Vom Alptraum verfolgt
bedauernd den Kopf. »Ich habe nur heute den Tag über gehofft, Sie
würden tödlich verunglücken. Vater ist im Augenblick im Labor und sehr
beschäftigt. Müssen Sie ihn unbedingt stören ?«
»Nein, ich möchte Doktor Altman
und Mr. Gerard sprechen«, sagte ich.
»Sie sind beide hier .« Sie öffnete die Tür ein bißchen weiter und trat zurück,
so daß ich in die Eingangsdiele treten konnte.
»Vielleicht können wir uns im
Arbeitszimmer Ihres Vaters unterhalten ?« schlug ich
vor.
»Ich denke schon«, sagte sie
gleichgültig. »Vielleicht können Sie zuerst mit Louis Gerard sprechen. Doktor Altman
ist im Augenblick bei meinem Vater, aber ich glaube, er wird in der nächsten
Viertelstunde dort fertig sein .«
»Ich bin immer zu
Gefälligkeiten bereit«, sagte ich und erstickte fast an meiner eigenen Großmut.
»Zuerst also Gerard. Und vielleicht bitten Sie Doktor Altman, er möge ins
Arbeitszimmer kommen, sobald er abkömmlich ist ?«
»Gut«, sagte sie und nickte.
»Wie kommen Sie bei Ihren Ermittlungen weiter? Haben Sie inzwischen wieder Ihr
Vergrößerungsglas bei einem Revuegirl ausprobieren können ?«
»Ich spare es mir für Sie auf,
Süße«, sagte ich sachlich. »Vielleicht kommen Sie jetzt mit mir ins
Arbeitszimmer, damit wir es hinter uns bringen, bevor ich mich mit den anderen
unterhalte. Es wird nicht mehr als zwei Stunden dauern .«
Ihr Gesicht wurde flammend rot,
und dann drehte sie sich auf dem Absatz um und marschierte mit vor Wut steifem
Rücken den Korridor entlang. Ich trat in Landaus Arbeitszimmer, setzte mich
hinter seinen Sehreibtisch, schob einiges von dem Kram beiseite, so daß ich
über die Schreibtischplatte hinwegsehen konnte, und zündete mir dann eine
Zigarette an.
Zwei Minuten später wurde
höflich an die Tür geklopft, und ein ernst aussehender Bursche um die Dreißig
herum trat ins Zimmer.
»Lieutenant Wheeler?« Seine
Stimme hatte einen angenehm tiefen Klang. »Ich bin Louis Gerard .«
Ich forderte ihn auf, sich zu
setzen, und er ließ sich auf einem der steiflehnigen Stühle nieder und sah mich höflich erwartungsvoll an. Sein sandfarbenes Haar
war im Begriff, sich in Richtung des Hinterkopfs zurückzuziehen, wodurch der
hohen Stirn ein paar Zentimeter hinzugefügt worden waren, was ihm ein
eindrucksvoll intellektuelles Aussehen verlieh, das durch die tiefliegenden,
grüblerischen grauen Augen noch verstärkt wurde.
»Seit wann sind Sie bei der
Forschungsstiftung, Mr. Gerard ?« erkundigte ich mich
einleitend.
»Etwas über zwei Jahre,
Lieutenant. Ich bin analytischer Chemiker, Lieutenant. Nach meiner Promotion
arbeitete ich zusammen mit einem Forschungsteam in Immunologie und...«
»Was, zum Henker, ist
Immunologie ?« sagte ich.
»Oh, Entschuldigung.« Er
grinste leicht. »Nun, im Grund, würde ich sagen, handelt es sich dabei um die
Untersuchungen der Ursachen, die einige Leute immun gegen gewisse Leiden machen
und andere nicht. Wie dem auch sei, unsere Forschungen dehnten sich unvermeidlicherweise auf das Gebiet der Psychiatrie und von
da auf das der Psychotherapie aus. Für mich als Chemiker bestand das Bindeglied
in der Anwendung von Drogen, die Halluzinationen hervorrufen, wie zum Beispiel
das LSD. Als ich von der Arbeit hörte, die Doktor Landau auf diesem Gebiet hier
leistet, wußte ich, daß dies genau das war, was ich suchte, und so setzte ich
mich mit ihm in Verbindung. Sechs Monate später hatte er einen Posten für einen
Chemiker frei, und ich bekam ihn .«
»Was für ein Typ Mann war
Doktor Marsh ?« fragte ich.
»Er war völlig von seiner
Arbeit absorbiert .«
Wieder dieser verdammte
Ausdruck, dachte ich mürrisch. Warum sollte jemand
einen Menschen umbringen, nur weil er von seiner Arbeit absorbiert wurde?
»Wie sind Sie persönlich mit
ihm ausgekommen ?«
»Ausgezeichnet«, sagte Gerard
leichthin. »Wie alle anderen auch. Er war ein netter Bursche, sehr schüchtern
und introvertiert, aber das machte ihn vielleicht nur noch liebenswerter. Alle
versuchten, freundlich zu ihm zu sein und damit die Barrieren niederzureißen,
die er durch seine eigene Schüchternheit um sich herum aufgebaut hatte .«
»Hatte das Erfolg ?«
Er lächelte etwas verkrampft.
»Nicht sehr. Aber jeder versuchte jedenfalls sein Bestes. Ich kann mir einfach
keinen Grund vorstellen, Lieutenant, weshalb ihn irgend
jemand — ob normal oder irre — umgebracht haben sollte .«
»Wann haben Sie ihn zum letztenmal gesehen ?«
»Gestern nach dem Abendessen,
als wir alle
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