Vom anderen Ende der Welt: Roman (German Edition)
Kopf.
Carls Miene blieb ernst, selbst die Jauchzer der Kinder, die erklangen, als der Kapitän ihnen Glasperlen zuwarf, änderten nichts daran.
Nachdem die Fische verspeist und die Tierblasen geleert waren, erhoben sich drei der Männer. Der älteste von ihnen wurde in die Mitte genommen und von den beiden anderen gestützt. Sie verließen die Hütte und hielten auf das Schiff zu, die Kinder und Hunde tollten auf ihrem Weg um sie herum. Als die Männer mit den Füßen im Wasser standen, blickten sie den Kapitän auffordernd an, der umgehend das Beiboot heranwinkte.
An Bord bewegten sich die Eingeborenen ruhig und sicher, ließen sich führen und sich alles zeigen. Unter dem Hauptmast hielt der Älteste inne. Er schloss die Augen und sprach leise vor sich hin, bis seine Stimme ein weicher Singsang wurde, der an Kraft und Lautstärke gewann.
»Er vollzieht Rituale, die der Vertreibung böser Geister dienen.« Carl trat einen Schritt zurück, um dem Mann genügend Platz zu lassen. Der hob die Arme in die Höhe, drehte sich in alle Himmelsrichtungen, verneigte sich, ließ die Arme sinken und verharrte einen Atemzug. Als er die Augen wieder aufschlug, war seine Konzentration einer Neugier gewichen.
»Das wäre wunderbar, wenn er das könnte. Von bösen Geistern hatten wir in letzter Zeit genug. Sie haben zu viel Raum beansprucht«, antwortete Mary und fühlte Carls Blick auf ihrem Gesicht.
Feuerland, 7. Dezember 1785
Das Schlagen der Äxte, das Krachen fallender Bäume, das Gebrüll der See, das Kläffen der Hunde – ein nicht endender Geräuschereigen erfüllte die Luft. Carl legte die Botanisiertrommel um, lauschte noch einmal dem Lärm, bis er in ihm nachklang, und ergriff das Netz.
Mary trat neben ihn und wies auf zwei Männer in seiner Begleitung. »Diese beiden Herren werden uns begleiten. Da wäre Midshipman Randy Hall. Der Kapitän hat ihn für die Exkursion freigestellt.«
Carl erkannte den angehenden Offizier mit der schiefen Nase, der bei dem Unglück mit den Bierfässern resolut durchgegriffen hatte, und nickte ihm zu.
»Das ist«, fuhr Mary fort und wandte sich einem hochgewachsenen Dunkelhaarigen mit freundlichem Gesicht zu, »Bartholomäus Kellington. Ich denke, du kennst beide.«
»Mr. Hall, Mr. Kellington, ich freue mich, dass wir so tatkräftige Unterstützung erhalten und dass eine Freistellung einzurichten war. Ich würde vorschlagen, dass wir sofort aufbrechen, um jede Minute des Tageslichtes zu nutzen.« Für einen Moment glaubte Carl, seiner Gewohnheit folgend, noch auf Franklin warten, ihn zur Eile und zum Aufbruch treiben zu müssen. Unmerklich schüttelte er den Kopf. Sie waren vollständig. Er schritt aus.
Nach einem mühseligen Aufstieg erwartete sie ein berauschenderAusblick auf die Ebene. Vor ihnen lag ein Streifen Grasland, kniehoch die Halme, flaches Buschwerk mit vereinzelten Buchen, deren Stämme sich unter dem Druck des Windes bogen. Die Sonne, die im Zenit stand, brach durch die Wolkenwand.
Der Ausblick und der Abstieg in die Ebene beschwingten Carl und ließen ihn zügig ausschreiten. Doch schon bald darauf wurde der Weg beschwerlich: Die Schuhe sackten ein, und der Boden schmatzte auf, sobald er den Fuß hineinsenkte. Sumpfland. Dunkler, weicher Morast, der die Waden ermüdete und nach kurzer Wegstrecke vor Hitze brennen ließ.
Die Ebene schien sich zu weiten und mit einem Mal kein Ende mehr zu nehmen. Mehrfach hielt Carl inne und orientierte sich aufs Neue. Immer noch lag der Berghang zum Greifen nah, so als wären sie auf der Stelle gelaufen.
Bartholomäus und Randy waren zurückgefallen, mit gesenkten Köpfen staksten sie inzwischen erschöpft hinterher
. Sie haben die Kraft von Bullen, aber keine Ausdauer,
dachte Carl. Er seufzte.
Auch Mary lief mit gebeugtem Rücken, derweil sie mit dem Blick ihre nähere Umgebung absuchte. Kurz warf sie das Netz aus, und ein Käfer verschwand in einem der Sammelgläser. Die Tasche mit dem Zeichengerät hing über die schmale Schulter und schlug mit jedem Schritt an ihren Schenkel, doch es schien ihr nichts anzuhaben.
Sie hat einen eisernen Willen, das muss man ihr lassen. Sie läuft, schleppt, klagt nicht und arbeitet ohne Verdruss. Wie sie wohl im Kleid mit langem, hochgestecktem Haar aussieht?
Überrascht von diesem Gedanken wischte er sich den Schweiß von der Stirn.
Wie oft willst du dich das noch fragen? Reiß dich zusammen, es ist kaum der richtige Zeitpunkt für solche Vorstellungen,
ermahnte er sich und
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