten Male durch. Die Protokolle waren kurz, da Pfeffers Leben in den vergangenen Tagen ereignislos verlaufen war. Karin legte die Seiten auf den Tisch, dann legte sie ihren Kopf zurück und schloss die Augen. Irgendetwas stimmte nicht an diesen Abläufen. Karin dachte angestrengt nach: Pfeffer vertrödelt die Tage, als würde er auf etwas warten. Aber worauf? Er hatte sich den Film ›Der seltsame Fall des Benjamin Button‹ angesehen. Karin hatte die Kritik zu diesem Film in der Zeitung gelesen. Dieser Film war definitiv kein Männerfilm. Eine feminine Seite hatte sie an Pfeffer nicht entdeckt. Warum geht er in so einen Film? Er schlägt die Zeit tot. Er wartet auf etwas, er wartet, dass der Tag vorüber ist und es Nacht wird. Karin schnellte aus dem Sessel und sah nach der Zeit. Kurz vor 21 Uhr. Sie hatte noch genügend Zeit. Karin ging an ihren Kleiderschrank und zog sich um. Sie verzichtete auf ihre gewohnte Kleidung und wählte bequeme und für sie eher untypische Stücke aus. Dann musste Karin ein wenig suchen, bis sie ihr Fernglas fand. In der Küche bereitete sie sich eine Thermosflasche mit Tee zu. Auf dem Balkonfliesenboden, der dem Straßenbelag sehr nahe kommt, testete sie als Abschluss ihrer Vorbereitungen die Schuhe. Sie wählte das Paar, welches das geringste Geräusch verursachte.
    Seit Karins Begegnung mit Angelika Hauser hatte ihr Leben eine Veränderung erfahren. Immer wenn sie sich jetzt nach Einbruch der Dunkelheit ihrer Garage näherte, erforschte sie mit ihren Augen gründlich die Hecken und alle Winkel, in denen ein Mensch lauern könnte. Karin hatte keine Paranoia entwickelt, sie war nur vorsichtiger geworden. Durch die Attacke von Frau Hauser war ihr klar geworden, dass sie bisher recht blauäugig in den Tag hinein lebte. Als sie gründlich über ihre Situation nachdachte, musste sie sich eingestehen, dass sie in ihrem Berufsleben eine Menge Feinde gesammelt hatte. Und fast alle zählten zu dem Teil der Gesellschaft, der sich nicht gerade durch Friedfertigkeit auszeichnet. Sie rekapitulierte das gesamte Wissen, welches sie in unzähligen Vorträgen und Lehrgängen zum Thema Verhaltensweisen für bedrohte Menschen erworben hatte. Es waren nur Kleinigkeiten, die sie beachten musste. Aber diese geringfügigen Änderungen ihres Verhaltens konnten den Unterschied zwischen Leben und Tod ausmachen.
    Die Straße vor dem Haus, in welchem Pfeffer wohnte, war so spät am Abend wie ausgestorben. Nachdem Karin ihren Fiesta in eine Parklücke eingefädelt hatte, schaute sie als Erstes, ob Jan noch im Einsatz war. Sie entdeckte sein Fahrzeug sofort. Inzwischen war es 21:50 Uhr. Karin wollte Jan nicht von ihrer Anwesenheit in Kenntnis setzen. Wenn sie zu seinem Auto ginge, könnte ein eventuell hinter der Gardine lauernder Pfeffer sie bemerken. Karin hielt es nicht für ausgeschlossen, dass Pfeffer seine Beschatter ausgemacht hatte. Zehn Minuten nach 22 Uhr verließ Jan seinen Posten. Karin machte es sich im Auto so bequem wie möglich und stellte das Fernglas auf den Beifahrersitz. Nach einer Stunde fragte sie sich das erste Mal, ob ihre Aktion sinnvoll sei. Nach weiteren dreißig Minuten öffnete sich die Tür des Hauses. Karin griff schnell nach dem Fernglas. Nach einem Blick wusste sie, der Mann, der gerade das Haus verließ, war mit Sicherheit nicht Pfeffer. Wieder verging die Zeit. Immer wenn Karin nach einer endlos langen

Weitere Kostenlose Bücher