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Vom anderen Ende der Welt: Roman (German Edition)

Vom anderen Ende der Welt: Roman (German Edition)

Titel: Vom anderen Ende der Welt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liv Winterberg
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Furie.
    Kapitän Taylor schlug mit der Hand auf den Tisch. »Mr.   Middleton, niemandem ist damit geholfen, wenn wir hier jetzt in einen Tumult ausbrechen«, beschied er streng und blickte in die Runde. »Und jetzt wäre ich dankbar, wenn man mir erklärte, was ein Tetraodon ist.«
    »Ein Kugelfisch«, antwortete Carl.
    Henry brüllte auf. »Ich habe es doch gesagt   …« Seine Stimme überschlug sich, und er schnappte nach Luft. »Ich habe Doc Havenport gefragt, ob das ein Kugelfisch ist. Mein Gehilfe Dan, derkann es bezeugen. Noch nie habe ich so einen Fisch gesehen, ich habe nur davon gehört. Aber ich habe ihn gefragt. Ich habe ihn gefragt.« Der Smutje schluchzte. »Ich habe sie nicht umgebracht, ich schwöre es bei Gott.«
    Peacock erhob sich und trat an den Smutje heran, der bebend vor dem Tisch stand. »Komm, Henry. Nimm meinen Stuhl. Setz dich«, sagte er sanft.
    Henry fiel auf den Stuhl, sein Kopf sank auf den schmalen Brustkorb. Er begann, hemmungslos zu weinen.
    Der Astronom griff in seine rechte Manteltasche, dann in die linke und zog ein Taschentuch hervor. Er reichte es Henry, der sich darin festkrallte.
    »Also, du hast beim Fang der Fische darauf verwiesen, dass einer davon ein Kugelfisch sein könnte, ja?« Carl formulierte seine Frage behutsam. Den Mann mehr aufzuregen als bisher erschien ihm grausam.
    Henry nickte erneut. »Es waren sogar zwei. Doc Havenport ging vorbei, und er sah, dass ich die Fische wieder ins Meer zurückwerfen wollte. Er befahl mir innezuhalten. Ich erklärte mich, und er musterte die Fische. Dann sagte er, ich müsse mir keine Gedanken machen. Nicht alle Kugelfische wären giftig. Und von dieser Art hätte er schon in Neu-Kaledonien gespeist. Ich habe ihm geglaubt.«
    »Ja, auch er hat daran geglaubt. An sich ist es ja auch recht unwahrscheinlich, in dieser Region giftige Kugelfische anzutreffen«, erwiderte Carl.
    Kapitän Taylor rang die Hände. »Meine Herren, die Lage ist ernst, denn man wird der Mannschaft nicht erklären können, dass ein tragisches Versehen den Tod zweier Männer verursacht hat. Angst und Aberglaube werden dazu führen, dass ein Sündenbock gesucht wird. Wenn die Männer dem Smutje das Essen verweigern, droht uns die Meuterei, darum möchte ich als Grund für das Ableben der beiden Männer eine Krankheit benennen. Es ist ausreichend,wenn der wahre Sachverhalt im Logbuch vermerkt und erst in England bekannt wird. Auf diesem Weg werden wir nur dem Aberglauben Rechnung tragen müssen, aber uns immerhin die Meuterei ersparen.«
    Alle schwiegen. Carl und Peacock nickten.
    »Gut, meine Herren. Dann erwarte ich von Sir Belham und Mr.  Middleton die Nennung einer Krankheit, und«, er machte eine Pause, bevor er weitersprach, »ich erwarte Ihr Schweigen.«
     
    Mehrfach hatte Carl Segelmacher-John bei der Arbeit beobachtet. Stets hielt er den Kopf in die Höhe, gab eine seiner Geschichten zum Besten, und die Hände auf der hölzernen Bank schienen ein Eigenleben zu führen. Doch sobald sich Segelmacher-John erhob, wandelte sich das Bild. Suchend ertasteten seine Hände sich den Weg. Carl vermutete, dass sich Johns Sehvermögen auf der Fahrt noch einmal verschlechtert hatte, dass er wahrscheinlich gerade noch Licht von Schatten zu unterscheiden wusste. Und so verließ Segelmacher-John seine Bank so selten wie möglich, offensichtlich in der Hoffnung, dass man seine Unsicherheit nicht zur Kenntnis nahm.
    Die Unsicherheit, von der jeder an Bord wusste.
    Carl konnte sich nicht erinnern, den Segelmacher auch nur ein einziges Mal in den Masten erlebt zu haben. Immer schickte er einen der Toppsgasten und gab ihnen Anweisungen, die sie widerspruchslos befolgten. Niemand sprach darüber, aber die Besatzung schien sich einig, den Mann in dem Glauben zu lassen, man würde ihm sein Gebrechen nicht anmerken.
    Mit einem weißen Leintuch über dem Arm betrat Segelmacher-John die Kajüte des Schiffsarztes. Er blieb in der Tür stehen und ließ seinen silbern-leeren Blick durch den winzigen Raum gleiten. Doch Carl wusste, dass er dabei mehr wahrgenommen hatte als viele Sehende.
    Franklins kalten Körper, der auf dem Behandlungstisch ruhte.
    Den Schiffsarzt, der zusammengerollt in seiner Koje lag.
    Den schmächtigen Zeichner, der in der Ecke auf einem Stuhl kauerte und sacht mit dem Oberkörper hin- und herschwankte.
    Und sicher hatte er auch Carls Hand bemerkt, die immer wieder eine von Franklins Locken glattstrich und spürte, wie sie sich aufrichtete, als wäre nichts

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